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Journal für Strafrecht

Heft 2, März 2021, Band 8

Sofern keine dringlichen Anordnungen zu treffen sind, hat die unzuständige StA das Ermittlungsverfahren (sofort) der zuständigen StA abzutreten

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Die örtliche Zuständigkeit bildet einen Teilaspekt des verfassungsrechtlich verankerten Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG), dessen Anwendungsbereich keineswegs auf die ordentliche Gerichtsbarkeit beschränkt ist, sondern den Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründeten Behördenzuständigkeit und damit auch – auf Behördenebene bezogen – die Staatsanwaltschaften umfasst (Nordmeyer, WK-StPO Vor §§ 25-28a Rz 1; Leitner in Schmölzer/sMühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 2).

Im Sinne der aus Art 83 Abs 2 B-VG folgenden Verpflichtung, Zuständigkeiten gesetzlich präzise festzulegen (Nordmeyer, WK-StPO Vor §§ 25-28a Rz 1, § 25 Rz 8), ist (soweit im Anlassfall relevant) gemäß § 25 Abs 1 erster Satz StPO die Staatsanwaltschaft für das Ermittlungsverfahren örtlich zuständig, in deren Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Liegt dieser Ort im Ausland oder kann er nicht festgestellt werden, so ist der Ort maßgebend, an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten hätte sollen (§ 25 Abs 1 letzter Satz StPO).

Solcherart ist primärer Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit der Ort der Tatausführung, mithin der Ort der Handlung. Der Ort des Erfolgseintritts ist subsidiär nur dann von Bedeutung, wenn der Ort der Handlung im Ausland liegt oder nicht festgestellt werden kann (Nordmeyer, WK-StPO § 25 Rz 1 f; Fabrizy, StPO13 § 25 Rz 3 f; Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 4 und 6 f).

Wenn und solange eine Zuständigkeit nach § 25 Abs 1 StPO nicht festgestellt werden kann, hat nach dem insoweit (gegenüber Abs 1 leg cit) subsidiären (Nordmeyer, WK-StPO § 25 Rz 3; Fabrizy, StPO13 § 25 Rz 5; Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 9) Abs 2 leg cit die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zu führen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat oder zuletzt hatte, fehlt es an einem solchen Ort, die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel der Beschuldigte betreten wurde.

Subsidiär zu § 25 Abs 1 und Abs 2 StPO hat gemäß Abs 3 leg cit die Staatsanwaltschaft, die zuerst von einer Straftat, die der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt, Kenntnis erlangt, das Ermittlungsverfahren so lange zu führen, bis die Zuständigkeit einer anderen Staatsanwaltschaft nach Abs 1 oder Abs 2 leg cit festgestellt werden kann.

Stellt sich (indiziert durch die aktuellen Erhebungsergebnisse [Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 3 und 6]) die ursprüngliche Verdachtsannahme in Ansehung eines Tatorts als unrichtig heraus, so ist das Ermittlungsverfahren gemäß § 25 Abs 1 StPO an die nach dem nunmehrigen Verfahrensstand tatortzuständige Staatsanwaltschaft abzutreten (Nordmeyer, WK-StPO § 25 Rz 1; Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 6). Dabei ist auch die Subsidiarität nach § 25 Abs 2 StPO jederzeit (arg: „solange“) während des Ermittlungsverfahrens durch Abtretung an die gemäß Abs 1 leg cit zuständige Staatsanwaltschaft wahrzunehmen, womit auch sichergestellt werden soll, dass die Staatsanwaltschaft am Sitz des Gerichts, das zufolge Tatortzuständigkeit (§ 36 Abs 3 StPO) voraussichtlich das Hauptverfahren führen wird, möglichst früh das Ermittlungsverfahren übernimmt (§ 25a Abs 1 StPO; Nordmeyer, WK-StPO § 25 Rz 3 mit Verweis auf EBRV 25 BlgNR 22. GP 47; Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 9). Auch die provisorische (subsidiäre, temporäre [Fabrizy, StPO13 § 25 Rz 7]) Zuständigkeit nach § 25 Abs 3 StPO ist (zwingend) durch Abtretung dann zu beseitigen, sobald die Zuständigkeit einer anderen Staatsanwaltschaft nach Abs 1 oder Abs 2 leg cit festgestellt werden kann (Nordmeyer, WK-StPO § 25 Rz 10 und 12; Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 9 und 14).

Solcherart besteht nach der dargestellten Rechtslage (§ 25 Abs 1 bis Abs 3 StPO) eine grundsätzliche Verpflichtung der örtlich unzuständigen Staatsanwaltschaft zur (sofortigen) Abtretung an die zuständige Staatsanwaltschaft, die nur (vorläufig) insoweit durch § 25a Abs 1 StPO aufgeschoben ist, als eine Staatsanwaltschaft, die sich für unzuständig erachtet, (nur noch) die „keinen Aufschub duldenden Anordnungen“ zu treffen und sodann das Ermittlungsverfahren der zuständigen Staatsanwaltschaft abzutreten hat (Nordmeyer, WK-StPO § 25a Rz 2; Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 25 Rz 16). Dabei haben selbst im obigen Sinn pflichtgemäß vorgenommene unaufschiebbare Verfahrenshandlungen keinen Einfluss auf die gesetzliche Zuständigkeit (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 25a Rz 2).

Die noch auf Rechtslagen vor Inkrafttreten des § 25a StPO (am 1. Jänner 2017) abstellende Rechtsansicht, wonach Abtretungen an andere Staatsanwaltschaften ohne gleichzeitige Einbringung eines – nach dem Verfahrensstand möglichen – konkreten (idR enderledigenden) Verfolgungsantrags stets unzulässig sind, findet in der aktuellen Gesetzeslage keine Stütze.

  • § 25a Abs 1 StPO
  • § 25 Abs 3 StPO
  • Strafrecht- und Strafprozessrecht
  • JST-Slg 2021/2
  • § 25 Abs 1 StPO
  • Rechtssatz der Generalprokuratur, 05.11.2020, Gw 280/20i
  • § 25 Abs 2 StPO

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