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Zeitschrift für Vergaberecht

Heft 4, August 2015, Band 2015

Kurz, Thomas

Eingehende Prüfung einer Ausschreibung

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Die Ausschreibung ist nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Dies gilt auch für das Verständnis des noch nicht bestandsfesten Texts der Ausschreibung.

Der Zweck von Nachprüfungsverfahren liegt in der Durchsetzung subjektiver Rechte des Bieters. Bei diesen Nachprüfungsverfahren geht es somit um die Ausübung einer Rechtmäßigkeitskontrolle und keiner Zweckmäßigkeitskontrolle.

Es ist Sache des Auftraggebers und nicht des Bieters, den Gegenstand der Leistung festzulegen, solange es Unternehmen gibt, die die nachgefragte Leistung erbringen können. Es muss sich nicht jeder Unternehmer ungeachtet seiner technischen Möglichkeiten und seiner Fähigkeiten an dem Vergabeverfahren beteiligen können. Auch der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter steht dem nicht entgegen.

Dem Bieter muss im Sinne des effektiven Rechtsschutzes das Instrument der Nichtigerklärung dann zur Verfügung stehen, wenn die Frist gemäß § 321 BVergG 2006 noch nicht abgelaufen ist. Daran kann der Umstand nichts ändern, dass die auf die vorliegende Ausschreibung gestützten Angebote in Teilen nicht bindend sind und die Auftraggeberin Angebote bei Verstoß gegen in der Ausschreibung näher bestimmte Festlegungen der Ausschreibung Bieter nicht ausscheiden kann.

Es handelt sich um eine funktionale Ausschreibung. Daraus ergeben sich einerseits Folgen für die Aufgabenverteilung. Andererseits hat diese Gestaltung der Ausschreibung Folgen für die Risikoaufteilung. Ein Bieter übernimmt selbstverständlich die Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Praxistauglichkeit der von ihm entwickelten Lösungen und Anlagen. Der Auftraggeber muss diese zwar anhand der Kriterien der Ausschreibung prüfen, hat jedoch für die Planung im Verhältnis zum Bieter dafür nicht einzustehen.

Unter den Grundsätzen des Vergabeverfahrens findet sich auch die Verpflichtung des Auftraggebers, auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen.

Mehrere Hauptangebote eines Bieters sind grundsätzlich zulässig, wenn sich die Unterschiede erfassen und bewerten lassen.

Zweifellos ermöglicht die Festlegung einer starren Grenze für das Ausscheiden eines Angebotes eine leichtere Handhabung dieses Ausscheidensgrundes. Allerdings kommt es dem Auftraggeber nicht zu, über die in § 129 Abs 1 und 2 BVergG 2006 taxativ aufgezählten Ausscheidensgründe hinaus selbst Ausscheidensgründe festzulegen.

§ 105 Abs 5 BVergG 2006 ermöglicht dem Auftraggeber ausdrücklich, eine Änderung der Zuschlagskriterien in der Ausschreibung vorzusehen. Dabei handelt es sich jedoch um eine restriktiv auszulegende Ausnahme.

Die Bewertung der Qualifikation von Mitarbeitern im Rahmen der Zuschlagskriterien ist nicht grundsätzlich unzulässig.

Gemäß § 105 Abs 1 BVergG 2006 muss mit allen Bietern zumindest eine Verhandlungsrunde stattfinden. Nach dieser Bestimmung kann der Auftraggeber in der Schlussphase der Verhandlungen auch mit nur einem Bieter verhandeln.

Es ist keine Rechtswidrigkeit der Festlegung einer Kaution in Höhe von 20% festzustellen.

Gemäß § 111 Abs 3 BVergG 2006 muss der Auftraggeber den Bietern für besondere Ausarbeitungen eine angemessene Vergütung bezahlen. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Auftraggeberin den Bietern alle zur Angebotslegung getätigten Aufwendungen ersetzen muss. Der Bieter trägt bei einer funktionalen Ausschreibung durch den eigenständigen Entwurf einer Lösung Aufwendungen, die bei konstruktiver Leistungsbeschreibung dem Auftraggeber erwachsen.

Unstrittig ist die Nachvollziehbarkeit der Zuschlagsentscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlicher Bedeutung. Dennoch ist nicht die gesamte Ausschreibung für nichtig zu erklären, wenn das BVwG lediglich die Begründungspflicht in zwei Subkriterien und damit die zu erwartende Nachvollziehbarkeit der Zuschlagsentscheidung erhöht.

Die ÖNORM B 2110 ist keine geeignete Leitlinie für Altlastensanierungen. Selbst wenn sie als geeignete Leitlinie anzusehen wäre, räumt § 99 Abs 2 BVergG 2006 den öffentlichen Auftraggeber eine weite, nur durch das Missbrauchsverbot beschränkte Möglichkeit, die Ausschreibung abweichend von Leitlinien an die Besonderheiten des einzelnen Auftrags anzupassen.

