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Zeitschrift für öffentliches Recht

Heft 4, Dezember 2023, Band 78

Techet, Péter

„Entpolitisierung“ der Verfassungsgerichtsbarkeit als erster Schritt zum Autoritarismus“Depoliticization” of Constitutional Jurisdiction as the First Step towards Authoritarianism

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In vielen Ländern steht die „judicial review“ auch gegenwärtig unter politischen Attacken. Der Vorwurf ist immer derselbe: Die Verfassungsrichter würden in die Politik übergreifen, politische Fragen entscheiden, wozu sie als Richter nicht ermächtigt wären. Unter dem Motto von „Entpolitisierung“ wird also angestrebt, die kontrollierende Funktion der Verfassungsgerichtsbarkeit zu beseitigen. Eine „entpolitisierte“ Verfassungsgerichtsbarkeit kann nämlich ihrer Funktion, die Legislative und die Exekutive zu kontrollieren, nicht gerecht werden.

Im folgenden Aufsatz wird die These aufgestellt, dass die Kritik an der „aktivistischen“ Judikatur das Wesen der richterlichen Arbeit missversteht und eigentlich die Ausschaltung der Kontrolle von Legislative und/oder Exekutive vorbereitet. Als historisches Beispiel wird das Ende der österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit in der Ersten Republik dargestellt: Vor 90 Jahren wurde der Verfassungsgerichtshof mit einer verfassungswidrigen Rechtspraxis ausgeschaltet. Im Aufsatz wird dieses Ereignis als Endpunkt einer längeren Geschichte von Attacken kontextualisiert: Bereits in den 1920er-Jahren wurde der Verfassungsgerichtshof des „Aktivismus“ bezichtigt und mit der Verfassungsnovelle von 1929 „entpolitisiert“. Die Argumente waren daher schon früher aufgeführt, die dann 1933 zur Ausschaltung führten. Im Aufsatz wird der Zusammenhang zwischen den früheren Kritiken und der Ausschaltung dargestellt (Rechtsgeschichte), zugleich wird aufgezeigt, dass die Forderung nach „Entpolitisierung“ der Verfassungsgerichtsbarkeit die interne Funktionslogik der richterlichen Arbeit missversteht, insofern nur politischen Zielen dient (Rechtstheorie).

Auch wenn die autoritäre Wende in Österreich 1933/1934 nicht verhindert werden konnte, stellt sich die Frage, ob die Verfassungsrichter – mit einem „aktivistischen“, von der „Reinen Rechtslehre“ begründeten Verständnis der „Rechtsanwendung“ – in der Lage gewesen wären, die Verordnung der Bundesregierung, mit welcher der VfGH beschlussunfähig gemacht wurde, aufzuheben.

  • Techet, Péter
  • Erste Republik
  • Autoritarismus
  • Öffentliches Recht
  • Kundmachung
  • ZOER 2023, 685
  • Österreich
  • Hans Kelsen
  • Alternativermächtigung
  • judicial activism
  • Verfassungsgerichtsbarkeit
  • „Reine Rechtslehre“
  • Fehlerkalkül
  • Exekution
  • Entpolitisierung der Justiz
  • Ausschaltung des VfGH
  • Verfassungsgerichtshof (VfGH)

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