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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 11, November 2014, Band 28

Wasserrechtsbehörde und wasserwirtschaftliches Planungsorgan

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Im WRG 1959, BGBl 2015/1959 idF BGBl I 14/2011, sind die Wortfolgen „im Fall der Parteistellung (§ 102 Abs 1 lit h) beizuziehen“ des § 55 Abs 2 lit g und „in allen behördlichen Verfahren nach diesem Bundesgesetz sowie“ der § 55 Abs 5 und § 102 Abs 1 lit h verfassungswidrig.

Es ist dem österreichischen Organisationsrecht immanent, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts als Trägerinnen von Privatrechten als herkömmliche Parteien – etwa als Konsenswerberinnen – an Verwaltungsverfahren teilnehmen und diese Verwaltungsverfahren als Trägerinnen von Hoheitsrechten durch die ihnen zugeordneten Behörden entscheiden. Dies kann dazu führen, dass dasselbe Organ einer juristischen Person des öffentlichen Rechts diese als herkömmliche Partei bei der Wahrnehmung von Privatrechten im Verwaltungsverfahren vertritt sowie in seiner Rolle als Behörde zur Entscheidung zuständig ist, in der es über öffentliche Rechte abzusprechen hat. Dagegen bestehen keine Bedenken (vgl VfSlg 11.492/1987 und 11.645/1988). Ebenso besteht kein Zweifel an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Einrichtung von Amtsparteien und dass die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern grundsätzlich für die Einrichtung als Amtspartei in Betracht kommen (vgl VfSlg 19.636/2012).

Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass ein Organ zunächst als Behörde eines Verwaltungsverfahrens über öffentliche Rechte entscheidet, um danach in seiner Eigenschaft als Amtspartei, als die es ebenso die öffentlichen Interessen wahrzunehmen hat, die eigene Entscheidung durch Ergreifung eines ordentlichen Rechtsmittels zu beseitigen. Dass dies zu den Vorgaben des Siebenten Hauptstücks des B-VG über die Anforderungen an das Verwaltungsverfahren in Widerspruch steht, hat der VfGH in dem Erkenntnis VfSlg 19.636/2012 ausgeführt, woran insoweit festzuhalten ist.

Die in Prüfung gezogenen Vorschriften führen dazu – sie stimmen darin mit jenen, deren Verfassungswidrigkeit im Erkenntnis VfSlg 19.636/2012 festgestellt wurde, zur Gänze überein –, dass es dem Landeshauptmann gestattet wird, zunächst in seiner Funktion als Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, um sodann die eigene Entscheidung als Amtspartei „Wasserwirtschaftliches Planungsorgan“ mit dem ordentlichen Rechtsmittel der Berufung zu bekämpfen. Dies erweist sich mit Blick auf VfSlg 19.636/2012 als verfassungswidrig.

Der Verfassungswidrigkeit dieser Konstruktion steht auch nicht die Ansicht entgegen, dass – würden diese Gesetzesbestimmungen als verfassungswidrig qualifiziert – fraglich sei, wie eine Amtsparteistellung der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern für Verwaltungsverfahren, welche in mittelbarer Bundesverwaltung zu führen sind, verfassungskonform auszugestalten ist. Denn der Berufung dieser Organe zur Amtspartei steht die Verfassung nicht entgegen, soweit sie nicht dazu ermächtigt werden, jene Entscheidungen mit ordentlichen Rechtsmitteln zu bekämpfen, welche sie selbst als Behörden erlassen haben.

Im Übrigen folgt aus dem Umstand, dass regelmäßig vorgesehen ist, dass Verwaltungsorgane als Behörden Verfahren entscheiden, in welchen sie juristische Personen des öffentlichen Rechts vertreten, die als Trägerinnen von Privatrechten im Sinne herkömmlicher Parteien an diesen Verfahren teilnehmen (zur Fallgruppe, in welcher dieselben Organe die Gemeinde als Grundeigentümerin vertreten und als Baubehörden entscheiden, vgl VfSlg 4388/1963, 4389/1963 und 4703/1964), für die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Amtspartei nichts. Denn die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Trägerin von Privatrechten durch Ausübung ihrer subjektiven Rechte zu verfolgenden Interessen können sich von jenen öffentlichen Interessen unterscheiden, die sie als Trägerin von Hoheitsrechten in Vollziehung der Gesetze wahrzunehmen hat.

Schließlich ist dem Argument nicht zu folgen, dem stehe entgegen, dass mitunter Verwaltungsorgane dazu ermächtigt werden, gegen Bescheide Amtsbeschwerde an den VwGH zu erheben. Diese Befugnisse können nämlich auf eine verfassungsrechtliche Grundlage zurückgeführt werden (vgl Art 131 B-VG idF vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51/2012). Zudem ist die in den ins Treffen geführten Amtsbeschwerdeverfahren herrschende Konstellation mit den hier interessierenden Fällen schon deswegen nicht vergleichbar, weil dort der VwGH gleichsam als Dritter entscheidet, von welchem der angefochtene Bescheid gerade nicht stammt.

  • WBl-Slg 2014/228
  • § 55 Abs 2 lit g WRG
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • § 102 Abs 1 lit h WRG
  • § 55 Abs 5 WRG
  • VfGH, 16.06.2014, G 96/2013

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