Ein Produkt kann nicht zugleich Arzneimittel und Medizinprodukt sein. Erfüllt ein Produkt sowohl die Definition des Arzneimittels gemäß § 1 Abs 1 bis 3 AMG als auch die Definition eines anderen Produkts, so sind darauf ausschließlich die Bestimmungen des AMG anzuwenden.
Für die Annahme eines Arzneimittels im Sinn des AMG genügt die subjektive Zweckbestimmung. Produkte, die zwar tatsächlich keine Arzneimittel sind, aber nach ihrer Aufmachung vorgeben, die Funktion als tatsächliches Arzneimittel zu haben, sind als Präsentationsarzneimittel grundsätzlich den Bestimmungen des AMG zur Gänze unterworfen. Die „Vorrangregelung“ des § 1 Abs 3a AMG gilt auch für Präsentationsarzneimittel.
Ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke oder ein Nahrungsergänzungsmittel, dem in seiner Aufmachung heilende oder lindernde Wirkung zugeschrieben wird, ist ausschließlich nach dem Arzneimittelrecht zu beurteilen.
Nicht nur Geräte sind Medizinprodukte. § 2 Abs 1 MPG erfasst nämlich ganz allgemein „Stoffe“. Auch die Zuschreibung heilender oder lindernder Wirkung ist für die Abgrenzung nicht maßgeblich, auch Medizinprodukte dienen der Heilung und Linderung von Krankheiten. Vielmehr ist auf die hauptsächliche Wirkungsweise des Produkts abzustellen. Zu prüfen ist, ob dem Produkt eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung zugeschrieben wird.
Eine pharmakologische Wirkung eines Produkts ist gegeben, wenn irgendeine Art von unmittelbarer oder mittelbarer Wechselwirkung zwischen den Molekülen des in Frage stehenden Wirkstoffs und einem zellulären Bestandteil des menschlichen Körpers erfolgt. Das ist bereits dann der Fall, wenn die Moleküle eine ohne sie gegebene Einwirkung anderer Stoffe auf die Körperzellen verhindern. In diesem Fall liegt kein Medizinprodukt vor.
OGH 21.12.2017, 4 Ob 190/17w
(OLG Linz 3.8.2017, 4 R 79/17s-15, LG Salzburg 30.3.2017, 9 Cg 102/16t-8)