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Journal für Strafrecht

Heft 5, September 2018, Band 5

Zur Zuständigkeit der WKStA in Fällen des Zusammenhangs

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1./ Gemäß § 26 Abs 1 StPO ist das Ermittlungsverfahren von derselben Staatsanwaltschaft gemeinsam zu führen, wenn ein Beschuldigter der Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verdächtigt wird (subjektive Konnexität) oder wenn mehrere Personen an derselben strafbaren Handlung (iSd § 12 StGB) beteiligt sind (objektive Konnexität) oder der Begehung von strafbaren Handlungen verdächtig sind, die sonst in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen (vgl dazu Nordmeyer, WK-StPO § 26 Rz 4 mwN). In Fällen subjektiv-objektiver Konnexität begründet die Beteiligung mehrerer (§ 12 StGB) an einer strafbaren Handlung die Zuständigkeit der das Ermittlungsverfahren wegen dieser Tat führenden Staatsanwaltschaft für alle übrigen einem oder mehreren Beteiligten weiters zur Last liegenden Taten (Nordmeyer, WK-StPO § 26 Rz 3).

2./ Für die WKStA gelten diese Grundsätze ohne Einschränkung (jedenfalls) für alle in § 20a Abs 1 StPO genannten, in ihre Eigenzuständigkeit fallenden Straftaten (sog „Katalogstraftaten“). Die genannte Staatsanwaltschaft ist daher stets zur Führung des Verfahrens gegen alle an der Begehung einer in § 20a Abs 1 StPO genannten Tat Beteiligten (iSd § 12 StGB), sohin in allen Fällen objektiver Konnexität, weiters wegen allen in einem engen sachlichen Zusammenhang stehenden „Katalogstraftaten“ sowie im Falle der Begehung mehrerer solcher Straftaten durch einen (der) Beschuldigten und allfällig daran Beteiligten (subjektiv[-objektiv]e Konnexität) zuständig (vgl auch Gw 101/14g; Schroll, WK-StPO § 20a Rz 12; Ulrich in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 20a Rz 40). Gleiches gilt, wenn die WKStA von ihrer in § 20b StPO normierten Befugnis Gebrauch macht.

3./ Hinsichtlich nicht in § 20a Abs 1 StPO genannter Straftaten ist (außer den Fällen eines Vorgehens nach § 20b StPO) im Verhältnis zur WKStA zunächst zu beachten, dass ein Zusammenhang (iSd § 26 Abs 1 StPO) dann nicht anzunehmen ist, wenn das Verfahren wegen der „Katalogstraftat“ im Hinblick auf die Dauer und den Umfang der Ermittlungen oder ihr Gewicht bloß von untergeordneter Bedeutung ist (§ 26 Abs 3 StPO; in diesem Sinne Nordmeyer, WK-StPO § 26 Rz 17 f [mwN]; Ulrich in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 20a Rz 43 [mit einem allerdings missverständlichen Beispiel] und 47; aA Schroll, WK-StPO § 20a Rz 12).

Durch diese Ausnahme von der sonst gemäß § 26 Abs 1 StPO anzunehmenden Konnexität wird sichergestellt, dass die in ihrem Aufgabenbereich auf die Verfolgung von (in aller Regel umfangreichen und komplexen) Straftaten nach § 20a Abs 1 StPO konzentrierte WKStA davor geschützt wird, nicht in ihre sachliche (Eigen-)Zuständigkeit fallende umfangreiche und komplexe oder (bei Straftaten iSd § 31 Abs 2 Z 1 StPO etwa zufolge häufig vorkommender Untersuchungshaft) intensiven Ressourceneinsatz fordernde Sachverhalte aufklären zu müssen und solcherart ihre Kapazitäten nicht vorrangig zur effizienten und kompetenten Verfolgung im Bereich der „großen Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen“ bündeln zu können (vgl ErläutRV [zum sKp 2010] 918 BlgNR 24. GP 9; Ulrich in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 20a Rz 10 ff).

