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SIAK-JOURNAL

Heft 2, Juli 2022, Band 19

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 2410-745X

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Inhalt der Ausgabe

S. 3 - 3, Editorial

Editorial

S. 4 - 22, Beitrag

Florian Hartleb / Paul Schliefsteiner

Dschihadistischer Terror mit tödlichem Ausgang

Die Anzahl von dschihadistisch motivierten Terroranschlägen mit tödlichem Ausgang hat in den vergangenen Jahren auch im deutschsprachigen Europa, konkret in Österreich und Deutschland, zugenommen. In der Analyse werden diese Taten zumeist isoliert für sich oder im zeitlichen wie inhaltlichen Kontext mit Attentaten aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland betrachtet. Der vorliegende Beitrag stellt tödliche dschihadistische Anschläge der letzten Jahre in diesem Teil des Kontinents vergleichend dar. Die zeitliche Begrenzung wurde mit 2015 gewählt. In Folge der Flüchtlingskrise, die im Herbst/ Winter dieses Jahres kulminierte, hatten sich die Parameter und Potenziale für derartige Angriffe in Mitteleuropa substanziell verändert. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Terroranschläge mit Todesfolge (unabhängig von der Motivation der jeweiligen Täter) bisher als eher selten zu betrachten sind. In Österreich gab es bis zum 2. November 2020 nach offizieller Lesart überhaupt seit 2009 respektive 1995 (Attentat von Oberwart) keinen tödlichen Anschlag; die beiden genannten waren weltanschaulich vollkommen anders motiviert. In Deutschland kam es zu rechtsterroristisch motivierten Anschlägen mit Todesfolge in München (22. Juli 2016), Kassel (2. Juni 2019), Halle (9. Oktober 2019) und Hanau (9. Februar 2020) - alle begangen durch Einzeltäter in der Tatausführung. Teilweise spielte als ein Tatmotiv mit mehr oder weniger großer Bedeutung die Unzufriedenheit über die Flüchtlingspolitik eine Rolle, nachweisbar in München, Kassel und Halle (Hartleb 2020). Für das dschihadistische Spektrum wäre der letzte Anschlag des hier betrachteten Typs in Deutschland jener vom 2. März 2011 am Frankfurter Flughafen gewesen, der zwei US-Soldaten das Leben kostete. Die Entscheidung, sich auf jene Fälle zu fokussieren, bei denen Opfer starben, ist damit begründet, dass diese Angriffe aus Sicht der handelnden Terroristen als am „erfolgreichsten“ zu gelten haben. Keine Rolle spielte bei der Auswahl die Frage, ob es sich um eine „terroristische Tat“ im Sinne des Strafgesetzes handelte - auch, weil hier von Land zu Land Unterschiede in den gesetzlichen Rahmenbedingungen bestehen.

