Die Waffenrichtlinie sieht in ihrer aktuellen Fassung umfassende Kennzeichnungsvorschriften für Schusswaffen und wesentliche Bestandteile von Schusswaffen vor. Das nationale Schusswaffenkennzeichnungsgesetz (SchKG) und die zugehörige Schusswaffenkennzeichnungsverordnung (SchKV) dienen der Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf die Kennzeichnung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen. In Abstimmung mit Vertretern der Waffenhändler und Waffenproduzenten wurden unionsrechtskonforme rechtliche Rahmenbedingungen erarbeitet, sodass die Kennzeichnungsvorgaben für Schusswaffen und wesentliche Bestandteile für gewerbsmäßige Hersteller, Händler und Importeure sowie Waffenbesitzer möglichst praxisnah ausgestaltet werden konnten. Der folgende Beitrag soll dem Leser einen Überblick verschaffen, ob und in welchem Umfang eine Kennzeichnungspflicht besteht und welche Stellen zur Anbringung der Kennzeichnung ermächtigt sind. Abschließend wird auf die möglichen verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen im Falle der Nichteinhaltung der Kennzeichnungsvorschriften sowie auf die umfassende Übergangsregelung eingegangen.
- ISSN Online: 2410-745X
Inhalt der Ausgabe
S. 4 - 11, Beitrag
Kennzeichnung von Schusswaffen und wesentlichen Bestandteilen
S. 12 - 25, Beitrag
Übermäßige Polizeigewalt aus Betroffenenperspektive
Für den deutschsprachigen Raum gibt es bisher kaum empirische Forschung dazu, welche Personen sich in welchen Situationen von übermäßiger polizeilicher Gewaltanwendung betroffen sehen, wie sich Eskalationsverläufe aus ihrer Sicht entwickeln und wie Betroffene anschließend mit dem Erlebten umgehen. Die Studie KviAPol (Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte und -beamtinnen) untersucht ausgehend von den Schilderungen von Betroffenen deren Viktimisierungserfahrungen sowie das Hell- und Dunkelfeld des Delikts der Körperverletzung im Amt (§ 340 des deutschen StGB) und bringt diese Erkenntnisse mit polizeilichen, justiziellen und zivilgesellschaftlichen Perspektiven auf die Thematik in den Dialog. Der Beitrag fasst Ergebnisse der Studie zu Besonderheiten bestimmter Einsatzsituationen, Diskriminierungserfahrungen von Betroffenen und deren Anzeigeverhalten zusammen und stellt die Betroffenenperspektive der polizeilichen Perspektive gegenüber.
S. 26 - 38, Beitrag
SWaPOL – Social Work and Policing
„SWaPOL - Social Work and Policing“ ist ein Fortbildungsprojekt zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Berufsgruppen Soziale Arbeit und Polizei. Das Projekt wurde in der EU-Programmlinie „ERASMUS+ Strategische Partnerschaften“ gefördert und vor kurzem abgeschlossen. Ziel dieses Projekts war die Entwicklung eines Curriculums für gemeinsame berufliche Weiterbildung. SWaPOL unterstützt damit den fachlichen Austausch zu Auftrag, Organisationsstrukturen und Arbeitspraktiken der beiden Berufsgruppen und trägt zur besseren Zusammenarbeit in der Entwicklung von Präventionsprojekten und in der täglichen beruflichen Praxis bei. Nach Pilot-Trainings in den Partnerländern Österreich, Portugal und Belgien liegt nun am Ende des Projekts ein Lehrplan (Didaktik und Unterrichtsmaterial) auf Englisch und in den jeweiligen Landessprachen vor. Arbeitsstrategien, wie „Community Policing“, Streetwork und sozialräumliche Gemeinwesenarbeit, stehen an der Schnittstelle der beiden Berufsfelder und bilden die Grundlage zur Erarbeitung von Präventionskonzepten zum Substanzenkonsum von Jugendlichen und zu allgemeinen Ordnungsstörungen im öffentlichen Raum. Mit dem vorliegenden Curriculum des SWaPOL-Trainings kann nun auf lokaler Ebene eine Partnerschaft zwischen Polizei und Sozialer Arbeit nachhaltig verankert werden.
