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KSÜ: autonome Auslegung des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“; keine perpetuatio fori; Kontakte über „Skype“ vom „Recht zum persönlichen Umgang“ erfasst

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Der Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ wird im KSÜ (Haager Kinderschutzübereinkommen, BGBl III 49/2011) nicht definiert, sodass er autonom auszulegen ist. Das bedeutet, dass dieser Begriff als zentraler Anknüpfungspunkt für die Begründung der internationalen Zuständigkeit nach dem Wortlaut und dem Kontext des Übereinkommens sowie dessen Zielen zu bestimmen ist. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nach Art 5 KSÜ ist gleich auszulegen wie in den diesen Begriff enthaltenden Bestimmungen des MSÜ (Minderjährigenschutzübereinkommen, BGBl 446/1975) und der Brüssel IIa-VO, weil den Zielsetzungen der genannten internationalen Übereinkommen der Schutz der Person des Kindes (das Kindeswohl) und die räumliche Nähe der zur Entscheidung berufenen Stellen zugrunde liegen. Dazu kann auf bestehende Rsp zurückgegriffen werden.

Art 5 KSÜ knüpft an den Aufenthalt des Kindes als einen eigenständigen und grundsätzlich nicht von den Eltern oder sonst Obsorgeberechtigten abgeleiteten Tatbestand an. Je jünger ein Kind ist, desto mehr Gewicht wird aber dem gewöhnlichen Aufenthalt der Person, der ihm gegenüber das Aufenthaltsbestimmungsrecht zukommt, beizumessen sein.

Da der Grundsatz der perpetuatio fori im KSÜ grundsätzlich nicht zum Tragen kommt, kann die internationale Zuständigkeit auch noch während eines zulässig anhängig gemachten Verfahrens wegfallen. Das ist nach Art 5 Abs 2 KSÜ der Fall, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Vertragsstaat verlegt, weil damit dessen (internationale) Zuständigkeit begründet wird.

Art 14 KSÜ bestimmt, dass bei einem Wegfall der Grundlage für die Zuständigkeit die nach den Art 5–10 KSÜ (von der bisher zuständigen Behörde) getroffenen Maßnahmen so lange in Kraft bleiben, bis die nach diesem Übereinkommen (neu) zuständigen Behörden sie ändern, ersetzen oder aufheben. Diese Bestimmung soll die Kontinuität des Minderjährigenschutzes, aber auch die Rechtssicherheit gewährleisten und geht davon aus, dass das Verfahren über die getroffene Maßnahme vor dem Zuständigkeitswechsel bereits abgeschlossen ist. Darüber, wann eine Maßnahme abgeschlossen ist, gibt das Übereinkommen keine Auskunft. Art 14 KSÜ bezieht sich nicht nur auf unanfechtbar gewordene, also rechtskräftige Entscheidungen. Eine Maßnahme ist vielmehr bereits dann iS des Art 14 Abs 1 KSÜ getroffen, wenn sie wirksam ist. Diese bleibt solange in Kraft, bis die Behörden des nunmehrigen Aufenthaltsorts eine anderslautende Entscheidung treffen.

Die Begriffe „access“ oder „Recht zum persönlichen Umgang“ in Art 3 lit b KSÜ sind so zu verstehen, dass sie Kontakte einschließen, die ein Elternteil aus der Ferne im Weg des Briefverkehrs, fernmündlich oder per Telefax zu seinem Kind unterhalten darf (hier: Antrag des Vaters auf persönliche Kontaktaufnahme zu seinem Sohn mittels Bild/Tonübertragung über das Internet [„Skype“]). Art 3 lit b KSÜ geht daher von einem weiten Verständnis des Begriffs „Recht auf persönlichen Verkehr“ aus. Zweck der Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen dem Kind und dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil ist die Förderung der Entwicklung des Kindes durch persönlichen Kontakt mit dem nicht erziehenden Elternteil. Diesem Zweck dienen alle Mittel der modernen Kommunikation. Auf solche Möglichkeiten wird umso mehr zurückzugreifen sein, als die Aufrechterhaltung des erforderlichen persönlichen Kontakts, etwa wegen der großen räumlichen Entfernung, sonst deutlich erschwert wird.

  • Art 14 KSÜ
  • JBL 2013, 381
  • OGH, 20.11.2012, 5 Ob 104/12y201/12p
  • Art 5 KSÜ
  • Öffentliches Recht
  • BG Thalgau, 18.10.2011, 3 PS 81/09v
  • Straf- und Strafprozessrecht
  • Europa- und Völkerrecht
  • Allgemeines Privatrecht
  • Zivilverfahrensrecht
  • LG Salzburg, 03.08.2012, 21 R 252/12y
  • Art 3 lit b KSÜ
  • BG Thalgau, 18.06.2012, 3 PS 81/09v
  • LG Salzburg, 27.04.2012, 21 R 436/11f
  • Arbeitsrecht

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