S. 23 - 37, Beitrag

Stefan Goertz

Auslandsbezogener Extremismus in Deutschland und Europa

Im auslandsbezogenen, nicht islamistischen Extremismus finden sich Ideologieelemente aus dem Rechts- und Linksextremismus sowie Organisationen, die separatistische Bestrebungen in ihren Heimatländern verfolgen. Beim auslandsbezogenen Extremismus, bis zum Jahr 2021 in Deutschland als Ausländerextremismus bezeichnet, handelt es sich also nicht um ein einheitliches, tendenziell bündnisfähiges Spektrum, sondern um unterschiedliche Interessengruppen, die nur anlassbezogen untereinander oder mit deutschen linksextremistischen Gruppierungen zusammenarbeiten (vgl. BMI 2021, 256). Die deutschen Verfassungsschutzbehörden stellen fest, dass die Situation in den jeweiligen Herkunftsländern der Akteure dieses auslandsbezogenen Extremismus sowie die Vorgaben der dortigen zentralen Organisationseinheiten die Politik, Strategie und Aktionen der Organisationsstrukturen in Deutschland und Europa bestimmen. In ihren Heimatländern wollen diese Organisationen radikale Veränderungen der politischen Verhältnisse herbeiführen, dort oftmals auch durch den Einsatz von Gewalt und Terrorismus. Damit verstoßen die von Deutschland und anderen europäischen Staaten aus agierenden Strukturen extremistischer Auslandsorganisationen nicht nur gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Sie können darüber hinaus auch in Europa die Innere Sicherheit gefährden. Den meisten dieser Organisationen gilt Europa als sicherer Rückzugsraum. Von hier aus unterstützen sie ihre Heimatorganisationen propagandistisch sowie durch den Nachschub von Geld, Material und neu rekrutierten Kämpfern (ebd.). Hier wird zunächst der Phänomenbereich definiert und skizziert, dabei auch auf Organisationen außerhalb der Ülkücü-Bewegung und der „Arbeiterpartei Kurdistan“ (PKK) verwiesen. Die rechtsextremistische türkische Ülkücü-Bewegung („Idealisten“-Bewegung) entstand Mitte des 20. Jahrhunderts in der Türkei. Ihre Anhänger werden nach ihrem Symbol und Erkennungszeichen auch „Graue Wölfe“ („Bozkurtlar“) genannt. Die Kapitel 2 und 3 stellen ausführlich die ausländerextremistischen Bewegungen bzw. Organisationen Ülkücü und PKK auf den Analyseebenen Ideologieelemente, Akteure, Strategien und Taktiken dar.

S. 38 - 52, Beitrag

Emanuel John

Polizeiarbeit zum Schutz des Kindeswohls

Die Polizei nimmt beim Kinderschutz eine wichtige Rolle ein. Sie schützt Kinder, indem sie durch präventive Maßnahmen Gefährdungen des Kindeswohls abwendet. Sie klärt durch repressive Maßnahmen Missbrauch auf. Zugleich treten aber Spannungen zu den Grundsätzen des „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“ (UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK)) auf. Denn dort wird die besondere Berücksichtigung des Wohls (Art. 3) und des Willens (Art. 12) von Kindern gefordert. Dies kann im Rahmen polizeilicher Dienstvorschriften, Zuständigkeiten und Befugnisse schwer umzusetzen sein, was auch neuere empirische Studien zur Polizeiarbeit beim Kinderschutz zeigen. Dieser Artikel argumentiert davon ausgehend, dass für eine Ausrichtung der Polizeiarbeit an der UN-KRK beim Schutz des Kindeswohls bestimmte berufsethische Anforderungen erfüllt werden müssen. Danach ist das polizeiliche Vorgehen an der konkreten Verletzlichkeit und Perspektive von Kindern auszurichten. Es wird gezeigt, dass diese berufsethischen Anforderungen nicht allein durch individuelle Polizistinnen und Polizisten, sondern nur durch ein gesamtgesellschaftliches Problemverständnis und Handeln in Netzwerken erfüllt werden können.

S. 53 - 60, Beitrag

M. Sinikka Brodbeck / Juha Öhman / Silke M.C. Brodbeck

Die traumatische Gehirnverletzung und ihre forensische Bedeutung

Nach den ersten Teilen der Artikelserie (vgl. Brodbeck et al. 2017; Brodbeck et al. 2018; Brodbeck 2020; Brodbeck 2021), die den Greifreflex und die Entstehung von Blutspuren nach Kopfverletzungen behandelten, wird im dritten Teil auf die forensische Bedeutung der Gehirnverletzungen und insbesondere der Gehirnschwellung eingegangen.1 Gehirnschwellungen sind von hoher Relevanz in der Tatortarbeit, da sie zu verzögerten Einschränkungen der Geschädigten führen können und somit erheblichen Einfluss auf die am Tatort vorgefundenen Spuren haben können. Weiters werden die Einwirkungen von Schädel-Hirn-Traumata (SHT) auf das Gedächtnis von Geschädigten erläutert. Überlebte Schädel-Hirn-Verletzungen können später im Rahmen von Zeugenaussagen in Ermittlungs- und Gerichtsverfahren zu äußerlich anscheinend gegensätzlichen Aussagen führen. Bei genauerer Betrachtung und unter Berücksichtigung der erfolgten Schädel-Hirn-Traumata sind solche Aussagen nicht zwingend widersprüchlich, sondern in ihrer Entstehung dem Broken-Continuity-Effekt (BCE) zuzuordnen, der im Rahmen dieses Artikels beschrieben wird. Traumatische Verletzungen des Gehirns sind oft mit Verletzungen des Schädels vergesellschaftet, weshalb man im Deutschen für Verletzungen dieser Art den Begriff des Schädel-Hirn-Traumas verwendet. Betrachtet man den englischsprachigen Raum, so werden dort die Verletzungen des Gehirns allein als „traumatic brain injury“ (TBI), somit als traumatische Gehirnverletzung betrachtet. Dies sei als geographischer Unterschied in der Begrifflichkeit kurz vorab erläutert.

