Schriftlichkeitsgebot beim Lagezuschlag
- Originalsprache: Deutsch
- WOBLBand 30
- Rechtsprechung, 3333 Wörter
- Seiten 109 -112
- https://doi.org/10.33196/wobl201704010901
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Dass das gesetzliche Formerfordernis der Schriftlichkeit die Unterschrift der Parteien auf der Erklärungsurkunde verlangt, ist zwar die Regel. Aber bereits das Gesetz selbst lässt Ausnahmen von diesem Gebot der „Unterschriftlichkeit“ zu (vgl § 886 Satz 3 ABGB). Im Einzelfall kann einem gesetzlichen Schriftlichkeitsgebot daher auch ohne Unterfertigung einer Erklärung entsprochen werden. Die Zulässigkeit derartiger Ausnahmen richtet sich dabei nach dem Zweck des jeweiligen Formgebots. Es ist demnach zu prüfen, ob der jeweilige Schutzzweck einer Norm die Einhaltung der Schriftform iSd „Unterschriftlichkeit“ (durch Übermittlung eines unterschriebenen Schriftstücks) erfordert, oder ob eine andere, insb eine im Geschäftsleben gebräuchlich gewordene Mitteilungsform (vgl § 886 Satz 3 ABGB) als ausreichend angesehen werden kann.
Eine solche teleologische Reduktion von Formvorschriften ist zwar mit größter Vorsicht handzuhaben. Das Erfordernis der Schriftform soll idR gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Dabei dient es vorrangig dem Übereilungsschutz des Mieters, aber auch der Beweissicherung. Bei bloßen Informationspflichten spricht daher vieles gegen die Notwendigkeit einer Unterschrift, da es nur darum geht, dem Empfänger bestimmte Angaben in dauerhafter Weise zur Verfügung zu stellen. In diesen Fällen genügt allenfalls die bloße Textform.
Auch das Schriftlichkeitsgebot des § 16 Abs 4 zweiter Halbsatz MRG verfolgt in erster Linie Informationszwecke. Der Zweck dieser Schutzvorschrift ist es, den Mieter durch eine verbale Umschreibung mit ausreichender Klarheit darüber zu informieren, warum die Wohnung iSd § 16 Abs 4 erster Halbsatz MRG eine überdurchschnittliche Lage aufweist, und damit die Überprüfung der Berechtigung eines Lagezuschlags zu ermöglichen. Dazu genügt aber auch eine nicht unterschriebene Urkunde.
Mit der Übergabe eines Exposés, das auf die einen Lagezuschlag rechtfertigenden maßgeblichen Umstände hinweist, ist das gesetzlich geforderte Schriftformgebot des § 16 Abs 4 zweiter Halbsatz MRG nach seinem dargestellten Zweck auch dann gewahrt, wenn das dem Mieter ausgehändigte Schriftstück nicht vom Vermieter, sondern von einem von diesem mit der Vermittlung der Wohnung beauftragten Immobilienmakler erstellt und übergeben wurde.
- Häublein, Martin
- § 16 Abs 4 MRG
- Miet- und Wohnrecht
- § 14d Abs 4 WGG
- § 10 Abs 4 MRG
- § 862a ABGB
- BG Innere Stadt Wien, 45 MSch 7/13k
- OGH, 29.09.2016, 5 Ob 71/16a
- LGZ Wien, 39 R 256/15h
- WOBL-Slg 2017/32
- § 886 ABGB
- § 2 Abs 3 RichtWG