Eidesleistung und Anspruch auf Auskunft über das Verlassenschaftsvermögen sowie pflichtteilsrelevante Schenkungen
- Originalsprache: Deutsch
- JBLBand 145
- Rechtsprechung, 3267 Wörter
- Seiten 716 -719
- https://doi.org/10.33196/jbl202311071601
30,00 €
inkl MwSt
Am Anspruch des Pflichtteilsberechtigten gegen die Verlassenschaft oder die Erben auf Auskunft über das vorhandene Verlassenschaftsvermögen und sämtliche pflichtteilsrelevante Schenkungen hat die Schaffung des Auskunftsanspruchs gegen die Geschenknehmer in § 786 ABGB idF des ErbRÄG 2015 nichts geändert, sollte doch damit nur klargestellt werden, dass auch vom Geschenknehmer Auskunft verlangt werden kann.
Voraussetzung für den Anspruch auf genaue und vollständige Ermittlung des Nachlasses ist (nur) die subjektiv begründete Besorgnis des Berechtigten, dass weiteres, ihm bisher nicht bekanntes Nachlassvermögen vorhanden ist, wofür schon der ungeklärte Verbleib von Vermögenswerten ausreichend sein kann. Trotz „begründeter Besorgnis“ wäre der Auskunftsanspruch nur dann zu verneinen, wenn aufgrund des Beweisverfahrens feststeht, dass die Besorgnis tatsächlich unbegründet ist.
Die urteilsmäßige Verpflichtung zur Auskunftserteilung ist erfüllt, wenn eine formell vollständige Auskunft erteilt wurde. Der darüber hinaus bestehende Anspruch auf vollständige und wahrheitsgemäße Auskunftserteilung kann – abgesehen von der Möglichkeit der Klage auf Eidesleistung nach Art XLII EGZPO – prozessual nicht erzwungen werden, sondern berechtigt nur zur Erhebung von Schadenersatzansprüchen. Das gilt auch im Titelprozess für die Beurteilung der Frage, ob ein Auskunftsanspruch erfüllt wurde. Liegt eine formell vollständige Auflistung vor, so ist der Anspruch erfüllt. Dass der Berechtigte diese Auflistung für unrichtig oder unvollständig hält, ändert daran nichts.
Die Abhängigkeit von der Informationserteilung durch Dritte bedeutet noch nicht eine zur Klagsabweisung führende, im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigende Unmöglichkeit der (Eides-)Leistung nach Art XLII EGZPO. Diese liegt vor, wenn dem Schuldner die Bewirkung der versprochenen Leistung physisch oder rechtlich dauernd (endgültig) unmöglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Leistung ein dauerhaftes Hindernis entgegensteht. Ein solches ist anzunehmen, wenn nach der Verkehrsauffassung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr erbracht werden kann. Die Unmöglichkeit ist von demjenigen zu beweisen, der sich auf sie beruft. Besteht kein Grund zur Annahme, dass es der Beklagten unmöglich wäre die Mitwirkung des Dritten an der geschuldeten Leistung zu erreichen, steht auch eine mangelnde Vollstreckbarkeit des Begehrens gemäß § 354 Abs 1 EO einem stattgebenden Urteil nicht entgegen. Wer letztlich tatsächlich für die Verlassenschaft den Eid abzulegen hat, ist nicht im Erkenntnisverfahren zu beurteilen.
- Art XLII EGZPO
- JBL 2023, 716
- Öffentliches Recht
- § 786 ABGB
- Straf- und Strafprozessrecht
- Europa- und Völkerrecht
- OLG Wien, 21.03.2023, 16 R 163/22s
- Allgemeines Privatrecht
- Zivilverfahrensrecht
- OGH, 27.06.2023, 2 Ob 81/23k
- Arbeitsrecht
- LGZ Wien, 14.06.2022, 9 Cg 130/20h