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Zeitschrift für Vergaberecht

Heft 5, Oktober 2021, Band 21

Funk-​Leisch, Isabel

Zur Zulässigkeit von Feststellungsanträgen betreffend die Direktvergabe von Schienenpersonenverkehrsdienstleistungen

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§ 36 Abs 1 WVRG 2014 regelt lediglich die Fristen für Anträge gemäß § 33 Abs 1 Z 1 und 5 WVRG 2014. Der für Anträge nach § 33 Abs 1 Z 2 WVRG 2014 (ebenso wie für Anträge nach § 33 Abs 1 Z 3 WVRG 2014) maßgebliche § 36 Abs 2 erster Satz WVRG 2014 (die Sonderregelungen des zweiten Satzes sind fallbezogen nicht einschlägig) sieht nur eine objektive Frist von sechs Monaten ab Zuschlagserteilung vor, nicht hingegen eine subjektive Frist ab der (Möglichkeit der) Kenntnis vom Zuschlag. Eine solche objektive Frist hat im Hinblick auf das Urteil des EuGH in der Rs MedEval, bzw die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem im Anschluss daran ergangenen Erkenntnis vom 16. März 2016, 2015/04/0004, unangewendet zu bleiben. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis 2015/04/0004 zwar festgehalten, dass die Verdrängungswirkung des Unionsrechts bloß jenes Ausmaß annimmt, das hinreicht, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die objektive Frist des § 36 Abs 2 WVRG 2014 aus unionsrechtlichen Gründen gleichsam in eine subjektive Frist umzuinterpretieren ist, weil dies über eine Verdrängung von unionsrechtswidrigem nationalen Recht hinausginge.

Nach § 36 Abs 1 erster Halbsatz WVRG 2014 waren Anträge gemäß ua § 33 Abs 1 Z 1 WVRG 2014 binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem die Antragstellerin oder der Antragsteller vom Zuschlag Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können. Der Verwaltungsgerichtshof hat – im Zusammenhang mit vergleichbaren Regelungen betreffend vergaberechtliche Anfechtungsfristen – zwar festgehalten, dass eine öffentliche Bekanntmachung eines Zuschlags die Möglichkeit der Kenntniserlangung verschafft, aber eine öffentliche Bekanntmachung für die Kenntnis nicht als geboten erachtet und etwa auch eine Kenntniserlangung im Wege von Telefonaten anerkannt. Des Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass die Prüfung, ob ein Antragsteller von einem Umstand Kenntnis hätte erlangen können, eine fallbezogene Beurteilung darstellt.

Ausgehend davon ist es im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass das VwG Wien gestützt auf die von ihm zugrunde gelegte (im Jahr 2015 erfolgte) Angabe der Auftraggeberin, die Vertragsanpassung vor dem (tatsächlich durchgeführten) Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2015 vorzunehmen und damit die hier gegenständlichen Schienenpersonenverkehrsdienstleistungen vor diesem Zeitpunkt zu vergeben, angenommen hat, dass die Revisionswerberin spätestens ab dem 12. Dezember 2015 Kenntnis vom Zuschlag hätte haben können. Dabei konnten auch die Besonderheiten des vorliegenden Falles, nämlich die Notwendigkeit der Vertragsanpassung vor einem bekannt gegebenen und nicht frei wählbaren Zeitpunkt (demjenigen des Fahrplanwechsels) Berücksichtigung finden.

  • Funk-Leisch, Isabel
  • § 25 BVergG
  • § 35 WVRG
  • § 41 BVergG
  • § 141 BVergG
  • § 39 WVRG
  • Direktvergabe
  • öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße
  • PSO-VO
  • § 36 WVRG
  • § 33 WVRG
  • Vergaberecht
  • VwGH, 05.03.2021, Ra 2018/04/0141Ra 2018/04/0142Ra 2018/04/0143, „Neuvergabe von Schienenpersonenverkehrsdienstleistungen (VDV)“
  • RPA 2021, 268
  • Feststellungsverfahren
  • § 37 WVRG

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