Verbrechen sind sowohl für deren Opfer als auch für die zufälligen Zeugen einschneidende Erlebnisse. Nicht selten werden hierbei ihre bisherigen Grundannahmen massiv erschüttert. Je nach Vorerfahrungen, psychischer Stabilität, Alter und sozialer Resilienz kann die Begegnung mit Kriminalität - insbesondere als Opfer von Gewaltkriminalität - von temporären oder partiellen Vermeidungshandlungen bis hin zu traumatischen Wesensveränderungen führen. Wissenschaftliche Studien, hauptsächlich zum Wohnungseinbruch und zum sexuellen Missbrauch, untermauern inzwischen die Erfahrungen aus dem Dienstbetrieb. In diesem Beitrag soll es um die Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse für die polizeiliche Ermittlungsarbeit gehen. Nicht nur bei der Arbeit mit traumatisierten Opfern von Gewaltverbrechen muss die Polizei, um erfolgreich sein zu können, besonders geschult vorgehen. Auch bei der Befragung von Zeugen, die oft selbst geschockt sind und an Schuldgefühlen leiden, erscheint ein hohes Maß an psychologischem Einfühlungsvermögen geboten. Erst recht ist ein solches notwendig, wenn es sich dabei um Minderjährige handelt, oder aber Personen befragt werden sollen, die der Amtssprache nicht mächtig sind. Es kann im Folgenden nicht darum gehen, aus Polizisten auch noch Traumaexperten machen zu wollen. Es soll aber darum gehen, ihnen ein Handwerkszeug für die Verbrechensaufklärung zu geben, wenn Opfer, Zeugen oder gar gefasste Täter traumatisiert sind oder zu sein scheinen. Des Weiteren gibt dieser Artikel eine Vielzahl an Hinweisen zur Psychoedukation, zur Stärkung der Resilienz und zum Erhalt der Gesundheit für die ermittelnden Beamten, deren hoher ethisch-moralischer Selbstanspruch häufig sogar für die Berufswahl entscheidend war. Ihnen fällt es mitunter schwer, nicht vom Mitgefühl ins Mitleid zu driften und Ohnmacht nicht in Wut umschlagen zu lassen. Solche Übersprungreaktionen sind menschlich vollkommen nachvollziehbar, dennoch gefährden sie das eigene Wohlergehen und eine erfolgreiche Ermittlungstätigkeit gleichermaßen.
S. 66 - 77, Beitrag
Polizeiliche Werte von Individuen und Gruppen
Anlässlich der aktuell geführten Diskussion um Werte von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten besteht ein gesteigertes Interesse an der Messung polizeilicher Werte. In der vorliegenden Studie wurden 240 Beamtinnen und Beamte der Polizei Nordrhein-Westfalen zu ihren individuellen Werten sowie den gelebten Werten in ihrer Organisationseinheit befragt. Darüber hinaus wurden Stressoren und Arbeitszufriedenheit mit Hilfe etablierter Fragebögen erhoben. Ein zentraler Befund ist, dass die in Gruppen gelebten Werte durchaus von den individuellen Werten der einzelnen Mitglieder abweichen können. Eine hohe Wertepassung zwischen einer Person und ihrer Gruppe weist dabei eine positive Korrelation mit der Arbeitszufriedenheit auf. Die Zufriedenheit fällt zudem höher aus, je stärker die Team- und Gewissenhaftigkeitskultur in der Gruppe erlebt werden. Daneben bestehen Zusammenhänge zwischen Stressoren, die auf eine Gruppe einwirken, und ihrer Werteorientierung. Stark operativ belastete Gruppen haben demnach eine höhere Ausprägung konservativ-männlicher Kultur. Im Hinblick auf individuelle Werte zeigen sich bei den teilnehmenden Frauen niedrigere Ausprägungen in den Bereichen konservativ-männlicher und institutionspatriotischer Werte. Die Ergebnisse werden in Bezug auf die Entstehung von Werteorientierungen interpretiert und es werden Empfehlungen zur Messung polizeilicher Werte auf der Grundlage der bisherigen Studien gegeben.