S. 61 - 70, Beitrag

Georg Plattner / Patricia Jessner

IoT in Österreichs Privathaushalten – eine Analyse

Das „Internet der Dinge“ ist gekommen, um zu bleiben. Unser vom „Internet of Things (IoT)“ geprägter Alltag wird immer digitaler, smarte Devices und innovative Technologien sind omnipräsent. Mit großem Nutzen in Sachen Komfort - und erhöhtem Risiko in Sachen Datensicherheit. Nicht nur Smartphone, iPad, Laptop & Co. sind moderne Spiegel unserer Seele, auch Smart Living öffnet Cyberkriminellen Tür und Tor zu unseren persönlichen Daten, zu unserem geistigen und materiellen Eigentum. Der smarte Kühlschrank, die ferngesteuerte Heizung und der Staubsaugroboter bedeuten für Hacking-Profis willkommene Datenlecks, die über Daheimsein und Nichtdaheimsein Bescheid geben. Die Haustür muss erst gar nicht mehr mit Gewalt aufgebrochen werden, der Code des Sicherheitsschlosses wird mit krimineller Energie und entsprechendem IT-Know-how sekundenschnell geknackt. Je komplexer und smarter unser tägliches Leben wird, desto wichtiger wird es für Nutzerinnen und Nutzer, sich neuer Risiken bewusst zu werden und mit gezielten Maßnahmen für mehr persönliche Sicherheit zu sorgen. Eine aktuelle Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) zum Thema IoT liefert Einblicke in den Informationsstand der Bevölkerung und beleuchtet Defizite, Risiken und Potenziale. Das Fazit der Fachleute: Intensivierte Information muss Konsumentinnen und Konsumenten ihre Selbstschutzmöglichkeiten aufzeigen, muss sie sicherheitsbewusst und damit fit für die Zukunft machen - damit die Chancen für Cyber Crime so gering wie möglich bleiben. Die Rolle der Exekutive ist und bleibt eine essenzielle - auch als verstärkt beworbene Anlaufstelle für von Online-Attacken betroffene Konsumentinnen und Konsumenten. Denn nur polizeilich angezeigte Schadensfälle bringen mehr Licht ins weite Dunkelfeld der Internetverbrechen - auch wenn die kriminellen Spuren im weltweiten Netz meist nur schwer zu verfolgen sind.

