Gefährdung des Kindeswohls durch Verletzung der Schulpflicht (Verweigerung des Schulbesuchs)
- Originalsprache: Deutsch
- JBLBand 141
- Rechtsprechung, 5336 Wörter
- Seiten 360 -365
- https://doi.org/10.33196/jbl201906036001
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Nach § 138 Z 4 ABGB gehört zum Kindeswohl auch die Förderung der Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes.
Durch die Verweigerung des Schulbesuchs ist der Minderjährige im Recht auf Bildung (Art 2 1. ZP EMRK) verletzt. Erwirbt der Minderjährige keine Nachweise über Schulabschlüsse und aller Voraussicht nach auch bis zu seiner Volljährigkeit weder einen Pflichtschulabschluss noch ein Maturazeugnis, ist sein berufliches Fortkommen erheblich beeinträchtigt.
Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes, so hat das Gericht, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen. Besonders darf das Gericht die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise, auch gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte, entziehen (§ 181 Abs 1 S 1–3 ABGB). Die gänzliche oder teilweise Entziehung der Pflege und Erziehung oder der Verwaltung des Vermögens des Kindes schließt die Entziehung der gesetzlichen Vertretung in dem jeweiligen Bereich mit ein; die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen kann für sich allein entzogen werden, wenn die Eltern oder der betreffende Elternteil ihre übrigen Pflichten erfüllen (§ 181 Abs 3 ABGB).
Das Gericht hat die Obsorge und die Ausübung des Rechts auf persönliche Kontakte nach Maßgabe des Kindeswohls, insbesondere zur Aufrechterhaltung der verlässlichen Kontakte und zur Schaffung von Rechtsklarheit, auch vorläufig einzuräumen oder zu entziehen. Dieser Entscheidung kommt vorläufige Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit zu, sofern das Gericht diese nicht ausschließt (§ 107 Abs 2 S 1 und 3 AußStrG).
Gemäß § 44 Abs 2 AußStrG ist gegen Entscheidungen über die vorläufige Verbindlichkeit oder Vollstreckbarkeit ein Rechtsmittel nicht zulässig. Der Rechtsmittelwerber kann in seinem Rechtsmittel gegen den vorläufig wirksamen Beschluss die Abänderung dieser vorläufigen Wirksamkeit nur anregen.
- § 107 Abs 2 AußStrG
- LGZ Wien, 22.05.2018, 44 R 191/18s
- § 44 Abs 2 AußStrG
- Öffentliches Recht
- Straf- und Strafprozessrecht
- Europa- und Völkerrecht
- § 11 Schulpflichtgesetz
- JBL 2019, 360
- Allgemeines Privatrecht
- § 138 ABGB
- BG Innere Stadt Wien, 26.03.2018, 1 Ps 104/15h
- Zivilverfahrensrecht
- OGH, 25.09.2018, 2 Ob 136/18s
- § 181 ABGB
- § 5 Schulpflichtgesetz
- Arbeitsrecht
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