Den Glauben an die Objektivität des (Rechts)Systems zu erschüttern, ist etwas, auf das kritische Jurist_innen mit dem Hinterfragen (rechts)dogamtischer Wahrheitsansprüche eigentlich hinwirken. Dass die zu vermutenden jüngsten Erschütterungen hingegen nicht Jubel auslösen, ist geradezu eine Aufforderung dazu, sich selbst und was da passiert, in den Blick zu nehmen. Die jüngsten Erschütterungen, von denen der Beitrag ausgeht, sind die VfGH-E zur Aufhebung der Bundespräsidentenwahl und Erlebnisse von Bürger_innen in Situationen mit Menschen, die durch das/im Rechtssystem zu nicht mehr Verarbeitbaren/Verarbeiteten gemacht werden sowie Reaktionen des Rechtssystems in diesen Situationen.
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S. 277 - 278, vor.satz
Erschütterungen des Glaubens an die Objektivität des (Rechts)Systems
Am 23. und 24. Juni 2016 fand an der Universität Wien eine interdisziplinäre Tagung statt, die sich unter dem Topos „45 Jahre ‚Kleine Strafrechtsreform‘. Kontinuitäten und Brüche im Umgang mit Homosexualität(en) in Österreich im 20. Jahrhundert“ mit der Geschichte und dem Nachwirken der Homosexuellenverfolgung auseinandersetzte.
Rezension zu:
Der Artikel bietet eine kurzbündige Rezension zu dem im Frühjahr 2016 im MANZ-Verlag erschienen Werk. Mit dem vorliegenden Handbuch werden die Rechtskonstruktionen alternativer Finanzierungsformen für juristische LaiInnen verständlich erklärt und diese mit den Gegebenheiten am österreichischen Markt in Bezug gesetzt. Der Schwerpunkt des Buches liegt in der Darstellung der regulatorischen Verpflichtungen, der eine von JungunternehmerInnen gewählte Finanzierungsstruktur unterliegen können, und deren Konsequenzen, allen voran Konzessionserfordernisse. Schließlich wird ein Überblick über das österreichische Alternativfinanzierungsgesetz und die zugehörige Informationsverordnung gegeben und abschließend Praxissszenarien zum Crowdinvesting aufgezeigt.
Auch in Österreich gibt es aktuell die Bestrebungen eine Gefangenen-Gewerkschaft, wie die in Deutschland bereits aktive Gefangenen-Gewerkschaft Bundesweite Organisation (GG/BO), aufzubauen. Dieser Artikel vergleicht die arbeitsspezifischen Bedingungen des Strafvollzugs in Österreich und Deutschland und versucht eine Antwort zu geben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine gewerkschaftliche Organisation der Gefangenen unter den derzeitigen Gegebenheiten vielversprechend ist.
Zwischen 1980 und 2010 konnten mehr als die Hälfte aller Staaten ihre Auslandsschulden zumindest temporär nicht mehr bezahlen. Finanzkrisen von Staaten sind jedoch weder ein Anwendungsfall des innerstaatlichen Insolvenzrechts, noch gibt es einen völkerrechtlichen Mechanismus, der ein geordnetes Insolvenzverfahren im internationalen Kontext ermöglicht. Diese Lücke in der globalen Finanzarchitektur erlaubt es spezialisierten Hedgefonds, mit der Zahlungsunfähigkeit von Nationen zu spekulieren. Sowohl die argentinische Staatsschuldenkrise 2001 als auch die griechische Finanzkrise 2012 haben verdeutlicht, dass das Völkerrecht immer weniger Schutz vor aggressivem InvestorInnenverhalten bietet. Dieser Beitrag wirft ein Licht auf den Rechtsrahmen für Staatsschulden und erklärt anhand des argentinischen Insolvenzfalles, warum Hedgefonds mit einer moralisch fragwürdigen – aber völlig legalen – Taktik bankrotte Staaten als Geiseln nehmen können. Außerdem behandelt der Beitrag die Reformvorschläge.
Dieser Text ist dem Versuch gewidmet, anhand einiger programmatischer Gedanken eine Kritik der Grenze zu formulieren, die sich nicht einseitig auf zwischenstaatliche Grenzverläufe fixiert, sondern das globale Wuchern von Grenzzonen auf einem mikro- und makroskopischen Niveau problematisiert. In diesem Sinne wird es auch darauf ankommen, neben der staatlichen Autorität (und das territoriale Prinzip, auf das sie sich beruft) noch andere Aspekte und Kräfte zu diskutieren, welche relevant sein könnten, um zu begreifen, wie es sich mit Grenzen momentan verhält.
