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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 4, April 2021, Band 35

Zur Rechtsmittellegitimation einzelner Mitglieder des Stiftungsvorstandes

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Der erkennende Fachsenat hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 261/09i klargestellt, dass im Verfahren zur Genehmigung und Eintragung einer Änderung der Stiftungserklärung nach § 33 Abs 2 PSG – anders als im Verfahren zur Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern und auf Auflösung der Privatstiftung bzw Aufhebung eines Auflösungsbeschlusses des Vorstands durch das Gericht nach § 35 Abs 3 und 4 PSG – Antrags- und Rechtsmittellegitimation nur dem Vorstand als Gesamtorgan und nicht auch einzelnen Vorstandsmitgliedern persönlich zukommt. Im Verfahren auf Abberufung von Vorstandsmitgliedern kommt zwar nicht nur dem Stiftungsvorstand als Gesamtorgan, sondern auch einzelnen Organmitgliedern Parteistellung zu. Das betrifft aber ausschließlich das Bestellungs- bzw Abberufungsverfahren nach § 27 PSG und lässt sich nicht ohne weiteres auf das firmenbuchrechtliche Eintragungsverfahren wie etwa zur Änderung der Stiftungserklärung übertragen. Vor allem besteht dort kein spezifisches Kontrolldefizit, weil die Eintragung einer Satzungsänderung oder eines vertretungsbefugten Organs auch im Gesellschaftsrecht von einzelnen Mitgliedern des Vorstands bzw einzelnen Geschäftsführern in der Regel nicht angefochten werden kann. Die erforderliche Rechtmäßigkeitskontrolle ist durch die amtswegige Prüfungsbefugnis des Firmenbuchgerichts gewährleistet, der daher gerade bei diesen – in der Regel einseitigen – Verfahren besondere Bedeutung zukommt.

Dies gilt auch in einem Fall, in dem sich ein Teil des Stiftungsvorstands (wie hier offensichtlich die einschreitenden Mitglieder) mit ihrer Auffassung im Gesamtvorstand nicht durchzusetzen vermochten und deshalb ein vom Gesamtvorstand zu erhebendes Rechtsmittel nicht zustande kam. Es entspricht eben dem Wesen eines Kollegialorgans, dass sich die Position einzelner Organmitglieder mitunter nicht durchsetzt; ein hinreichendes Argument zur Bejahung der Rechtsmittellegitimation einzelner Organmitglieder ist darin nicht zu sehen, zumal insoweit kein Unterschied zum Kapitalgesellschaftsrecht besteht und somit auch das bei der Privatstiftung sonst bestehende Kontrolldefizit als Argument nicht überzeugt.

Wird – wie hier – zwar die Funktionsperiode berufener Vorstandsmitglieder mittels Änderung der Stiftungserklärung verkürzt, deren (restliche) Mindestfunktionsdauer jedoch nach dieser Änderung gewahrt bleibt, liegt auch in der vorgenommenen Änderung der Stiftungserklärung (Verkürzung der Funktionsperiode der einschreitenden Mitglieder) weder ein Verfahren zur Abberufung nach § 27 PSG noch eine aufschiebend bedingte Abberufung vor.

Nach der Rechtsprechung des OGH bestehen zwar gegen eine Bestellung des Vorstands durch den Stifter, auch wenn dieser selbst Begünstigter ist, keine Bedenken. Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Mindestfunktionsdauer. Denn eine Festlegung der Funktionsdauer ohne jedwede Untergrenze, würde im Ergebnis eine freie Abberufbarkeit bedeuten, weshalb zur Wahrung der Unabhängigkeit des Vorstands dieser grundsätzlich für zumindest drei Jahre zu bestellen sei, uzw unabhängig davon, ob ein Begünstigter oder ein mit Begünstigten besetzter Beirat oder eine sonstige Stelle den Vorstand bestellt. Erfolge die Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands auf unbestimmte Zeit, sei eine Mindestbestelldauer allerdings nicht erforderlich, weil die Abberufung auf wichtige Gründe beschränkt sei. Eine Änderung der Stiftungserklärung darf im praktischen Ergebnis nicht auf eine Abberufung des Vorstands hinauslaufen, sei diese doch nur durch ein stiftungsinternes Organ nach Maßgabe des § 14 Abs 2 und 3 PSG oder durch das Gericht nach Maßgabe des § 27 Abs 3 PSG möglich. Für bereits bestellte Mitglieder des Stiftungsvorstands kann zwar durch Änderung der Stiftungsurkunde nachträglich eine Höchstgrenze bestimmt werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass eine verbleibende angemessene Mindestfunktionszeit gewährleistet ist.

Zwischen einer ursprünglich befristeten (wie hier) und einer ursprünglich unbefristeten ist nicht zu differenzieren. Es überzeugt nicht, dass ein von vornherein auf bestimmte Zeit bestellter Vorstand unabhängiger agiere als ein auf unbestimmte Zeit bestellter Vorstand, weil auch letzterer nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann. Hinzu kommt, dass der bestellungsbefugten Stelle grundsätzlich Ermessen zukommt, ob sie die Mitglieder des Stiftungsvorstands auf bestimmte Dauer oder unbefristet bestellt.

  • § 27 PSG
  • OGH, 25.11.2020, 6 Ob 228/20b
  • § 33 PSG
  • § 35 PSG
  • WBl-Slg 2021/62
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • OLG Graz, 07.10.2020, 4R 67/20k-8
  • § 14 PSG

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