OGH: Lehrerbewertungsplattform ist rechtskonform
- Originalsprache: Deutsch
- ZIIRBand 10
- Judikatur, 8465 Wörter
- Seiten 154 -166
- https://doi.org/10.33196/ziir202202015401
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Gerichte sind an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden gebunden. Bindungswirkung entfaltet allerdings nur der Spruch rechtsgestaltender Bescheide, nicht aber die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte Beurteilung der Rechtsfrage und ihre Begründung.
Zivilgerichte sind an die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden gebunden, wenn diese über eine im Zivilverfahren zu prüfende Vorfrage als Hauptfrage entschieden haben.
Die Privilegierung von Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken („Medienprivileg“) bedarf eines gewissen Maßes an journalistischer Bearbeitung und meinungsbildender Wirkung für die Allgemeinheit. Das bloße Errechnen des Durchschnitts der abgegebenen Bewertungen und das Zugänglichmachen dieser Durchschnittsbewertungen ist nicht ausreichend um das Medienprivileg dafür zu begründen.
Eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte kann zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen.
Der höchstpersönliche Lebensbereich, der jedenfalls die Gesundheit, das Sexualleben und das Leben in und mit der Familie erfasst, stellt den Kernbereich der geschützten Privatsphäre dar. Keinen so weitgehenden Schutz genießt die Sozialsphäre, in der eine Person als in der Gemeinschaft stehender Mensch in der Kommunikation mit Außenstehenden tritt.
Das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Namensanonymität gewährt kein allgemeines Recht den öffentlichen „Gebrauch“ des Namens eines anderen, soweit dies durch bloße Namensnennung geschieht, zu unterlassen.
An der Verbreitung unwahrer rufschädigender Tatsachenbehauptungen oder von Wertungsexzessen besteht kein von der Meinungsäußerungsfreiheit gedecktes Interesse.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anerkennt in ständiger Rechtsprechung ein legitimes Interesse von Internetnutzern ihre Identität nicht offenzulegen.
Eine Bewertung einer Person ausschließlich im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung betrifft die Sozialsphäre, die nur einen geringeren Schutz beanspruchen kann als die Privatsphäre.
Auch unsachlich motivierte Werturteile sind von der Meinungsäußerungsfreiheit erfasst, solange kein Wertungsexzess vorliegt.
Amtliche Leitsätze
- Thiele, Clemens
- Art 11 GRC
- Art 17 Abs 1 lit d DSGVO
- Lehrerbewertungsplattform
- Sozialsphäre
- § 1330 ABGB
- Art 6 Abs 1 lit f DSGVO
- Achtung des Privat- und Familienlebens
- Art 9 DSG
- Art 79 DSGVO
- Medienprivileg
- Lernsieg
- Art 8 EMRK
- Art 85 DSGVO
- Meinungsäußerungsfreiheit
- Informationsfreiheit
- ZIIR 2022, 154
- OGH, 02.02.2022, 6 Ob 129/21w, Lernsieg II
- Namensanonymität
- Schutz der Privatsphäre
- Interessensabwägung
- Wertungsexzess
- Bindungswirkung
- Medienrecht
- zulässige Datenverarbeitung
- Prangerwirkung
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