Angesichts der Festlegung der Zahlungsfrist von 60 Tagen für Schluss- und Teilschlussrechnungen in Punkt 8.4.1.2 der ÖNORM B 2110 bei größeren Bauvorhaben kann auf eine gewisse Branchenüblichkeit einer Zahlungsfrist von 60 Tagen für diese Arten von Rechnungen geschlossen werden.

Eine eigene freie Planung fällt naturgemäß in die Sphäre der Antragstellerin, weshalb auch sie das Risiko der Genehmigungsfähigkeit trifft. Aus der funktionalen Leistungsbeschreibung ergibt sich, dass es Aufgabe der Antragstellerin ist, eine vollständige und funktionsfähige Lösung zu entwickeln. Naturgemäß trägt sie das Risiko dafür.

Subunternehmer auf welcher Stufe immer sind Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmer und keinesfalls dem Auftraggeber zuzurechnen. Die vertragliche Weitergabe von Verpflichtungen obliegt dem Auftragnehmer, da der Auftraggeber keinerlei vertragliches Verhältnis zu diesen Subunternehmern auf welcher Stufe immer hat. Sie sind Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers. Daher muss sie sich ihr Verhalten zurechnen lassen und dafür einstehen.

Zweifellos hat die Auftraggeberin ein Interesse an der Verwertung der sanierten Liegenschaft. Der Verkauf von Liegenschaften unterliegt jedoch an sich nicht dem Vergaberecht. Grundsätzlich ist es möglich, nicht dem Vergaberecht unterliegende Leistungen mit dem Vergaberecht unterliegenden Leistungen zu verknüpfen. Dass jedoch die Auftraggeberin den Verkauf der Liegenschaft mit der Sanierung der Liegenschaft verknüpft und dies in einer für den Bieter nicht mit Sicherheit vorhersehbaren Weise macht, ist der Altlastensanierung, dem Hauptzweck des Auftrags, an sich wesensfremd.

Die Höhe des Vadiums beträgt 1,7 % des geschätzten Auftragswertes. Darin kann das Bundesverwaltungsgericht keine Unangemessenheit erkennen.

Klar ist, dass der Auftraggeber keinesfalls ohne Nachweis die Vertragsstrafe einfordern darf. Bloße Vermutungen sind nach allgemeinen Grundsätzen nicht ausreichend, um eine Pönale einzufordern. Der Auftraggeber muss sehr wohl über Nachweise verfügen.

  • Kurz, Thomas
  • Beeinträchtigung des freien und lauteren Wettbewerbs, Recht auf Nichtdiskriminierung, Recht auf transparentes Vergabeverfahren, Recht auf Durchführung eines gesetzeskonformen, dem BVergG entsprechenden Vergabeverfahrens
  • BVwG, 26.03.2015, W187 2017416-2/26E, „Sanierung einer Aluminiumschlackendeponie“
  • § 111 Abs 3 BVergG
  • § 19 Abs 1 BVergG
  • § 1152 ABGB
  • Recht auf Ausschreibungsunterlagen, die eine Ermittlung von Preisen, ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken und ohne umfangreiche Vorarbeiten zulassen
  • § 105 Abs 5 BVergG
  • § 78 Abs 3 BVergG
  • § 87a Abs 3 BVergG
  • § 2 Z 32 lit a BVergG
  • § 2 Z 20 BVergG
  • Recht auf vergaberechtskonforme, dem BVergG sowie den bestandsfesten Festlegungen in der Teilnahmeunterlagen entsprechende Ausschreibungsbedingungen
  • Recht auf Nichtigerklärung vergaberechtswidriger Ausschreibungsunterlagen bzw vergaberechtswidriger Bestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen
  • § 914 ABGB
  • § 2 Z 32 lit b BVergG
  • § 1170b ABGB
  • § 139 BVergG
  • § 129 Abs 2 BVergG
  • § 2 Z 20 lit d sublit aa BVergG
  • Recht auf angemessene Vergütung infolge umfangreicher Vorarbeiten
  • § 99 Abs 2 BVergG
  • § 96 Abs 4 BVergG
  • § 111 Abs 1 BVergG
  • § 2 Z 16 BVergG
  • Recht auf Widerruf des Vergabeverfahrens und Teilnahme an einem neuerlichen, vergaberechtskonformen Vergabeverfahren.
  • Recht auf Verwendung geeigneter Leitlinien, wie ÖNORMEN – im konkreten Fall der ÖNORM B 2110 – im Leistungsvertrag
  • § 2 Z 32 lit c BVergG
  • § 19 Abs 5 BVergG
  • RPA 2015, 217
  • Vergaberecht
  • § 87a Abs 2 Z 1 BVergG
  • § 18b UVP-G
  • § 80 BVergG
  • Recht auf Ausschreibungsunterlagen, die lediglich sachlich gerechtfertigte Anforderungen enthalten
  • § 99a Abs 2 Z 1 BVergG
  • § 129 Abs 1 BVergG
  • § 321 BVergG

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