S. 319 - 328, recht & gesellschaft
„Grenzmanagement“ und Assistenzeinsatz
Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie das von Österreich installierte „Grenzmanagement“ juristisch konzipiert ist. Auf eine Untersuchung der nationalstaatlichen Rechtsgrundlage, die in § 10 Abs 2 Grenzkontrollgesetz die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen ermöglicht, folgt eine Untersuchung der VO (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex). Kursorisch wird überprüft, ob diese ein gemeinsames Ganzes bilden. Abschließend wird der seit Herbst 2015 stattfindende Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres rechtlich gewürdigt.
Asylsuchende, die in der Europäischen Union einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, sind vielfach besonders vulnerabl wie etwa Minderjährige, Menschen mit Behinderung, Personen mit schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen oder Personen die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexualiserter Gewalt erlitten haben. Daher ist ein Mechanismus zur Abklärung besonderer Bedürfnisse bereits bei Antragstellung sowie in späteren Phasen des Asylverfahrens dringend geboten. Die Vorgaben der unionsrechtlichen Aufnahme- und Verfahrensrichtlinie verpflichten die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines eindeutigen gesetzlichen Rahmens zur Identifikation vulnerabler Schutzsuchender. Im vorliegenden Beitrag wird dargelegt, dass ein effektiver Identifikationsmechanismus im österreichischen Asyl- und Grundversorgungsrecht fehlt. Ein solcher Mechsanismus wäre aber notwendig, um eine adäquate Versorgung und ein faires Asylverfahren gewährleisten zu können, weshalb entsprechende Umsetzungsmöglichkeiten vorgeschlagen werden.
S. 339 - 349, recht & gesellschaft
Zur Bewilligung von DoppelstaatsbürgerInnenschaften im österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – eine kritische Analyse
Österreich gehört in der EU zu jenen Mitgliedstaaten, die DoppelstaatsbürgerInnenschaften nur sehr eingeschränkt zulassen. Der vorliegende Beitrag analysiert § 28 StbG 1985, der es Antragstellenden erlaubt, unter bestimmten Voraussetzungen um die Bewilligung der Beibehaltung der StaatsbürgerInnenschaft anzusuchen. Es soll dabei zunächst die derzeitige Interpretation dieser Bestimmung durch den VwGH herausgearbeitet werden, die es in einem zweiten Schritt kritisch zu evaluieren gilt.
S. 350 - 360, recht & gesellschaft
Effektiver Rechtsschutz vs öffentliche Sicherheit
Der vorliegende Beitrag behandelt den Umfang der in Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC verankerten Verfahrensgarantien im Kontext der uni- bzw multilateralen Bekämpfung des internationalen Terrorismus auf europäischer Ebene. Anhand ausgewählter Judikatur des EGMR (Chahal, A und andere) bzw des EuGH (ZZ, Kadi IV) wird das Spannungsverhältnis zwischen der Wahrung öffentlicher Sicherheitsinteressen und der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes bzw fairer Verfahren einführend erörtert. Der Fokus liegt insb auf dem legitimen Allgemeininteresse der Vertraulichkeit bestimmter Informationen bzw Beweise, das jedoch in jedem Einzelfall mit den subjektiven Rechtspositionen betroffener Individuen in Einklang gebracht werden muss.
S. 361 - 363, thema: FJT 2016 − Beiträge zur feministischen Rechtspolitik
FJT 2016 − Beiträge zur feministischen Rechtspolitik
S. 364 - 375, thema: FJT 2016 − Beiträge zur feministischen Rechtspolitik
Gender auf der Flucht
Flucht und Asyl waren bestimmende Themen des 42. Feministischen Juristinnentags. Dieser Beitrag stellt eine gekürzte Fassung des Eröffnungsvortrags dar, der sich feministischen Perspektiven auf dieses Thema widmete und dabei einen Schwerpunkt auf Kriegsflüchtlinge legte. Im 1. Abschnitt setzt sich der Beitrag mit dem Flüchtlingsbegriff auseinander und entwickelt intersektionale Perspektiven auf geschlechtsspezifische Verfolgung. Im 2. Abschnitt werden die Gefahren der Flucht insbes für Frauen und Mädchen im Transit skizziert. Der 3. Abschnitt widmet sich der Ankunft im Aufnahmeland, eingebettet in die auf Externalisierung ausgerichtete europäische Flüchtlingspolitik, und spricht geschlechtsspezifische Probleme der Unterbringung und des Asylverfahrens an. Abschließend widmet sich der Beitrag der Verschiebung der Diskussion nach den sexistischen Übergriffen in der Silvesternacht in Köln und verwehrt sich gegen Strategien des “Otherings” sexualisierter Gewalt.