Wird beispielsweise zur Deckung von groß angelegten, von einer Vielzahl von Beteiligten begangenen Straftaten etwa nach dem SMG, dem FPG oder den §§ 127 ff StGB bzw zur Verschleierung einer Straftat nach § 75 StGB (zu den im Wege des § 28a StPO überprüfbaren Kriterien einer „untergeordneten Bedeutung“ wegen „Dauer und Umfang der Ermittlungen“ bzw dem „Gewicht der Straftat“ Nordmeyer, WK-StPO § 26 Rz 19) durch einen der dieser Taten Beschuldigten oder einen Dritten eine in § 20a Abs 1 Z 5 StPO genannte strafbare Handlung begangen, ist die WKStA nach dieser Bestimmung zwar zur Führung des Verfahrens wegen der dort genannten Tat, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs 3 StPO jedoch nicht auch zur Verfahrensführung hinsichtlich der übrigen (nicht in § 20a Abs 1 StPO genannten) Taten zuständig.

4./ Steht eine nicht in § 20a Abs 1 StPO genannte Tat mit einer dort angeführten (von demselben oder einem anderen Beschuldigten begangenen) „Katalogstraftat“ in einem engen sachlichen Zusammenhang, ist das Verfahren von der WKStA gemäß dem gegenüber § 26 Abs 2 StPO speziellen (Nordmeyer, WK-StPO § 26 Rz 6/3) § 20a Abs 4 erster Satz iVm § 26 Abs 1 StPO gemeinsam zu führen. Da der insoweit eindeutige Wortlaut des § 20a Abs 4 erster Satz StPO auf einen Konnex mit in Abs 1 leg cit erwähnten Straftaten (nicht aber auf den einer solchen Straftat Beschuldigten) abstellt, ist eine gemeinsame Führung des Verfahrens durch die WKStA (insoweit entgegen Nordmeyer, WK-StPO § 26 Rz 6/2) bei Vorliegen subjektiv(-objektiv)er Konnexität ohne einen solchen Zusammenhang nicht geboten. Der in § 20a Abs 4 erster Satz StPO enthaltene Verweis (auch) auf die §§ 25a und 27 StPO stellt dabei sicher, dass ausschließlich die im Konnex zur „Katalogstraftat“ stehenden Tatvorwürfe durch die WKStA zu behandeln sind (vgl auch Ulrich in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 20a Rz 42 [zur insoweit allenfalls bestehenden Pflicht der Verfahrenstrennung durch die übrigen Staatsawaltschaften vor Befassung der WKStA]).

5./ In Fällen subjektiv(-objektiv)er Konnexität (von nicht [auch] in engem sachlichen Zusammenhang mit „Katalogstraftaten“ stehenden Taten) ist von der WKStA demgegenüber nach § 20a Abs 4 zweiter Satz (erster Halbsatz) StPO mit Verfahrenstrennung und Abtretung an die danach zuständige Staatsanwaltschaft vorzugehen, soweit die WKStA nicht von ihrer Befugnis nach § 20b StPO Gebrauch macht. In diesem Sinne ist etwa das Verfahren wegen eines von einem einer Straftat nach § 20a Abs 1 StPO Beschuldigten verursachten Verkehrsunfalls (§§ 80 oder 88 StGB) von dem wegen der „Katalogstraftat“ von der WKStA zu führenden Verfahren zu trennen und von der (idR tatort-)zuständigen Staatsanwaltschaft zu führen (vgl dazu Ulrich in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 20a Rz 43).

6./ Soweit in Fällen des engen sachlichen Zusammenhangs mit einer „Katalogstraftat“ (siehe oben 4./) das Verfahren wegen dieser beendet ist, steht der WKStA gemäß § 20a Abs 4 zweiter Satz (letzter Halbsatz) StPO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens – sohin insbesondere in Fällen, in denen die Verfolgung der nicht in § 20a Abs 1 StPO genannten Tat nicht (auch) bereits enderledigungsreif ist – die (zu 5./ dargestellte) Befugnis zu, mit Verfahrenstrennung und Abtretung an die danach zuständige Staatsanwaltschaft vorzugehen.

  • Rechtssatz der Generalprokuratur, 01.08.2018, Gw 246/18m
  • § 20a StPO
  • Strafrecht- und Strafprozessrecht
  • § 26 StPO
  • JST-Slg 2018/8

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