Ausgeschlossenheit wegen spezifischer Tätigkeit im Ermittlungsverfahren
- Originalsprache: Deutsch
- JSTBand 5
- Judikatur, 305 Wörter
- Seiten 432 -433
- https://doi.org/10.33196/jst201805043202
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Gemäß § 43 Abs 2 StPO ist ein Richter vom Hauptverfahren ausgeschlossen, wenn er – soweit hier von Interesse – im Ermittlungsverfahren über einen Antrag auf Einstellung entschieden hat. Sowohl aus dem Gesetzeswortlaut als auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass § 43 Abs 2 StPO nur solche Richter ausschließt, die in der jeweiligen Strafsache tätig geworden sind. Demnach führt ermittlungsrichterliches Tätigwerden im (abgesondert geführten) Verfahren gegen einen Mittäter oder sonstige Tatbeteiligte nicht zur Ausschließung (vgl RIS-Justiz RS0096914 [T17]). Andererseits ist ein Richter, der im Rahmen eines einheitlich geführten Ermittlungsverfahrens (§ 26 StPO) prozessuale Handlungen iSd § 43 Abs 2 StPO gegen einen – sodann abgesondert verfolgten (§ 27 StPO) – Mittäter gesetzt hat, vom Hauptverfahren (auch) gegen den anderen Täter ausgeschlossen, weil er zwar nicht gegen diesen, wohl aber in derselben Sache eingeschritten ist (13 Os 139/85). Ermittlungsrichterliche Tätigkeit (ausschließlich) in einem nachträglich einbezogenen, jedoch zur Gänze wieder ausgeschiedenen Verfahren begründet – mangels Sachidentität – nicht die Ausgeschlossenheit (zu alldem: Lässig, WK-StPO § 43 Rz 16). Die Neufassung des § 43Abs 2 StPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I 2009/52, sollte bewirken, dass „nur mehr solche Tätigkeiten die Ausgeschlossenheit nach sich ziehen, in denen eine intensive Auseinandersetzung mit der Verdachtslage erforderlich ist“ (ErläutRV 113 BlgNR 24. GP 37), worunter (auch) die Entscheidung über einen Einstellungsantrag fällt.
Daraus folgt, dass ein im vorangegangenen Ermittlungsverfahren befasster Richter (nur) dann vom Hauptverfahren gegen einen Angeklagten ausgeschlossen ist, wenn er im Ermittlungsverfahren in Bezug auf eine der Anklage zugrunde liegende Tat (im prozessualen Sinn; vgl Lewisch, WK-StPO § 262 Rz 22; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 502) eine Handlung gemäß § 43 Abs 2 StPO – entweder gegen den (nunmehr) Angeklagten oder einen an dieser Tat Beteiligten (§ 12 StGB), soweit das Verfahren gegen diesen nicht abgesondert geführt wurde – gesetzt hat.
- Rechtssatz der Generalprokuratur, 17.07.2018, Gw 227/18t
- Strafrecht- und Strafprozessrecht
- § 43 Abs 2 StPO
- JST-Slg 2018/7
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