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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 6, Juni 2021, Band 35

Koppensteiner, Hans-​Georg

Zur Zustimmung des Aufsichtsrats der Konzernmutter

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§ 95 Abs 5 AktG regelt den Zustimmungsvorbehalt zwar grundsätzlich nur für die jeweilige Einzelgesellschaft, für Konzernobergesellschaften kann aber eine Ergänzung durch konzernrelevante Geschäfte vorgenommen werden, sodass ein Geschäft einer Tochtergesellschaft dann durch den Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft zu kontrollieren sein kann, wenn sich dieses auch auf die Obergesellschaft auswirkt. In diese Richtung weist auch Regel des Österreichischen Corporate Governance-Kodex (ÖCGK), die vorsieht, dass der Aufsichtsrat unter Wahrung des Aktiengesetzes den Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte zu konkretisieren und nach der Größe des Unternehmens passende Betragsgrenzen festzulegen hat; „dies gilt auch für wesentliche konzernrelevante Geschäfte von Tochtergesellschaften.“

Grundsätzlich gilt der Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte somit zwar nur für die Gesellschaft, der der Aufsichtsrat angehört. Die auf Ebene der Muttergesellschaft angesiedelten Zustimmungsvorbehalte haben als solche keine unmittelbaren Rechtsfolgen für die Organe der Tochtergesellschaften; weder die Satzung der Muttergesellschaft noch die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats oder ein Einzelbeschluss des Aufsichtsrats der Muttergesellschaft können den Vorstand oder den Aufsichtsrat der Tochter binden.

Allerdings ist im Konzern grundsätzlich von einer konzernweiten Wirkung von Zustimmungsklauseln auszugehen: Hat eine Transaktion in einer Tochter- oder Enkelgesellschaft eine bedeutende Auswirkung auf den Konzern und somit die Muttergesellschaft (Konzernobergesellschaft), so ist ein Zustimmungsvorbehalt auch zugunsten des Aufsichtsrats der Muttergesellschaft vorzusehen. Den Aufsichtsrat kann somit die Verpflichtung treffen, den Zustimmungsvorbehalt auf außerordentliche Geschäftsführungsmaßnahmen von Beteiligungsgesellschaften zu erstrecken, und zwar dann, wenn diese wesentliche Auswirkungen auf den Gesamtkonzern, insbesondere auf die Muttergesellschaft, haben. Maßgebend dafür ist der Gedanke, dass sich das wirtschaftliche Risiko in derartigen Fällen üblicherweise bei der Muttergesellschaft realisiert, auch wenn die Maßnahme durch eine Beteiligungsgesellschaft vollzogen wird.

Die Zuständigkeit des Aufsichtsrats der Muttergesellschaft gilt somit weder nur für die Muttergesellschaft selbst, noch darf der Katalog für Maßnahmen und Geschäfte der Muttergesellschaftvollkommen gleich und schematisch auf Maßnahmen und Geschäfte von Tochtergesellschaften umgelegt werden. Ob die Erstreckung eines für die Muttergesellschaft geltenden Zustimmungsvorbehalts, der nicht ausdrücklich auf Maßnahmen in Konzerngesellschaften Bezug nimmt, auf Konzernsachverhalte durch Auslegung geboten ist, ist nachdem Zweck der Bestimmung sowie der Bedeutung der Maßnahme, das heißt ob die Maßnahme in der Tochter- oder Enkelgesellschaft unmittelbare wirtschaftliche (finanzielle/strategische) oder sonstige relevante Auswirkungen auf die Muttergesellschaft und den Konzern hat, zu beurteilen.

Liegt ein konzernrelevantes, zustimmungspflichtiges Geschäft auf Ebene eines Konzerngliedes vor, ist dieses somit (auch) vom Aufsichtsrat der Konzernobergesellschaft zu genehmigen. Die Zustimmungskompetenz ersetzt aber nicht einen Zustimmungsvorbehalt auf Ebene der Gesellschaft, die dieses Geschäft oder die konzernrelevante Maßnahme direkt vornimmt, sondern sie tritt zu dieser hinzu.

Konzernrelevanz ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich Maßnahmen einer Tochtergesellschaft auch auf die Vermögens- und Ertragslage der Muttergesellschaft nicht bloß unbedeutend auswirken. Der Aufsichtsrat muss das Geschehen im gesamten Konzern bis auf die Ebene der Beteiligungsgesellschaften so weit im Auge behalten, als das Geschehen dort für die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage der Konzernobergesellschaft von Bedeutung ist. Maßgebliche Kriterien sind die Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft sowie deren finanzielles Gleichgewicht.

  • Koppensteiner, Hans-Georg
  • OGH, 25.11.2020, 6 Ob 209/20h
  • § 84 AktG
  • HG Wien, 30.10.2019, Cg 51/19g-9
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • WBl-Slg 2021/97
  • § 95 AktG
  • OLG Wien, 25.06.2020, 2R 177/19t-13

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