Die Bestechungsdelikte nach den §§ 304 ff StGB umfassen – schon aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts – auch Vorteile, die „einem Dritten“, mithin einer vom Amtsträger verschiedenen Person zugute- bzw zukommen sollen (sofern in diesen Fällen nicht ohnehin eine verschleierte Vorteilszuwendung an den Amtsträger selbst vorliegt). Als solche „Dritte“ kommen sowohl natürliche wie auch juristische Personen – etwa Familienangehörige, politische Parteien oder Interessenvertretungen – in Betracht (Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch6 §§ 304 bis 306 Rz 20, 22; Hauss/Komenda, SbgK § 307 Rz 31 iVm § 304 Rz 83).
Zu welcher Verwendung der erlangte Vermögensvorteil nach dem Willen des Amtsträgers zugeführt, zB ob er ausschließlich im oder für das Amt genützt werden soll, ist unerheblich (RIS-Justiz RS0096036; Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch6 §§ 304 bis 306 Rz 26). Demnach kann „Dritter“ im Sinn der §§ 304 ff StGB auch jene Dienststelle sein, der der jeweilige Amtsträger angehört (vgl Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch6 §§ 304 bis 306 Rz 20; Reindl-Krauskopf, Korruptionsstrafrecht in Österreich – Überzogen oder zahnlos, in JSt 2009/2, 49 ff [54]; zur „Anstellungsbehörde“ bzw „Anstellungskörperschaft“ des Amtsträgers im deutschen Recht – jeweils zu § 331 dStGB: Sowada in LK12 Rdn 41 ff [44], MüKoStGB/Korte Rn 75 ff [80], NK-StGB-Kuhlen Rn 47 ff [50], SK-StGB/Stein/Rudolphi Rn 23a, Heine in Schönke/Schröder RN 20, 20a).
Das obiter dictum des Obersten Gerichtshofs zu 9 Os 124/77 (ÖJZ-LSK 1978/13) steht dem nicht entgegen. Danach bedeutet „Annahme eines in einer Sache bestehenden Vermögensvorteils im Sinne des § 304 StGB [...] nichts anderes als die seitens des Täters an dem Geschenk (ohne Rückstellungsabsicht an den Geschenkgeber oder Abführungsabsicht an die Behörde) erfolgte Gewahrsamsbegründung“. Damit wird – nach Ansicht der Generalprokuratur – bloß zum Ausdruck gebracht, dass ein Beamter an einer ihm zugekommenen Sache dann noch keine Gewahrsame erlangt (und somit auch noch keine Annahme nach den §§ 304 ff StGB vorliegt), wenn er die Sache weder für sich noch für seine Dienststelle annehmen will, sondern gedenkt, sie entweder an den Geschenkgeber zurückzustellen oder an seine übergeordnete Behörde (bzw an seinen unmittelbaren Vorgesetzten) „abzuführen“. Wurde hingegen – wie auch diese Entscheidung ausdrücklich betont – an einem Geschenk bereits Gewahrsame begründet, kommt es für die Beurteilung der Strafbarkeit nach den §§ 304 ff StGB nicht darauf an, welcher Verwendung der erlangte Vermögensvorteil nach dem Willen des Beamten später zugeführt werden soll (RIS-Justiz RS0096036).