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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 10, Oktober 2019, Band 33

Zur Frage, ob ein Beschluss der Gesellschafter, den Dienstvertrag einer Gesellschafterin mit der GmbH – allenfalls in Kombination mit einer unangemessen hohen Gehaltsvereinbarung – unkündbar zu stellen als verbotene Einlagenrüc...

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Das Verbot der Einlagenrückgewähr erfasst alle Geschäfte, die einem Fremdvergleich nicht standhalten, also nicht oder nicht so geschlossen worden wären, wenn kein Gesellschafter daraus einen Vorteil zöge. Unter das Verbot der Einlagenrückgewähr fallen nicht nur offene Barzahlungen an die Gesellschafter, sondern auch im Gewand anderer Rechtsgeschäfte erfolgte verdeckte Leistungen.

Die Kapitalerhaltungsvorschriften sollen nach ihrem Sinn und Zweck jede (unmittelbare oder mittelbare) Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das Vermögen der Gesellschaft verringert. Darunter fallen Zuwendungen oder Vergünstigungen aller Art ohne Rücksicht darauf, ob sie in der Handelsbilanz der Gesellschaft (oder des Gesellschafters) einen Niederschlag finden. Unzulässig ist jeder Vermögenstransfer von der Gesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, die den Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zu Lasten des gemeinsamen Sondervermögens bevorteilt. Verboten ist nicht nur die Gewährung, sondern bereits die bloße Zusage einer unzulässigen Leistung.

Bei der Beurteilung, ob ein unzulässiger Vorteil gewährt wurde, ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzustellen, deren Ergebnis grundsätzlich einzelfallabhängig ist. Die Rechtsansicht, dass eine verbotene Einlagenrückgewähr immer einen aktuellen Vermögenstransfer voraussetze, weshalb die Einräumung immaterieller Vorteile zulässig sein müsse, ist in dieser Allgemeinheit nicht mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vereinbar. Es wurde bereits ausgesprochen, dass ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften auch in der bloßen Bestellung von Sicherheiten zugunsten von Gesellschaftern liegen kann, wenn die Gesellschaft keine angemessene, bei vergleichbaren Bankgeschäften übliche Gegenleistung erhält. Dabei ist bei einer verdeckten Rückgewähr nicht nur auf die konkreten Konditionen abzustellen, sondern auch zu prüfen, ob das betreffende Geschäft mit Außenstehenden überhaupt geschlossen worden wäre.

Es kommt für diese Beurteilung nicht darauf an, ob bei Abschluss der Vereinbarung mit einer tatsächlichen Inanspruchnahme und damit einem Vermögenstransfer zu rechnen war oder es in der Folge dazu kommt, weil bereits die Bestellung der Sicherheit eine vermögenswerte Leistung darstellt. Es genügt, wenn durch Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter oder auch zwischen diesen und Dritten dem Gesellschafter indirekt ein Vorteil zukommt, der für die Gesellschaft gleichzeitig ein Nachteil ist. Auch Sicherstellungen und die Anschaffung und bloße Überlassung von Betriebsvermögen zum Nutzen eines Gesellschafters sind, wenn kein angemessenes, fremdübliches Entgelt geleistet wurde, als verdeckte Einlagenrückgewähr anzusehen.

Verboten sind auch Zuwendungen der Gesellschaft an einen Dritten, wenn sie auf Veranlassung eines diesem nahestehenden Gesellschafters vorgenommen wurden, etwa an nahe Angehörige. Hier liegt – bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise – letztlich ebenfalls eine mittelbare Begünstigung des Gesellschafters vor. Dass im Rahmen eines Familienbetriebs die Sonderbegünstigung von Angehörigen üblich und daher von vornherein nicht der Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften zu unterstellen sei, ist daher verfehlt.

Dass die Unkündbarkeit eines Dienstvertrags für den Dienstnehmer in der Regel, abhängig von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt, einen Vorteil darstellt, weil er seine Lebensplanung auf einen relativ sicheren Arbeitsplatz einstellen kann, ist nicht zu bezweifeln. Für den Dienstgeber bedeutet eine solche Zusage eine Beschränkung seiner zukünftigen unternehmerischen Dispositionsfreiheit. Die Weiterbeschäftigung eines Gesellschafters als unkündbaren Dienstnehmer verursacht, wenn seine Arbeitskraft nicht mehr adäquat eingesetzt werden kann, weitere Lohnkosten, denen kein entsprechender Vorteil für das Unternehmen mehr gegenübersteht. Diese potentiell nachteilige Beschränkung der Handlungsfreiheit tritt bereits im Zeitpunkt der Vereinbarung ein.

Ob ein konkreter vertraglicher Kündigungsverzicht in diesem Sinn unter das Verbot der Einlagenrückgewähr fällt, oder ob hinreichende Gründe vorliegen, die einer solchen Beurteilung entgegenstehen, wie ein besonderes, objektiv begründetes Interesse der Gesellschaft an einer langfristigen Bindung gerade dieses Dienstnehmers, ist aber immer eine Frage des Einzelfalls.

  • OGH, 24.05.2019, 8 ObA 53/18d
  • LG Graz, 02.10.2017, 58 Cga 66/16i-28
  • WBl-Slg 2019/188
  • § 82 GmbHG
  • OLG Graz, 28.06.2018, 7 Ra 5/18m-33
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht

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