Zum Hauptinhalt springen
Hanslik-​Schneider, Claudia

Gänzlicher Ausschluss der Gewährung von Verfahrenshilfe in Verwaltungsgerichtsverfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen ist verfassungswidrig

eJournal-Artikel

20,00 €

inkl MwSt

Sofortiger PDF-Download

Art 6 Abs 3 lit c EMRK sieht die unentgeltliche Beigabe eines Verteidigers lediglich bei strafrechtlichen Anklagen iSd Art 6 Abs 1 leg cit vor. Dennoch leitet der EGMR ein Recht auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers unter bestimmten Umständen auch in Verfahren über zivil­-rechtliche Ansprüche aus Art 6 Abs 1 EMRK ab. Der EGMR hielt fest, dass der Zugang zu Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse (EGMR 26.2.2002, Fall Del Sol, Appl 46.800/99, Z21) und eine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Errichtung eines Rechtsschutzsystems bestehe, das dem Einzelnen den Zugang zu Gericht auch tatsächlich möglich macht.

Nach dem derzeitigen System der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist hingegen – außer in Verfahren in Verwaltungsstrafsachen (vgl § 40 VwGVG) – die unentgeltliche Beigebung eines Verfahrenshelfers schlechthin nicht möglich. Dies wiegt umso schwerer, als den VwG eine rechtsstaatliche Filterungsfunktion zukommt und die Anrufung des VwGH im Instanzenzug seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nur noch bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung erfolgt. Der gänzliche Ausschluss der Gewährung von Verfahrenshilfe in Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, die unter Art 6 EMRK fallen, ist daher verfassungswidrig.

  • Hanslik-Schneider, Claudia
  • Art 6 Abs 1 EMRK
  • VfGH, 25.06.2015, G 7/2015
  • ZVG-Slg 2015/96
  • Verwaltungsverfahrensrecht
  • § 40 VwGVG
  • Art 6 Abs 3 lit c EMRK

Was ist neu im Verlag Österreich?
Erfahren Sie es zuerst!