Einstweilige Anordnungen durch das Verwaltungsgericht
- Originalsprache: Deutsch
- WBLBand 29
- Rechtsprechung, 336 Wörter
- Seiten 59 -59
- https://doi.org/10.33196/wbl201501005901
30,00 €
inkl MwSt
Der VwGH hat bereits mehrmals ausgesprochen, es sei nicht ausgeschlossen, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht – über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Falle seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus – einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde (vgl etwa VwGH 13.10.2010, 2010/12/0169, sowie VwGH 4.10.2013, 2013/10/0171, jeweils mwN ua auf Rsp des EuGH). Diese Rsp ist auch auf die ab 1.1.2014 geschaffene neue Rechtslage des VwGG weiterhin sinngemäß anzuwenden.
Dem VwGG lässt sich (auch) nach der Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Regelung entnehmen, die eine Zuständigkeit des VwGH oder des VwG zur Erlassung einstweiliger Anordnungen vorsähe. Mangels entsprechender Zuständigkeitsregeln ist daher zur Bestimmung der Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Anordnungen im Revisionsverfahren von der „sachnächsten“ Zuständigkeit auszugehen (vgl etwa VwGH 27.6.2007, 2007/04/0034, mwN). „Sachnächstes“ Gericht für die Prüfung der Erlassung einstweiliger Anordnungen ist das VwG.
§ 30a Abs 3 VwGG zeigt, dass der Bundesgesetzgeber den einstweiligen Rechtsschutz im Revisionsverfahren zunächst den VwG zuweist. Die Pflicht zur „unverzüglichen“ E iSd § 30a Abs 3 VwGG korreliert mit dem Umstand, dass die Revision beim VwG einzubringen ist (dieses hat daher als erstes Kenntnis von der Revision und dem Antrag auf einstweiligen Rechtschutz), also bei jenem Gericht, welches zu diesem Zeitpunkt die genaueste Kenntnis über die der Revision zugrunde liegende Fallkonstellation besitzt und daher am raschesten die erforderliche Interessenabwägung im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes vornehmen kann. Nicht ohne Grund überträgt der Bundesgesetzgeber dem VwG in § 25a Abs 1 VwGG zunächst die Prüfung, ob die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
An der Zuständigkeit des VwG als „sachnächstes“ Gericht zur E über einen Antrag auf einstweilige Verfügung kann selbst die Vorlage der Revision durch das VwG an den VwGH nichts ändern. Auch eine verfassungskonforme Betrachtung legt dies nahe.
- VwGH, 29.10.2014, Ro 2014/04/0069
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- § 30a Abs 3 VwGG
- WBl-Slg 2015/19
Weitere Artikel aus diesem Heft