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Doppelvertretung als Interessenkollision eines als Sachwalter bestellten Rechtsanwalts

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Bei Beurteilung der Eignung einer dem Behinderten nahestehenden Person zum Sachwalter ist auf mögliche Interessenkollisionen Bedacht zu nehmen. Die Möglichkeit einer Interessenkollision ist bei nicht nahestehenden Personen als Sachwalter – wie hier bei einem Rechtsanwalt – ebenso ernst zu nehmen.

Die Gefahr einer (auch standesrechtlich zu beachtenden) Interessenkollision zwischen den Interessen von ständigen Mandanten des als Sachwalter bestellten Rechtsanwalts einerseits und des Betroffenen andererseits ist evident, wenn wegen des behaupteten unleidlichen Verhaltens des Betroffenen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Rechtsanwalt gegen die Interessen des Betroffenen seinen Mandanten (hier: Vermieter und Hausverwaltung) raten müsste, den Mietvertrag mit dem Betroffenen wegen dieses seines Verhaltens aufzukündigen. Das in § 10 Abs 1 RAO statuierte Verbot der Doppelvertretung ist sowohl begrifflich als auch aus der Sicht rechtspolitischer Zielsetzung als weitreichend zu verstehen. Es betrifft überhaupt alle Rechtskonstellationen, in denen Interessenkollisionen zweier Parteien vorliegen bzw sich bereits abzeichnen. Der Begriff der „Gegenpartei“ iS des § 10 RAO ist weit auszulegen, er ist demnach nicht nur auf die formal prozessbeteiligten Personen beschränkt, sondern es ist auch auf den Widerstreit der Interessenlagen abzustellen. Eine unechte (formelle) Doppelvertretung ist wegen Interessenkollision disziplinarrechtlich selbst dann fassbar, wenn sie im Einzelfall ohne Vertrauensbruch gegenüber dem Klienten oder ohne dessen Schädigung realisiert wurde. Die unechte Doppelvertretung ist selbst dann disziplinär, wenn auch nur die konkrete Gefahr einer Interessenkollision besteht. Unter „vertreten“ iS des § 10 Abs 1 RAO ist nicht allein das Einschreiten auf Grund einer Vollmacht zu verstehen, sondern jede anwaltliche Tätigkeit. Der Begriff der „zusammenhängenden Sache“ ist dem Regelungszweck entsprechend weit auszulegen.

  • § 278 Abs 1 ABGB
  • JBL 2017, 311
  • BG Traun, 22.04.2016, 1 P 310/15y
  • Öffentliches Recht
  • Straf- und Strafprozessrecht
  • Europa- und Völkerrecht
  • Allgemeines Privatrecht
  • Zivilverfahrensrecht
  • § 279 Abs 1 ABGB
  • LG Linz, 27.06.2016, 15 R 225/16p
  • OGH, 19.12.2016, 2 Ob 164/16f
  • Arbeitsrecht
  • § 10 RAO

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