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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 1, Januar 2017, Band 31

Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte

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Art 131 B-VG sieht eine Aufteilung der (sachlichen) Zuständigkeiten der VwG in Form von Generalklauseln zugunsten der LVwG in Verbindung mit einer taxativen Aufzählung jener Angelegenheiten, über die die VwG des Bundes entscheiden, vor. Gemäß Art 131 Abs 2 erster Satz B-VG ist das BVwG zuständig „in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden“. Die Zuständigkeit des BVwG knüpft also daran an, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung im Sinne des Art 102 Abs 2 B-VG erledigt wird. Rechtssachen in Angelegenheiten, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden, fallen nach der Generalklausel des Art 131 Abs 1 B-VG zur Gänze in die Zuständigkeit der LVwG. Den Erläuterungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist zudem zu entnehmen, dass eine Zuständigkeit des BVwG nicht besteht, wenn in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird, (ausnahmsweise) eine erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesministers vorgesehen ist. Somit findet sich in Art 131 Abs 2 erster Satz B-VG kein Anhaltspunkt für eine nicht auf die „Angelegenheit“ als solche, sondern auf die einzelne Rechtssache abstellende Verteilung der sachlichen Zuständigkeit zwischen dem BVwG und den LVwG.

Das „Starkstromwegerecht ist, soweit sich die Leitungsanlage auf zwei oder mehrere Länder erstreckt“ gemäß Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Es handelt sich jedoch weder um eine in Art 102 Abs 2 B-VG genannte Angelegenheit noch um einen Anwendungsfall des Art 102 Abs 4 B-VG. Eine verfassungsrechtliche Grundlage für die Vollziehung dieser Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung ist dem Starkstromwegegesetz 1968 nicht zu entnehmen. Vielmehr sieht dieses neben den erstinstanzlichen Ministerialzuständigkeiten die Möglichkeit der Delegation an die örtlich zuständigen Landeshauptmänner vor. Es ist daher – und nur darauf kommt es bei der Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit an – davon auszugehen, dass es sich beim Starkstromwegerecht um eine Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung handelt, in der ausnahmsweise erstinstanzliche Ministerialzuständigkeiten bestehen.

Gemäß § 3 Abs 2 Z 1 VwGVG richtet sich die örtliche Zuständigkeit in Rechtssachen, die nicht zur Zuständigkeit des BVwG gehören, in den Fällen des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG nach § 3 Z 1, 2 und 3 (mit Ausnahme des letzten Halbsatzes) AVG. Lässt sich die Zuständigkeit nicht gemäß § 3 Abs 1 oder 2 VwGVG bestimmen, ist das LVwG Wien zuständig (§ 3 Abs 3 VwGVG). Gemäß § 3 Z 1 AVG richtet sich – soweit die in § 1 AVG erwähnten Vorschriften wie hier nichts anderes bestimmen – die örtliche Zuständigkeit in (Verwaltungs-)Sachen, die sich auf ein unbewegliches Gut im Sinne des bürgerlichen Rechts beziehen, nach der Lage des Gutes, das den Prozessgegenstand bildet. Entscheidend zur Festlegung des Prozessgegenstandes vor dem VwG ist die Beurteilung, was im gegenständlichen Fall als Verwaltungssache anzusehen ist. In einem vom VwG zu führenden Verfahren ist dies jedenfalls jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem VwG belangten Behörde gebildet hat. In einem antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren bestimmt in erster Linie der Antragsteller, was Gegenstand des Verfahrens ist; der Antrag legt fest, was Sache des Genehmigungsverfahrens ist.

Eine zu bewilligende Starkstromleitung stellt ein unbewegliches Gut im Sinne des bürgerlichen Rechts dar. Die Lage der Leitung ist daher der Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit (§ 3 Z 1 AVG). Erlaubt die Situierung der projektierten Leitung, die sich fallbezogen über drei Bundesländer erstreckt, keine Zuordnung zum Zuständigkeitsbereich eines der LVwG, lässt sich die örtliche Zuständigkeit eines VwG für die Rechtssache aufgrund der Lage des Gutes nicht bestimmen. Die örtliche Zuständigkeit mehrerer VwG anzunehmen, kommt schon deshalb nicht in Frage, weil der bekämpfte Bescheid die Bewilligung der Leitung in ihrer gesamten Länge umfasst. Diese bekämpfte Bewilligung bildet unabhängig von der Person des Beschwerdeführers und dem sich daraus ergebenden Prüfungsumfang den Prozessgegenstand im jeweiligen Beschwerdeverfahren. Eine Entscheidung durch mehrere VwG in der identen Sache ist ausgeschlossen. Nachdem sich aufgrund der Lage des Gutes die örtliche Zuständigkeit nicht bestimmen lässt, greift der Auffangtatbestand des § 3 Abs 3 VwGVG, der die örtliche Zuständigkeit des LVwG Wien vorsieht.

  • § 3 AVG
  • VwGH, 12.09.2016, Ro 2016/04/0014 ua
  • Art 131 B-VG
  • WBl-Slg 2017/20
  • § 3 VwGVG
  • Allgemeines Wirtschaftsrecht

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