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Heft 3, September 2016, Band 4

Schweighofer/​Schweighofer, Christian

Hre 186: Mindestlohntarif Private Bildungseinrichtungen: Sprechstunden, Elternsprechtage und Konferenzen fallen nicht unter die Vor- und Nacharbeiten. Supplierstunden, Lehrausgänge, Tage der offenen Tür und Pausenaufsichten sin...

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Mindestlohntarife sind als Verordnungen nach den §§ 6 und 7 ABGB auszulegen (s auch 9 Ob A27/09z; RIS-Justiz RS0008777). Einem Mindestlohntarif darf daher in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Normgebers hervorleuchtet. Die Normadressaten, denen nur der Text der Norm zur Verfügung steht, müssen (und können) sich darauf verlassen, dass die Absicht des Normgebers im kundgemachten Text ihren Niederschlag gefunden hat.

Nur wenn der Wortsinn der Bestimmung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, so ist mittels objektiv teleologischer Interpretation nach dem Sinn und Zweck zu fragen, den die Regelung – mit Rücksicht auf den Systemzusammenhang – vernünftigerweise haben kann.

Der Text des hier anzuwendenden Mindestlohntarifs für in privaten Bildungseinrichtungen beschäftigte Arbeitnehmer/innen, wonach das Mindestbruttogehalt „pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten einschließlich Vor- und Nacharbeiten“ festgesetzt wird, bringt zum Ausdruck, dass die Vor- und Nacharbeiten, die vom Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit abgegolten sein sollen, einen unmittelbaren Bezug zur konkreten Unterrichtseinheit aufweisen müssen.

Hätte der Normgeber einen umfassenderen Begriff der Vor- und Nacharbeiten vor Augen gehabt, die vom Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit abgegolten sein sollen, so wäre zumindest eine entsprechende Konkretisierung dieser Leistungen zu erwarten gewesen.

Das festgesetzte Gehalt „pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten einschließlich Vor- und Nacharbeiten“ würde seinen Zweck als Mindestgehalt verfehlen, wenn damit eine Vielzahl von zusätzlich vom/von der Arbeitnehmer/in zu verrichtenden und im Übrigen nicht einmal exakt im Vorhinein überschaubaren Tätigkeiten abgegolten würde.

Sprechstunden, Elternsprechtage und Konferenzen beziehen sich jedenfalls nicht auf die konkrete Unterrichtseinheit. Die von der Klägerin für die Abhaltung von Sprechstunden sowie die Teilnahme an Elternsprechtagen und Konferenzen erbrachten Arbeitsleistungen sind somit zusätzlich zum Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten zu vergüten.

Hinsichtlich der Höhe der Entlohnung dieser gesondert zu entlohnenden Stunden ist von jenem im Mindestlohntarif für die Unterrichtseinheiten festgesetzten Betrag auszugehen, da der Mindestlohntarif nur diesen Satz vorsieht.

Für Dienste mit geringerer Arbeitsintensität kann grundsätzlich ein geringeres Entgelt als für volle Arbeit vereinbart werden.

  • Schweighofer
  • Schweighofer, Christian
  • NHZ 2016, 114
  • § 2 Abs 3 Verordnung des Bundeseinigungsamtes beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, mit der der Mindestlohntarif für in privaten Bildungseinrichtungen beschäftigte Arbeitnehmer/innen festgesetzt wird (BGBl II 215/367)
  • OGH, 25.02.2016, 9 Ob A 143/15t

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