GrESt bei Anwachsung gemäß § 142 UGB
- Originalsprache: Deutsch
- GESBand 22
- Angrenzendes Steuerrecht, 2522 Wörter
- Seiten 248 -251
- https://doi.org/10.33196/ges202305024801
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Gemäß § 105 zweiter Satz UGB ist die offene Gesellschaft rechtsfähig. Aufgrund der umfassenden Rechtsfähigkeit (vgl. dazu OGH 15.9.2021, 7 Ob 101/21k; 19.3.2013, 4 Ob 232/12i) ist die Gesellschaft auch Zurechnungssubjekt des Gesellschaftsvermögens, das somit ausschließlich ihr und nicht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht.
Gemäß § 142 Abs. 1 UGB erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation, wenn nur noch ein Gesellschafter verbleibt. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über. Die Anwachsung nach § 142 UGB umfasst grundsätzlich das gesamte Vermögen und daher auch das Liegenschaftseigentum der Personengesellschaft. Aufgrund der gesetzlich vorgesehenen Gesamtrechtsnachfolge bedarf es dabei keiner weiteren (besonderer) Übertragungsakte (vgl. OGH 24.3.2015, 5 Ob 62/15a). Nach der Rechtsprechung des OGH bewirkt die gesetzlich angeordnete Gesamtrechtsnachfolge auch den Übergang (bzw. die Fortwirkung) der Gestaltungsrechte der §§ 1068 ff ABGB auf den übernehmenden (ehemaligen) Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft (vgl. OGH 18.6.2020, 5 Ob 74/20y, zu einem Vorkaufsrecht gemäß § 1072 ABGB; siehe zum Ganzen auch OGH 23.6.2022, 5 Ob 215/21k, mwN).
Da gemäß § 142 Abs. 1 UGB der Übergang des Vermögens ex lege stattfindet, wird damit – sofern zum Gesellschaftsvermögen Grundstücke gemäß § 2 GrEStG 1987 gehören – weiterhin (vgl. VwGH 30.5.1994, 89/16/0019, mwN, zur ständigen Rechtsprechung zu § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1955, sowie 19.1.1994, 93/16/0139, zu § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987, jeweils in Fällen der Anwachsung gemäß § 142 HGB) ein Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 verwirklicht. Der Erwerb der im Vermögen der Gesellschaft vorhandenen Grundstücke – im Wege der durch § 142 Abs. 1 UGB angeordneten Gesamtrechtsnachfolge – erfolgt dabei allerdings nicht vom zuletzt ausgeschiedenen Gesellschafter. Die Zugehörigkeit der betroffenen Gesellschafter (des zuletzt ausgeschiedenen und des übernehmenden) zum in § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 angeführten Personenkreis ist daher für die Besteuerung ohne Relevanz. Nicht anderes kann im Übrigen für die mit dem StRefG 2015/16, BGBl. I Nr. 118/2015, eingeführte Bezugnahme auf den in § 26a Abs. 1 Z 1 GGG 1984 angeführten Personenkreis (§ 7 Abs. 1 Z 1 lit. c GrEStG 1987) gelten.
Der Erwerbstatbestand gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 wird nicht mit der Schenkung des Gesellschaftsanteils, sondern mit dem Übergang des Vermögens gemäß § 142 Abs. 1 UGB auf den „letzten Gesellschafter“ verwirklicht. Dabei erwirbt der verbleibende Gesellschafter ex lege das gesamte Gesellschaftsvermögen und – mangels einer dem § 6 Abs. 2 GrEStG 1955 entsprechenden Bestimmung – nicht nur im Ausmaß der Beteiligungsquote des vorletzten Gesellschafters.
- Bergmann, Sebastian
- § 142 UGB
- § 1 GrEStG
- Gesellschaftsrecht
- Anwachsung
- VwGH, 04.05.2023, Ro 2020/16/0013
- Grunderwerbsteuer
- GES 2023, 248