S. 376 - 387, thema: FJT 2016 − Beiträge zur feministischen Rechtspolitik
Geflüchtete Frauen – Schutz vor Gewalt und Selbstermächtigung in Flüchtlingsunterkünften
Geflüchtete Frauen sind in Sammelunterkünften für Flüchtlinge in Österreich und Deutschland unzureichend vor häuslicher Gewalt und vor sexuellen Übergriffen fremder Männer geschützt. Internationale Standards und die verbindlichen EU-Vorschriften werden derzeit nicht eingehalten. Anders als in Österreich kann in Deutschland auch kein angemessener individueller Schutz angeboten werden, weil es an Vorschriften fehlt, die zum Zweck des Gewaltschutzes ausdrücklich Ausnahmen von der Residenz- und Wohnpflicht zulassen. Auch die Finanzierung einer geschützten Unterbringung für asylsuchende Frauen ist bislang nicht rechtssicher geregelt. Rechtsverluste für die betroffenen Frauen sind vorprogrammiert.
S. 388 - 397, thema: FJT 2016 − Beiträge zur feministischen Rechtspolitik
Wahlarbeitszeit
Die Sachverständigenkommission „Arbeits-, Gleichstellungs- und Wirtschaftsrecht“ des Deutschen Juristinnenbundes hat ein Konzept für ein Wahlarbeitszeitgesetz erarbeitet. Das G soll für die Beschäftigten umfassende subjektive Rechte auf eine selbstbestimmter(e) Zeitverwendung in der Erwerbsarbeit rechtspolitisch umsetzen. Wahlarbeitszeit meint eine lebensphasenorientierte Gestaltung von Erwerbsarbeitszeit, die für beide Geschlechter die Möglichkeit eines gleichberechtigten und partnerschaftlichen Lebens eröffnet und damit den Abschied vom „40 Jahre - 40 Stunden - Normalarbeitsverhältnis“ mit seinen negativen ökonomischen und beruflichen Folgen insbesondere für Frauen bedeutet. Das Konzept wurde auf dem djb Bundeskongress im September 2015 erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert. Auf dem FJT 2016 war das Konzept Thema einer AG. Eine möglichst weite Verbreitung der rechtspolitischen Idee eines WahlarbeitszeitG, Diskussionen und Anregungen sind ausdrücklich erwünscht.
S. 398 - 402, thema: FJT 2016 − Beiträge zur feministischen Rechtspolitik
Frauen kaufen Sex
Frauen als Kundinnen in der Sexarbeit – gibt es das überhaupt? Ja, es gibt sie, und sie sind keine Ausnahme mehr. Was suchen Frauen, wenn sie sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen? Ist dies als Akt der Emanzipation zu lesen, und was bedeutet es für die Annahme, dass „käufliche Liebe“ ein Ausdruck des Patriarchats sei? Welches Licht wirft das auf Sexarbeit selbst und kann es uns ermöglichen, die Machtverhältnisse zwischen Kund*in und Anbieter*in neu zu lesen? Verändert es unseren feministischen Blick auf Sexarbeit? In diesem Artikel werden einige der herrschenden Narrative in und um Sexarbeit, weibliches Begehren und Sexualverhalten benannt und hinterfragt. Kristina Marlen ist Sexarbeiterin in Berlin und wendet sich mit ihrem Angebot an alle Geschlechter. Sie setzt sich für eine emanzipatorische Praxis in der Sexarbeit ein – sowohl am individuellen Arbeitsplatz als auch in der medialen Darstellung des Berufs.
S. 403 - 408, thema: FJT 2016 − Beiträge zur feministischen Rechtspolitik
Resolutionen und Fachstellungnahmen des FJT 2016
Anlässlich des Feministischen Juristinnen*tags 2016 wurden im Plenum rechtspolitische Resolutionen (Stimmenmehrheit von 80 %, Sperrminorität 7 Stimmen) und Fachstellungnahmen (mindestens 40 Stimmen) beschlossen. Diese betreffen die Themen Flucht und Geschlecht, das Sexualstrafrecht und insbes die Umsetzung der Istanbul-Konvention, die Abschaffung des Verschuldensprinzips beim nachehelichen Unterhalt, Opferrechte im Strafverfahren, das Gleichbehandlungsrecht, und die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.
Am 17. Juni 2016 fand unter der Organisation von ua der AK Wien, dem Institut für Institutionelle und Heterodoxe Ökonomie, dem Beigewum und WU-Studierendenvertretetungen eine Konferenz an der WU Wien statt, welche sich ausschließlich der feministischen Ökonomie und der geschlechtlichen Dimension des Finanzsystems widmete. Feministische Ökonominnen beleuchteten in ihren Vorträgen die männliche Dominanz in Institutionen, Leitbildern und Verhaltensweisen des Finanzsektors, deren soziale und ökonomische Auswirkungen und setzten diesem männlichen Herrschaftsverhältnis eine feministische Denkweise von Wirtschaft entgegen.