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Reisner, Hubert

Eine „Unregelmäßigkeit“ als „schwere Verfehlung“

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Die Union ist zur Finanzierung von Maßnahmen aus ihren Fonds nur insoweit berufen, als die betreffenden Maßnahmen in vollständigem Einklang ua mit den Grundsätzen und Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge durchgeführt werden.

Weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit des beteiligten Wirtschaftsteilnehmers müssen nachgewiesen werden, um eine Handlung oder Unterlassung, die einen Verstoß gegen das Unionsrecht oder das anwendbare nationale Recht begründet, als „Unregelmäßigkeit“ im Sinne von Art 2 Z 7 VO 1083/2006 ansehen zu können.

Art 2 Z 7 VO 1083/2006 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Unregelmäßigkeit“ im Sinne dieser Bestimmung Verhaltensweisen erfasst, die als Bestechungshandlungen eingestuft werden können, die im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags erfolgen, das die Durchführung von Arbeiten zum Gegenstand hat, die von einem Strukturfonds der Union mitfinanziert werden, und wegen denen ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren eingeleitet wurde, auch wenn nicht bewiesen ist, dass diese Verhaltensweisen einen tatsächlichen Einfluss auf das Verfahren zur Auswahl des Bieters gehabt haben, und kein tatsächlicher Schaden für den Unionshaushalt festgestellt wurde.

Unter Berücksichtigung der Anschuldigungen, es habe Bestechungshandlungen gegeben, die darauf abgezielt hätten, den Entscheidungsprozess zur Vergabe des in Rede stehenden öffentlichen Auftrags zu beeinflussen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bestimmte Mitglieder des Vergabeausschusses einen der Bieter begünstigt und seine Mitbewerber diskriminiert haben und somit die in Art 2 RL 2004/18/EG gewährleisteten Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung der Bieter missachtet haben.

Der Begriff „schwere Verfehlung“ im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ist so zu verstehen, dass er sich üblicherweise auf jedes Verhalten eines Wirtschaftsteilnehmers bezieht, das bei ihm auf Vorsatz oder auf eine Fahrlässigkeit von gewisser Schwere schließen lässt. Eine solche Verfehlung kann festgestellt werden, ohne dass es eines rechtskräftigen Urteils bedarf.

Eine „schwere Verfehlung“ iSd Art 45 Abs 2 UA 1 lit d RL 2004/18/EG muss notwendigerweise vor dem Abschluss dieses Verfahrens festgestellt werden, damit sie zum Ausschluss des Wirtschaftsteilnehmers, der sie begangen hat, vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags führen kann.

  • Reisner, Hubert
  • Art 2 RL 2004/18/EU
  • EuGH, 08.06.2023, C-545/21, „ANAS“
  • finanzielle Berichtigung einer Beihilfe
  • RPA 2023, 289
  • Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
  • Ausschlussgrund schwere Verfehlung
  • Ausschlussgrund Beeinflussung der Entscheidungsfindung des Auftraggebers
  • Vergaberecht
  • Art 45 Abs 2 Z 1 lit d RL 2004/18/EU
  • Verschulden

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