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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 8, August 2015, Band 29

Zuständigkeitsübergang im Säumnisbeschwerdeverfahren

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Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gem Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) dient dem Rechtsschutz wegen Säumnis der Behörden. Zweck dieses Rechtsbehelfes ist es, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in seiner Sache zu erlangen.

Anders als in § 73 Abs 2 AVG hat der Gesetzgeber im VwGVG nicht festgelegt, dass schon mit der Antragstellung die Zuständigkeit, die fragliche Sache zu erledigen, auf das angerufene Verwaltungsgericht übergeht. Vielmehr räumt § 16 Abs 1 VwGVG der Verwaltungsbehörde von Gesetzes wegen die Möglichkeit ein, innerhalb einer Frist von drei Monaten den Bescheid zu erlassen, ohne dass es erforderlich wäre, dass ihr dafür vom Verwaltungsgericht ausdrücklich eine Frist eingeräumt werden müsste. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen (§ 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG). Daraus ergibt sich, dass nach dem VwGVG die Zuständigkeit, in der fraglichen Verwaltungssache zu entscheiden, nicht schon allein dann auf das Verwaltungsgericht übergeht, wenn sich die Säumnisbeschwerde als zulässig und iSd § 8 Abs 1 zweiter Satz VwGVG begründet darstellt.

§ 28 Abs 7 VwGVG begründet nicht etwa Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes. Vielmehr setzt die Anwendung dieser Bestimmung voraus, dass dem Verwaltungsgericht (bereits) die Zuständigkeit zukommt, über die Verwaltungssache zu entscheiden. Es besteht nach Ansicht des VwGH kein Zweifel, dass (auch) eine Säumnisbeschwerde gem § 12 VwGVG bei der (säumigen) Verwaltungsbehörde einzubringen ist und sohin die in § 16 Abs 1 VwGVG vorgesehene Frist von drei Monaten erst mit Einlangen bei der säumigen Behörde zu laufen beginnt.

Zu Devolutionsanträgen nach dem AVG vertritt der VwGH in seiner Rsp die Ansicht, dass ein Spruchpunkt, mit dem einem Devolutionsantrag stattgegeben wird, keinen selbständigen rechtlichen Gehalt aufweist. Jede Behörde hat bei Fällung einer Entscheidung ihre dafür gegebene Zuständigkeit zu prüfen; in der Fällung einer Sachentscheidung liegt immer die zumindest implizite Bejahung der Zuständigkeit. Nichts anderes gilt für den Fall, dass eine Behörde ihre Zuständigkeit auf Grund eines von ihr als zulässig qualifizierten Devolutionsantrages bejaht. Es ist daher entbehrlich, die Stattgebung eines Devolutionsantrages in Form eines ausdrücklichen Abspruches auszusprechen; ein solcher Abspruch ist gesetzlich auch nicht vorgesehen. Es ist ausreichend, dass in der Begründung entsprechend dargelegt wird, weshalb die Behörde davon ausgeht, dass sie ihre Zuständigkeit auf Grund des Devolutionsantrages bejaht.

Diese Überlegungen sind nach Ansicht des VwGH auf die Rechtslage nach dem VwGVG zu übertragen. In jenem Fall, in dem die Verwaltungsbehörde den Bescheid nachholt, ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gem § 16 Abs 1 zweiter Satz VwGVG einzustellen. Erweist sie sich als unzulässig, ist sie zurückzuweisen; ist sie nicht berechtigt, ist sie abzuweisen. Geht aber – infolge einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde nach Vorlage derselben oder Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs 1 VwGVG – die Zuständigkeit, über die betriebene Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht über, hat es allein in der Verwaltungssache zu entscheiden, ohne dass ein ausdrücklicher Abspruch über die Stattgebung der Säumnisbeschwerde vorzunehmen ist (ungeachtet dessen ist auch diesfalls davon auszugehen, dass ein solcher Ausspruch – wie im Fall der Absprache über die Stattgebung eines Devolutionsantrages – regelmäßig bezogen auf subjektive Rechte keine Verletzung in solchen bewirken wird). Es ist hinreichend, aber mit Blick auf die Pflicht zur Begründung von nicht bloß verfahrensleitenden Entscheidungen gem § 29 Abs 1 VwGVG auch geboten, jene Gründe, die dazu geführt haben, dass das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit bejaht, in der Begründung jener Entscheidung, mit der über die Verwaltungsangelegenheit abgesprochen wird, offenzulegen. Auch dies unterliegt nämlich – unter den Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG – der Überprüfung durch den VwGH.

  • Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG
  • § 16 VwGVG
  • WBl-Slg 2015/166
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht
  • § 28 Abs 7 VwGVG
  • VwGH, 27.05.2015, Ra 2015/19/0075

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