Die Judikatur zu der Frage, wann eine Tatsache neu hervorgekommen ist, und sie das Finanzamt zur Wiederaufnahme von Amts wegen berechtigt, ist kasuistisch. Vom VwGH wird gesagt, er sehe die Möglichkeiten zur Wiederaufnahme großzügig und gehe in der Regel vom Neuhervorkommen aus, während das BFG in einem Fall strenger gewesen sei und die Wiederaufnahme nicht zugelassen habe. Eine Analyse zeigt, dass der VwGH durchaus ebenfalls strenge Maßstäbe an das Neuhervorkommen von Tatsachen stellt. Lediglich bei der Zurechnung des Wissensstandes von Organen des Finanzamts wich das BFG von der Judikatur des VwGH ab und nimmt die strengere Position ein.
Heft 4, Dezember 2021, Band 3
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- 2663-8428
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Inhalt der Ausgabe
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S. 171 - 173, Kurz Informiert
Stefan Schuster -
S. 174 - 179, Abgabenverfahren
Benjamin Twardosz -
S. 180 - 182, Abgabenverfahren
Patrick BrandstetterIm Fall einer Haftungsinanspruchnahme nach § 11 BAO stellt sich die Frage, inwieweit das dem Haftungsverfahren vorgelagerte Finanzstrafverfahren dem Rechtsschutzgedanken des § 248 BAO bereits Rechnung trägt und es folglich zu einer teleologischen Reduktion des Beschwerderechts kommen müsste. Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist diesbezüglich noch nicht ergangen.
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S. 183 - 186, Abgabenverfahren
Stefan SchusterDer VwGH hat zu Recht erkannt, dass es für den Abgabepflichtigen vorhersehbar sein muss, welche Mitwirkungspflichten bei der Beschaffung von Belegen in später geführten Abgabeverfahren treffen können. Widrigenfalls ist ihm die mangelnde Bereitstellung von derartigen Belegen nicht zu seinem Nachteil auszulegen.
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S. 187 - 190, Abgabenverfahren
Christoph RitzVertreterhaftungen (insbesondere nach §§ 9 und 9a BAO, § 6a KommStG 1993) geltend machende Haftungsbescheide müssen die Aufgliederung der Abgaben (zB Dienstgeberbeitrag, Kommunalsteuer) je Fälligkeitszeitpunkt enthalten; dies ist insbesondere wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes erforderlich. Eine fehlende Aufgliederung im Haftungsbescheid ist im Rechtsmittelverfahren (zB im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts) nachzuholen; allein wegen eines solchen Fehlens ist der angefochtene Haftungsbescheid im Rechtsmittelverfahren nicht aufzuheben.
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S. 191 - 198, Finanzstrafrecht
Lukas Maurer / Madeleine GrünsteidlDas Sanktionensystem im Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz wurde mit dem EU-Finanzanpassungsgesetz 2019 dahingehend adaptiert, dass nunmehr dem Unrechtsgehalt der jeweiligen Pflichtverletzung eine größere Bedeutung zukommt. Aus der Sicht der Praxis ist dieser Schritt jedenfalls zu begrüßen, wiewohl sich in der Anwendung dennoch (weiterhin) Zweifelsfragen ergeben. Zumal derzeit noch keine den Autoren bekannte Judikatur zum neu gefassten § 15 WiEReG vorliegt, werden im folgenden Beitrag eigene Lösungsansätze vorgestellt.
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S. 199 - 204, Finanzstrafrecht
Wolfgang Gurtner / Stefan PapstEs ist nach überzeugter Ansicht des BFG zweifellos davon auszugehen, dass jede/r VermieterIn, insbesondere der/die außerhalb ihres/seines Ansässigkeitsstaates eine Vermietungstätigkeit beginnt, diese sogar in erhöhtem Ausmaß zunächst auf ihre Rentabilität hin überprüft und sich deswegen sehr sorgfältig gerade eben mit den steuerlichen Folgen einer solchen Vermietung im ausländischen Staat auseinandersetzt und sich keineswegs nur oberflächlich informiert.
Es ist die unabdingbare Verpflichtung einer/s jeden Vernunftbegabten sich ganz genau, allenfalls unter Zuhilfenahme von Fachleuten wie etwa einem Steuerberater etc, über ihre/seine steuerlichen Obliegenheiten vor Beginn einer Vermietung zu erkundigen und nicht ohne fundierte steuerliche Kenntnisse betreffend des steuerlich zu bewertenden Auslandssachverhaltes für sich allein zu bestimmen, ob steuerliche Pflichten existieren oder nicht.
Zu behaupten, man habe die Bestimmungen betreffend die beschränkte Steuerpflicht nicht gekannt, sondern einfach die Bestimmungen der unbeschränkten Steuerpflicht angewendet, ist eine vordergründige Schutzbehauptung.
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S. 205 - 207, Finanzstrafrecht
Stefanie Rettenbacher / Stefan PapstWer seinen Kontrollaufgaben als Geschäftsführer nicht entspricht, hat wohl allenfalls die ihm gebotene, mögliche und zumutbare handelsrechtliche Sorgfalt verletzt, vermindert aber wohl gleichzeitig mit seiner Unzulänglichkeit auch die Wahrscheinlichkeit, im Zuge einer (tatsächlich fehlenden) Überwachung der Geschäftstätigkeit seines Mitgeschäftsführers dessen Nichtvorlage von Rechnungen bzw Nichtbekanntgabe von Geschäftsfällen und Anzahlungen gegenüber dem Steuerberater zu entdecken.
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S. 208 - 211, Finanzstrafrecht
Alexander Stieglitz / Fjolla KelmendiFür das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nach § 165 Abs 1 lit d FinStrG ist erforderlich, dass es im Abgabenverfahren zur nachträglichen Änderung der Bemessungsgrundlagen eines Abgabenanspruches gekommen ist. Eine Änderung des Abgabenanspruches infolge einer Nachsicht, einer Aussetzung der Einbringung, einer Abschreibung der fälligen Abgabenschuld wegen Uneinbringlichkeit oder wegen einer bloßen Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung nach § 206 Abs 1 lit b BAO ist allerdings kein Grund für eine Wiederaufnahme.
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S. 212 - 213, Finanzstrafrecht