Zur Haftung des Zahlungsdienstleisters im Vorfeld einer Insolvenz
- Originalsprache: Deutsch
- OEBABand 66
- Berichte und Analysen, 9931 Wörter
- Seiten 699 -709
- https://doi.org/10.47782/oeba201810069901
20,00 €
inkl MwSt
Den Zahlungsdienstleister trafen bereits nach Lehre und Rsp vor der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie nur in äußerst begrenztem Umfang Warnpflichten zugunsten des Zahlungsauftraggebers oder Sorgfaltspflichten zugunsten von dessen Gläubigern. Weder das Za- DiG aF (2009), noch das ZaDiG 2018 haben daran etwas geändert. Zwar ist grundsätzlich eine Anfechtung von Zahlungsaufträgen gemäß § 28 IO denkbar; mangels Kenntnis des Grundgeschäfts und rechtlich zulässiger Möglichkeiten des Zahlungsdienstleisters, eine allfällige Benachteiligungsabsicht des Auftraggebers zu erforschen, kommt jedoch eine Anfechtung nur bei wissentlicher Durchführung eines in Benachteiligungsabsicht erteilten Zahlungsauftrags in Frage.
Durch die weitgehende Automatisierung des Zahlungsverkehrs und bei genauer Betrachtung der Risikoverteilung im Zahlungsverkehr erscheint ältere Judikatur des BGH, die gewisse Warnpflichten annahm, überholt. Die Schaffung zahlreicher und weitreichender Instrumente zur Verhinderung von Bankeninsolvenzen durch den Gesetzgeber hat mE außerdem zur Folge, dass eine Warnpflicht des Zahlungsdienstleisters vor der Insolvenz der Empfängerbank nicht mehr mit ergänzender Vertragsauslegung begründet werden kann und daher entfällt. Schadenersatzansprüche des Zahlungsauftraggebers gegen seinen Zahlungsdienstleister wegen Verletzung von Warnpflichten kommen daher weder bei Insolvenz der Empfängerbank noch des Empfängers selbst in Frage.
Wenn mit einem Zahlungsauftrag eine Straftat begangen wird, kommt eine Haftung des Zahlungsdienstleisters gegenüber geschädigten Gläubigern (nur) bei vorsätzlicher Mitwirkung eines seiner Repräsentanten an derselben in Betracht. Bei Verletzung sonstiger Schutzgesetze, die Prüfpflichten im Zahlungsverkehr anordnen, käme theoretisch eine Haftung auch bei Fahrlässigkeit in Frage; jedoch ist immer der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu beachten. Dieser ist bei den Geldwäschebestimmungen, im Devisen- und im Sanktionenrecht jedenfalls zu verneinen.
In ein Zahlungssystem nach FinalitätsG eingebrachte Zahlungsaufträge können infolge ihrer Finalität nicht nach der IO angefochten werden. Ebenso scheidet jegliche Warnpflicht des Betreibers, selbst bei ersichtlich drohender Insolvenz eines Teilnehmers, aus. Nach den Intentionen der FinalitätsRL besteht auch keine Verpflichtung zur Zurückweisung von Zahlungsaufträgen, mit denen Gläubiger geschädigt werden und wohl nicht einmal für solche, mit denen eine Straftat begangen wird
- Butschek, Christian
- Zahlungssystem
- Benachteiligungsabsicht
- Bankgeheimnis
- JEL-Classification: K 35, K 14
- Auftraggeber
- Warnpflicht
- fahrlässige Unkenntnis
- Anweisung
- Zahlungsauftrag
- Finalität
- Nachteil
- Anfechtung
- Kenntnis
- Zahlungsdienstleister
- OEBA 2018, 699
- Insolvenz
- Bankenaufsicht
Weitere Artikel aus diesem Heft