Wettbewerbsrecht: Vertikale Vereinbarungen – Mindestpreise für den Weiterverkauf, die ein Lieferant seinen Vertriebshändlern vorschreibt
- Originalsprache: Deutsch
- WBLBand 37
- Rechtsprechung, 5596 Wörter
- Seiten 501 -506
- https://doi.org/10.33196/wbl202309050101
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1. Art 101 Abs 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass die Feststellung, dass eine vertikale Vereinbarung über die Festsetzung von Mindestpreisen für den Weiterverkauf eine „bezweckte Wettbewerbsbeschränkung“ enthält, nur getroffen werden kann, nachdem festgestellt wurde, ob diese Vereinbarung unter Berücksichtigung des Inhalts ihrer Bestimmungen, der mit der Vereinbarung verfolgten Ziele sowie aller Gesichtspunkte, die den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, bilden, den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt.
2. Art 101 Abs 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine „Vereinbarung“ iS dieses Artikels vorliegt, wenn ein Lieferant seinen Vertriebshändlern Mindestpreise für den Weiterverkauf der von ihm vertriebenen Waren vorschreibt, soweit die Vorgabe dieser Preise durch den Lieferanten und ihre Einhaltung durch die Vertriebshändler Ausdruck des übereinstimmenden Willens der Parteien ist. Diese Übereinstimmung des Willens kann sich sowohl aus den Klauseln des in Rede stehenden Vertriebsvertrags ergeben, wenn dieser eine ausdrückliche Aufforderung enthält, Mindestpreise für den Weiterverkauf einzuhalten, oder den Lieferanten zumindest autorisiert, solche Preise festzusetzen, als auch aus dem Verhalten der Parteien und insb der ausdrücklichen oder stillschweigenden Zustimmung der Vertriebshändler zu der Aufforderung, sich an Mindestpreise für den Weiterverkauf zu halten.
3. Art 101 AEUV in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz ist dahin auszulegen, dass das Vorliegen einer „Vereinbarung“ iS dieses Artikels zwischen einem Lieferanten und seinen Vertriebshändlern nicht nur durch unmittelbare Beweise nachgewiesen werden kann, sondern auch durch objektive und übereinstimmende Indizien, aus denen auf das Vorliegen einer solchen Vereinbarung geschlossen werden kann.
4. Art 101 Abs 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass eine vertikale Vereinbarung über die Festsetzung von Mindestpreisen für den Weiterverkauf nahezu das gesamte, aber nicht das vollständige Hoheitsgebiet eines MS abdeckt, nicht ausschließt, dass diese Vereinbarung den Handel zwischen MS beeinträchtigen kann.
- Art 101 Abs 1 AEUV
- Leitlinien für vertikale Beschränkungen
- Art 4 lit a der VO (EU) Nr 330/2010 der Kommission vom 20. April 2010 über die Anwendung von Art 101 Abs 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen
- WBl-Slg 2023/155
- Allgemeines Wirtschaftsrecht
- EuGH, 29.06.2023, Rs C-211/22, Super Bock Bebidas SA, AN, BQ/Autoridade da Concorrência; Tribunal da Relação de Lisboa [Berufungsgericht Lissabon, Portugal]
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