Erfolgsort nach Art 5 Nr 2 LGVÜ 2007 bei reinen Vermögensschäden / § 261 Abs 6 ZPO und internationale Zuständigkeit
- Originalsprache: Deutsch
- JBLBand 141
- Rechtsprechung, 5944 Wörter
- Seiten 651 -657
- https://doi.org/10.33196/jbl201910065101
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§ 27a Abs 1 JN stellt lediglich auf das Bestehen eines gesetzlichen Gerichtsstands im Inland ab. Die internationale Zuständigkeit ist selbständige Prozessvoraussetzung, die mit der örtlichen Zuständigkeit nahe verwandt, aber doch klar von ihr zu trennen ist. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die vom Kläger herangezogenen Zuständigkeitstatbestände des LGVÜ sowohl die internationale als auch die örtliche Zuständigkeit regeln. § 261 Abs 6 ZPO nimmt nur auf die örtliche und sachliche Zuständigkeit Bezug und ist auf die internationale Zuständigkeit grundsätzlich nicht anwendbar, sodass eine Überweisung an das zuständige ausländische Gericht nicht in Betracht kommt.
Die internationale Unzuständigkeit könnte das Adressatgericht nur dann aussprechen, wenn weder es selbst noch das überweisende Gericht international zuständig wären. Daher ist auch das Klagevorbringen, das die (internationale) Zuständigkeit des überweisenden Gerichts begründen könnte und von diesem allenfalls unrichtig beurteilt wurde, zu berücksichtigen und der Entscheidung über die internationale Zuständigkeit zugrunde zu legen. Eine Bindungswirkung kommt nur in Bezug auf die vom Überweisungsgericht verneinte örtliche Zuständigkeit überhaupt in Betracht. Zur Frage der internationalen Zuständigkeit österreichischer Gerichte an sich wegen des Bestehens eines inländischen Gerichtsstands iS des § 27a JN vermag die Überweisungsentscheidung hingegen keine Bindungswirkung zu entfalten. Damit ist anhand sämtlicher Klageangaben zu beurteilen, ob sich daraus ein inländischer Gerichtsstand für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ergibt.
Bei Auslegung des LGVÜ 2007 kann weitestgehend die zur EuGVVO ergangene Literatur und Judikatur herangezogen werden.
Bei Bestimmung des Erfolgsorts nach Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007 bei reinen Vermögensschäden sprechen folgende Sachverhaltselemente für die Zuweisung der Zuständigkeit an österreichische Gerichte: Der Zahlungsfluss ging vom österreichischen Konto des Klägers aus, auch die Vertragsunterlagen, durch die der Kläger seine ihn letztlich schädigende Verpflichtung einging, unterfertigte er an seinem österreichischen Wohnsitz. Das Konto, auf das der Kläger seine Ansparbeträge überwies, wurde in Österreich geführt. Auch wenn man die Klageangaben dahin auslegen wollte, dass eine ursprüngliche Täuschung oder Veruntreuungshandlung zum Zeitpunkt der Abgabe der Vertragserklärung oder der Überweisung durch den Kläger noch nicht erfolgt war, sondern es sich um eine nachträgliche Veruntreuungshandlung gehandelt haben sollte, wäre der Erstschaden, zu dem der Beklagte beigetragen haben soll, in Österreich eingetreten. Weiß der Beklagte, dass die von ihm ausgestellte Bestätigung dazu dienen soll, österreichische Anleger anzuwerben, ist auch die erforderliche Vorhersehbarkeit eines Erfolgsorts in Österreich gegeben.
- OGH, 20.02.2019, 5 Ob 240/18g
- Art 5 Nr 3 LGVÜ 2007
- § 27a JN
- Öffentliches Recht
- JBL 2019, 651
- Straf- und Strafprozessrecht
- Europa- und Völkerrecht
- LG Salzburg, 16.10.2018, 22 R 273/18b
- Allgemeines Privatrecht
- Art 15 LGVÜ
- BG Salzburg, 10.08.2018, 17 C 378/18b
- § 261 Abs 6 ZPO
- Zivilverfahrensrecht
- Arbeitsrecht
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