Spät- und Dauerfolgen einer unzulässigen Abschalteinrichtung für das Kfz nicht vom Schutzzweck unionsrechtlicher Schutzgesetze erfasst
- Originalsprache: Deutsch
- JBLBand 145
- Rechtsprechung, 2417 Wörter
- Seiten 515 -518
- https://doi.org/10.33196/jbl202308051501
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Ein Verstoß gegen Art 5 VO (EG) 715/2007 kann den Hersteller auch dann ersatzpflichtig machen, wenn er in keinem Vertragsverhältnis zum Käufer steht, sofern dem Käufer ein Schaden entstanden ist. In einem solchen Fall haben die Mitgliedstaaten einen Schadenersatzanspruch zugunsten des Käufers gegenüber dem Hersteller vorzusehen. Dabei handelt es sich somit um einen im nationalen Recht wurzelnden Schadenersatzanspruch, der am unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz zu messen ist, also eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion für den Verstoß darstellen muss. Im Übrigen richten sich die Modalitäten dieses Schadenersatzanspruchs nach nationalem Recht (hier: unstrittig nach österreichischem Recht).
Ein Schaden, der darin besteht, dass die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs eingeschränkt ist und sich das Vermögen des Erwerbers des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs infolge unrichtiger Übereinstimmungsbescheinigung nicht entsprechend den objektiv berechtigten Verkehrserwartungen oder einem von diesen Verkehrserwartungen abweichenden Willen des Erwerbers zusammensetzt, steht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit den hier gegenständlichen Schutzgesetzen (Art 18 Abs 1, Art 26 Abs 1, Art 46 RL 2007/46/EG iVm Art 5 Abs 2 der VO [EG] 715/2007). Den gegenständlichen Normen geht es somit um den Ausgleich der objektiven Unsicherheit hinsichtlich der Fahrzeugnutzung, mit der der individuelle Fahrzeugerwerber konfrontiert ist. Nicht vom Schutzzweck dieser unionsrechtlichen Normen sind solche vom Erwerber als nachteilig empfunden Eigenschaften einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfasst, die die Gültigkeit der EG-Typengenehmigung oder der Übereinstimmungsbescheinigung nicht infrage stellen und keine Unsicherheit hinsichtlich der Möglichkeit der Fahrzeugnutzung mit sich bringen.
Durch erhöhten Einspritzdruck und vermehrte Abgasrückführung verursachte Spät- und Dauerfolgen (wie Schäden im Bereich des Abgasrückführsystems, insbesondere Abgasrückführventil, Abgasrückführkühler, Injektoren und Dieselpartikelfilter) stehen nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit den hier gegenständlichen unionsrechtlichen Schutzgesetzen, die nicht die Vermeidung solcher Schäden (auch nur mit-)bezwecken.
- § 1311 ABGB
- LG Innsbruck, 28.07.2022, 2 R 90/22g
- Art 5 VO (EG) 715/2007
- Öffentliches Recht
- OGH, 16.05.2023, 10 Ob 17/23g
- Straf- und Strafprozessrecht
- Europa- und Völkerrecht
- Allgemeines Privatrecht
- BG Rattenberg, 20.01.2022, 1 C 584/20i
- Zivilverfahrensrecht
- JBL 2023, 515
- Arbeitsrecht
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