S. 71 - 81, Beitrag

Simone Rabitz-Suhr

Die polizeiliche Stakeholder-Befragung als Innovationsbaustein

Im November 2020 wurde in Deutschland die erste bundesweite Opfer-Dunkelfeld-Befragung SKiD (Sicherheit und Kriminalität in Deutschland) durchgeführt, die als periodisch angelegter Viktimisierungssurvey etabliert werden soll. Parallel zur Beteiligung an der 2017 eingerichteten Bund-Länder-Projektgruppe „Verstetigung Viktimisierungsbefragung“ hat die Polizei Hamburg - unter Federführung der Kriminologischen Forschungsstelle - eine Strategie zur Implementierung von Befragungsdaten als neue strategische Informationsquelle entwickelt. Zumindest auf der operativen Ebene werden wissenschaftliche Erkenntnisse nicht uneingeschränkt als Auslöser polizeilicher Innovationsprozesse anerkannt, sondern häufig auf polizeiliches Erfahrungswissen zurückgegriffen (vgl. Willis/Mastrofski 2014, 322). Damit die aus der SKiD-Befragung gewonnenen Erkenntnisse ihre Verwertungsabsicht als strategische Informationsquelle erfüllen können und konkret dem behördlichen und polizeilichen Arbeitsalltag zugutekommen, ist die organisationale Anschlussfähigkeit der Erkenntnisse explizit fachliches Ziel. Dazu ist es unerlässlich, dass sich die gesamte Organisation mit ihren unterschiedlichen Bedarfen sowohl an der Vorbereitung der Befragung als auch prozessbegleitend beteiligt. Ausdruck dieser Beteiligung ist in der Polizei Hamburg u.a. die sogenannte Stakeholder-Befragung, der in diesem Zusammenhang eine herausragende Bedeutung zukommt. Diese Art der Informationserhebung soll, neben der Sicherstellung der Anschlussfähigkeit in der Organisation, auch der Bewerbung und Akzeptanzsteigerung der neuen strategischen Informationsquelle dienen, also der Innovationskommunikation. Im Folgenden werden Aufbau, Durchführung und Ergebnisse der Stakeholder-Befragung in der Polizei Hamburg dargestellt. Dabei wird deutlich, wie die Stakeholder-Befragung in die Implementierungsstrategie eingebettet ist und welche Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche die polizeilichen Stakeholder mit der neuen strategischen Informationsquelle SKiD verknüpfen.

S. 82 - 97, Beitrag

Nina Kaiser

Hans Gross und der Kriminaldienst

Der folgende Beitrag gibt Einblicke in die Welt des kriminalwissenschaftlichen Pioniers Hans Gross, dessen Begeisterung für den Kriminaldienst und dessen Bemühungen der österreichischen Gendarmerie gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch eine entsprechende praxisbezogene, interdisziplinäre Ausbildung das notwendige Rüstzeug für eine erfolgreiche Strafverfolgungspraxis bereit zu stellen. Zu Beginn wird ein Überblick über das Werk von Hans Gross gegeben und im Anschluss auf dessen Beziehung zum Kriminaldienst eingegangen. Dargestellt wird insbesondere der von Hans Gross im Jahr 1894 in Wien abgehaltene Kriminalistik-Kurs für (Instruktions-)Offiziere der k.k. Gendarmerie sowie das von Gross im selben Jahr publizierte Lehrbuch für den Ausforschungsdienst der k.k. Gendarmerie. Im Anschluss werden einzelne Botschaften, die Hans Gross zwar vor über 100 Jahren an die damaligen Gendarmen gerichtet hat, aber wohl auch heute noch für Kriminalpolizistinnen und Kriminalpolizisten des 21. Jahrhunderts bedeutend sein können, mit der Leserschaft geteilt. Außerdem wirft der Beitrag Licht auf die derzeitige Situation rund um die (akademische) Ausbildung der (Kriminal-)Polizistinnen und (Kriminal-)Polizisten und unterstreicht die Notwendigkeit einer verstärkten interdisziplinären, praxisbezogenen (universitären) Aus- und Fortbildung im Bereich der Kriminalwissenschaften. Auch wird auf ein Projekt an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz hingewiesen, das im Zeichen der Visionen von Hans Gross steht: das Hans Gross Zentrum für interdisziplinäre Kriminalwissenschaften (kurz: ZiK).

S. 98 - 99, Autoren

Autorinnen und Autoren

S. 100 - 101, Rezension

Corinna Obermaier

Nina Marie Bust-Bartels, Bürgerwehren in DeutschlandB

S. 102 - 103, Rezension

Hans Ditrich

Daniela Angetter-Pfeiffer, Pandemie sei Dank!

S. 104 - 105, Rezension

Armin Pfahl-Traughber

Asiem El Difraoui, Die Hydra des Dschihadismus

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