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Juristische Blätter

Heft 1, Januar 2016, Band 138

Grundsatz der sachlichen Unmittelbarkeit und Verwertung eines Prüfberichts der OeNB als Beweismittel

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Der Grundsatz der (sachlichen) Unmittelbarkeit ist „kein Gut an sich, kein sogenannter Selbstzweck“; er ist vielmehr Mittel zur Wahrheitsfindung, steht in einem Spannungsfeld zur Prozessökonomie und ist daher unter gewissen Voraussetzungen auch verzichtbar. In aller Regel wird ein Rückgriff auf das „sachnächste“, „unmittelbare“ Beweismittel wünschenswert sein, doch lassen sich hier keine absoluten Aussagen treffen. Massenverfahren erfordern nicht zuletzt in Hinblick auf das Grundrecht auf ein faires Verfahren (Art 6 EMRK) ein möglichst rationelles Vorgehen bei der Beweisaufnahme, das Dauer und Kosten der Verfahren im Rahmen hält.

Auch im Zivilverfahren kommt – wie dies § 46 AVG für das Verwaltungsverfahren statuiert – als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falls zweckdienlich ist. Die Frage, inwieweit durch Aufnahme unmittelbarer Beweise ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten ist, fällt in den – den Tatsacheninstanzen vorbehaltenen – Bereich der Beweiswürdigung.

Ein Prüfbericht der OeNB ist insofern keine öffentliche Urkunde iS des § 292 ZPO, als er (etwa nach Parteiengehör) als erforderlichenfalls zu ergänzende Sachverhaltsgrundlage für etwaige von der FMA angeordnete Verfügungen oder Erklärungen (behördliche Maßnahmen), nicht jedoch dazu dient, selbst bestimmte Tatsachen zu beurkunden, zu erklären bzw zu bezeugen. Der OeNB-Bericht, der weder schriftliche Zeugenaussage noch Gerichtsgutachten ist und für den Zivilprozess am ehesten – eine streng kategorische Einordnung zu den nicht taxativ aufgezählten Beweismitteln ist nicht zwingend erforderlich – dem Urkundenbeweis gleichgestellt werden kann, kann ergänzt oder widerlegt werden. Gegen die Verwertung des Prüfberichts der OeNB bestehen keine Bedenken.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens muss immer ein „Zuwenig“ sein; ein „Zuviel“ ist schon begrifflich nicht geeignet, die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern. Insoweit kann die Aufnahme eines einzelnen Beweismittels als solche nie eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darstellen. Entscheidend ist vielmehr, ob andere beantragte Beweise nicht aufgenommen wurden und deswegen eine zu bemängelnde Unvollständigkeit der Entscheidungsgrundlage besteht.

In der Verwendung eines Aktes des UVS entgegen § 281a ZPO kann (angesichts des offenbar bekannten Inhalts dieses Akts) kein einer Nichtigkeit in seiner Schwere gleichkommender Verstoß erkannt werden; die Vorgangsweise kann aber einen wesentlichen Verfahrensmangel begründen. Diese Mangelhaftigkeit ist jedoch insoweit ohne Belang, als die allein darauf gestützten Feststellungen nicht entscheidungswesentlich sind.

Wird ein Schadenersatzanspruch auf die Verletzung eines Schutzgesetzes gestützt, dann hat der Geschädigte den Schadenseintritt und die Verletzung des Schutzgesetzes als solche zu beweisen. Für Letzteres reicht der Nachweis aus, dass die Schutznorm objektiv übertreten wurde. Hingegen hat dann der Schädiger den Nachweis zu erbringen, dass ihm die objektive Übertretung des Schutzgesetzes nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist.

  • § 1311 ABGB
  • OLG Wien, 19.12.2014, 2 R 145/14d
  • OGH, 22.10.2015, 1 Ob 39/15i
  • Art 6 EMRK
  • § 412 ZPO
  • Öffentliches Recht
  • § 48d Abs 1 BWG
  • Straf- und Strafprozessrecht
  • Europa- und Völkerrecht
  • JBL 2016, 49
  • HG Wien, 13.06.2014, 56 Cg 184/12w
  • Allgemeines Privatrecht
  • § 1298 ABGB
  • § 503 Z 2 ZPO
  • § 281a ZPO
  • § 79 BWG
  • Zivilverfahrensrecht
  • § 301 ZPO
  • § 292 Abs 1 ZPO
  • Arbeitsrecht
  • § 496 Abs 1 Z 2 ZPO

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