Fälschlich bezeichnete Rechtsmittel, Bezugspunkt des erweiterten Vorsatzes beim Amtsmissbrauch, Vermögensbegriff bei §§ 144 und 302 StGB
- Originalsprache: Deutsch
- JSTBand 10
- Judikatur, 1951 Wörter
- Seiten 130 -133
- https://doi.org/10.33196/jst202302013001
20,00 €
inkl MwSt
Wenngleich es bei der Anmeldung eines Rechtsmittels weder auf den Wortlaut noch auf die Einhaltung einer bestimmten Form ankommt, muss zur Rechtzeitigkeit und Beachtlichkeit einer Nichtigkeitsbeschwerde deutlich und bestimmt erklärt werden, ein bezeichnetes Urteil wegen des Vorliegens von Nichtigkeitsgründen anzufechten. Eine Erklärung, die Nichtigkeitsgründe nicht einmal ansatzweise behauptet, wird diesem Erfordernis nicht gerecht. Erklärt der Angeklagte erstmals in der Rechtsmittelausführung, somit nach Ablauf der Fristen der §§ 284 Abs 1 1. Satz und 294 Abs 1 StPO, Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zu erheben, sind erstere gem §§ 285d Abs 1 Z 1 iVm 285a Z 1 StPO und letztere gem §§ 296 Abs 2 iVm 294 Abs 4 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Der wissentliche Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift begründet dann Missbrauch der Amtsgewalt, wenn der begleitende Schädigungsvorsatz nicht nur auf ordnungsgemäße Führung des Verfahrens, sondern auf die Vereitelung des von dieser Vorschrift verfolgten Schutzzwecks gerichtet ist. Mit Blick auf die festgestellte subjektive Ausrichtung eines Angeklagten, der die Retournierung (vorläufig) behördlich abgenommener Kennzeichentafeln und die Einstellung eines (noch nicht rechtskräftig beendeten) Verfahrens über die Aufhebung der Zulassung eines Kraftfahrzeugs, dessen Zulassungsbesitzer eine aufgelöste juristische Person ist, intendierte, kann etwa das Recht des Staates auf Richtigkeit der Zulassungsevidenz als Bezugspunkt des Schädigungsvorsatzes in Frage kommen.
Der staatliche Strafanspruch und damit im Verwaltungsstrafverfahren über den Angeklagten verhängte Geldstrafen unterliegen nicht dem Vermögensbegriff des § 144 Abs 1 StGB, weil mit der Einhebung einer Geldstrafe keine Vermögensinteressen verfolgt werden, sondern die Wirksamkeit der (im gegebenen Zusammenhang verwaltungsbehördlichen) Strafverfolgung sichergestellt wird.
- § 285d StPO
- Strafrecht- und Strafprozessrecht
- § 285a StPO
- § 296 StPO
- § 302 StGB
- § 284 StPO
- § 294 StPO
- JST-Slg 2023/17
- § 144 StGB
- OGH, 24.01.2023, 14 Os 104/22h
Weitere Artikel aus diesem Heft