S. 78 - 88, Beitrag
Evaluation in der Extremismusprävention
In der Extremismusprävention besteht dringender Bedarf nach Evidenzbasierung, herrscht doch trotz einer Vielzahl an Programmen und Maßnahmen nach wie vor ein Mangel an fundierten Evaluationsstudien. Der Artikel präsentiert ein Projekt, bei dem eine Online-Kampagne gegen Extremismus entwickelt wurde, und fokussiert auf die wissenschaftliche Begleitforschung, die einen experimentellen Evaluationsansatz verfolgt und quantitative mit qualitativen Methoden kombiniert. Im Rahmen des Projekts wurde ein interaktives Online-Spiel entwickelt, das Jugendliche über Ursachen und Verläufe von Radikalisierungsprozessen aufklären möchte. Die Evaluation konnte zeigen, dass Jugendliche nach dem Spielen des Spiels ihre Haltung gegenüber extremistischen Narrativen veränderten: Sie stimmten Aussagen, die auf typische extremistische Argumentation Bezug nahmen, also beispielsweise Gewalt legitimierten oder Verschwörungstheorien propagierten, signifikant weniger zu als vor dem Spielen. Wenn sie das Online-Spiel im Zuge eines Präventionsworkshops spielten, wiesen sie danach zudem niedrigere Zustimmungswerte zu autoritären Einstellungen auf. Die eigene Einschätzung der Lerneffekte durch das Spiel war durchwegs hoch, wobei jene, die das Spiel im Rahmen eines Workshops gespielt hatten, noch größere Lerneffekte beobachteten. Eine Fokusgruppe ergab, dass sich die Teilnehmenden mehr alternative Handlungsoptionen hinsichtlich der Frage, wie man sich politisch engagieren und Ungerechtigkeiten auf demokratische Art und Weise bekämpfen könne, gewünscht hätten. Nach eigenen Angaben haben sie jedoch viel über individuelle Radikalisierungsprozesse und die Rekrutierungsstrategien extremistischer On- und Offline-Akteure gelernt. Trotz einiger Einschränkungen bei der Datenerhebung durch die COVID-19-Pandemie liefert die Evaluation interessante Erkenntnisse über die Wirkung des Online-Spiels zur Radikalisierungsprävention.
„Seine Majestät hat gelacht!“ Damit endete zumindest in der Literatur eine Episode, die am 16. Oktober 1906 begonnen hatte, als der Schuhmacher Friedrich Wilhelm Voigt, als Hauptmann des preußischen 1. Garde-Regiments zu Fuß verkleidet, mit einem Trupp gutgläubiger Soldaten in das Rathaus der Stadt Köpenick bei Berlin eindrang, den Bürgermeister verhaftete und die Stadtkasse raubte. Für diese „Köpenickiade“ wurde Voigt zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, von Kaiser Wilhelm II. jedoch begnadigt und am 16. August 1908 vorzeitig aus der Haft entlassen. Dieses Ereignis ist auf ein großes öffentliches Interesse gestoßen. Der Hauptmann von Köpenick wurde zum „Eulenspiegel des wilhelminischen Militärstaats“. Aber neben Belustigung und Schadenfreude fragte man sich auch: Wie konnte ein Offizier ohne jegliche Legitimation, außer seiner Uniform, die Zivilgewalt außer Kraft setzen? Ungefähr zur selben Zeit wie Friedrich Wilhelm Voigt im Deutschen Reich trieb in Österreich-Ungarn ebenfalls ein Uniformierter „allerlei Schabernack“, wie es die Presse ausdrückte und außerdem feststellte, dass „der gute Mann eine kleine Berühmtheit ganz à la Schuster Voigt“ wäre. Dem „guten Mann“ hatte ebenfalls der Zauber der Montur bei seinen Verbrechen geholfen. Auch Österreich-Ungarn war wie das Deutsche Reich ein militaristischer Staat, nur eben nicht so kriegerisch wie Letzterer. Das autoritäre Gefüge der Armee und die militärische Disziplin wurden jedoch in Deutschland auf weite Bereiche der zivilen Gesellschaft übertragen. Hatte Voigt mit seiner Uniform die zivilen Stellen ausgetrickst, so bewegte sich Leopold Goldschmidt mit seiner Uniform innerhalb des Militärs wie ein Goldfisch im Wasser und übertölpelte damit das Dienstreglement.