Zum Widerruf der Nachstiftung
- Originalsprache: Deutsch
- WBLBand 28
- Rechtsprechung, 5030 Wörter
- Seiten 344 -350
- https://doi.org/10.33196/wbl201406034402
30,00 €
inkl MwSt
Nachträgliche Vermögenswidmungen durch den Stifter außerhalb von Stiftungs- und Stiftungszusatzurkunde bezeichnet man als „Nachstiftungen“. Diese sind eine Form der Zustiftung, die der Annahme durch die Stiftung bedarf.
Der durch eine Nachstiftung bewirkten Vermögenszuwendung liegt grundsätzlich ein altruistisches Element zugrunde, weil der Stifter von der Stiftung keine Gegenleistung erhält. Dieses kann im Einzelfall fehlen, etwa wenn sich ein Stifter umfassende Einwirkungsmöglichkeiten vorbehalten hat, wie das Widerrufs- und Änderungsrecht und die Letztbegünstigtenstellung.
§ 948 ABGB über den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks ist nach seinem Zweck auf (echte) Nachstiftungen anwendbar, weil sich ein Geschenkgeber auch von einer Privatstiftung eine „gewisse Dankbarkeit“ erwarten darf.
Die Privatstiftung ist als juristische Person ein Verband iSd § 1 VbVG. Zu ihren Entscheidungsträgern iSd § 2 Abs 1 VbVG zählen insbesondere die Mitglieder des Stiftungsvorstands, gegebenenfalls auch der Stifter.
Wegen groben Undanks kann eine Nachstiftung nur widerrufen werden, wenn eine strafbare Handlung vorliegt, die der Privatstiftung nach den Kriterien des VbVG zuzurechnen und die gegen den Nachstifter gerichtet ist und diesen an Leib, Ehre, Freiheit oder Vermögen verletzt.
Der Vorstand der Privatstiftung verwaltet das Vermögen der Privatstiftung, nicht jenes der (Nach-)Stifterin. Nicht geeignet den Tatbestand der Untreu zu verwirklichen sind mittelbare Nachteile Dritter („Reflexschäden“), wie etwa der von einem Begünstigten behauptete wirtschaftliche Nachteil wegen vorenthaltener Begünstigtenleitungen.
Sind Nachstiftungen als zivilrechtliche Schenkungsverträge zu qualifizieren, gelten für sie die schenkungsrechtlichen Bestimmungen einschließlich der §§ 948 f ABGB. Das schließt den Rückgriff auf die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage aus, weil dieser dort zu unterbleiben hat, wo das Gesetz selbst die Auswirkungen veränderter Verhältnisse – wie zB in den Fällen der §§ 948, 949 ABGB – regelt und damit ein Instrumentarium zur Verfügung stellt, auf die Auswirkungen geänderter Verhältnisse zu reagieren.
- § 3 VbVG
- § 153 StGB
- LG Klagenfurt, 27.07.2012, 20 Cg 180/11i
- OGH, 04.11.2013, 10 Ob 22/13b
- WBl-Slg 2014/118
- § 901 ABGB
- § 1435 ABGB
- § 1266 ABGB
- § 1 VbVG
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- § 948 ABGB
- § 2 PSG
- § 2 VbVG
- § 3 PSG
- OLG Graz, 30.01.2013, 4 R 247/12v
- § 1 PSG
- § 76 GmbHG
- § 122 GmbHG
- § 156 StGB
Weitere Artikel aus diesem Heft