


„Autonomie der Gerichtsstandsvereinbarung“: Fehleridentität bei Missbrauch der Vertretungsmacht?
- Sprache:
- Deutsch
- Jahrgang:
- JBLBand 140
- Inhalt:
- Rechtsprechung
- Umfang:
- 2919 Wörter, Seiten 734-737
30,00 €
inkl MwSt




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Nach dem Grundsatz der „Autonomie der Gerichtsstandsvereinbarung“ bildet diese eine vom Hauptvertrag unabhängige Übereinkunft. Demnach kann gegen ihre Gültigkeit nicht eingewendet werden, der Hauptvertrag sei ungültig. Dies gilt aber nur dann, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung ihrerseits wirksam zustande gekommen ist, denn es ist möglich, dass Gerichtsstandsvereinbarung und Hauptvertrag ausnahmsweise an demselben Wirksamkeitsmangel leiden („Fehleridentität“). Der Grundsatz der Unabhängigkeit vom Hauptvertrag bedeutet daher nicht, dass auch Streitigkeiten um das Zustandekommen der Gerichtsstandsvereinbarung als Teil des Hauptvertrags jedenfalls vor dem – scheinbar – prorogierten Gericht auszutragen wären.
Fehleridentität liegt etwa vor, wenn die den Vertrag abschließende Partei nicht handlungsfähig oder nicht rechtswirksam vertreten war oder wenn der Hauptvertrag an einem grundlegenden Fehler in der Willensbildung, wie einem offenen Dissens leidet oder durch Furchterregung erzwungen wurde. Nicht darunter fallen hingegen beispielsweise die Fälle der „Übervorteilung“ nach Art 21 Schweizer Obligationenrecht (entspricht im Wesentlichen dem Wucher nach § 879 Abs 2 Z 4 ABGB), Irrtum oder absichtliche Täuschung, gröbliche Benachteiligung, Sitten- oder Gesetzwidrigkeit sowie Äquivalenzstörungen des Hauptvertrags. Bei Willensmängeln kommt es darauf an, ob auch die Gerichtsstandsvereinbarung bei isolierter Betrachtung von dem geltend gemachten Willensmangel betroffen ist. Auch in Fällen der Fehleridentität gibt es aber keinen Nexus oder ein Junktim zwischen den beiden Unwirksamkeiten, weil sie verschiedene Gegenstände haben.
Im Fall des behaupteten Missbrauchs der Vertretungsmacht ist eine gesonderte Beurteilung der Gerichtsstandsvereinbarung und des Hauptvertrags erforderlich. Ein Missbrauch wäre nur dann relevant, wenn er sich gerade auch auf die Gerichtsstandsvereinbarung bezieht und die Rechtsschutz- bzw Rechtsverteidigungsmöglichkeiten der Partei aus spezifisch prozessualen Gründen durch einen Nachteil von besonderem Gewicht beeinträchtigt.
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- Öffentliches Recht
- JBL 2018, 734
- Straf- und Strafprozessrecht
- Europa- und Völkerrecht
- Allgemeines Privatrecht
- OGH, 28.03.2018, 6 Ob 19/18i
- LG Feldkirch, 29.09.2017, 57 Cg 14/17x
- Zivilverfahrensrecht
- Art 23 LGVÜ
- OLG Innsbruck, 19.12.2017, 4 R 155/17a
- Arbeitsrecht
Nach dem Grundsatz der „Autonomie der Gerichtsstandsvereinbarung“ bildet diese eine vom Hauptvertrag unabhängige Übereinkunft. Demnach kann gegen ihre Gültigkeit nicht eingewendet werden, der Hauptvertrag sei ungültig. Dies gilt aber nur dann, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung ihrerseits wirksam zustande gekommen ist, denn es ist möglich, dass Gerichtsstandsvereinbarung und Hauptvertrag ausnahmsweise an demselben Wirksamkeitsmangel leiden („Fehleridentität“). Der Grundsatz der Unabhängigkeit vom Hauptvertrag bedeutet daher nicht, dass auch Streitigkeiten um das Zustandekommen der Gerichtsstandsvereinbarung als Teil des Hauptvertrags jedenfalls vor dem – scheinbar – prorogierten Gericht auszutragen wären.
Fehleridentität liegt etwa vor, wenn die den Vertrag abschließende Partei nicht handlungsfähig oder nicht rechtswirksam vertreten war oder wenn der Hauptvertrag an einem grundlegenden Fehler in der Willensbildung, wie einem offenen Dissens leidet oder durch Furchterregung erzwungen wurde. Nicht darunter fallen hingegen beispielsweise die Fälle der „Übervorteilung“ nach Art 21 Schweizer Obligationenrecht (entspricht im Wesentlichen dem Wucher nach § 879 Abs 2 Z 4 ABGB), Irrtum oder absichtliche Täuschung, gröbliche Benachteiligung, Sitten- oder Gesetzwidrigkeit sowie Äquivalenzstörungen des Hauptvertrags. Bei Willensmängeln kommt es darauf an, ob auch die Gerichtsstandsvereinbarung bei isolierter Betrachtung von dem geltend gemachten Willensmangel betroffen ist. Auch in Fällen der Fehleridentität gibt es aber keinen Nexus oder ein Junktim zwischen den beiden Unwirksamkeiten, weil sie verschiedene Gegenstände haben.
Im Fall des behaupteten Missbrauchs der Vertretungsmacht ist eine gesonderte Beurteilung der Gerichtsstandsvereinbarung und des Hauptvertrags erforderlich. Ein Missbrauch wäre nur dann relevant, wenn er sich gerade auch auf die Gerichtsstandsvereinbarung bezieht und die Rechtsschutz- bzw Rechtsverteidigungsmöglichkeiten der Partei aus spezifisch prozessualen Gründen durch einen Nachteil von besonderem Gewicht beeinträchtigt.
- Öffentliches Recht
- JBL 2018, 734
- Straf- und Strafprozessrecht
- Europa- und Völkerrecht
- Allgemeines Privatrecht
- OGH, 28.03.2018, 6 Ob 19/18i
- LG Feldkirch, 29.09.2017, 57 Cg 14/17x
- Zivilverfahrensrecht
- Art 23 LGVÜ
- OLG Innsbruck, 19.12.2017, 4 R 155/17a
- Arbeitsrecht