Erst kürzlich konstatierte der VfGH, dass jedem Menschen ein verfassungsmäßig gewährleistetes Recht auf adäquate Eintragung seiner geschlechtlichen Identität im ZPR zusteht und insbesondere intergeschlechtliche Personen eine alternative Bezeichnung zur Kennzeichnung ihrer Identität beantragen können. Dieser Einschätzung schloss sich nun auch der VwGH an und definierte dabei, unter welchen Bedingungen ein nicht-binärer Geschlechtseintrag zulässig ist. Diese sind Gegenstand des nachfolgenden Beitrages.
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- 2309-7477
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Inhalt der Ausgabe
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S. 161 - 162, vor.satz
Nikolaus Wieser / Philipp Hense-Lintschnig -
S. 165 - 170, merk.würdig
Marija Petričević -
S. 171 - 174, merk.würdig
Sofie SchockDer Blockchain-Technologie wird großes Potenzial für verschiedenste Anwendungsbereiche attestiert. Ob sie tatsächlich hält, was sie verspricht, wird sich weisen. Einige sinnvolle use cases (neben virtuellen Währungen) sind aber zumindest vorstellbar. So könnte die Blockchain-Technologie zur Besserstellung von Frauen in Krisensituationen beitragen. Wie es dazu kommt und welche rechtlichen Problemstellungen sich daraus ergeben, wird im Beitrag aufgezeigt.
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S. 175 - 178, merk.würdig
Franziska TillianDie Gentechnik sorgt in der öffentlichen Diskussion – va im traditionell gentechnikskeptischen Österreich – immer wieder für Debatten. Der EuGH hatte im Vorlageverfahren C-528/16 den Anwendungsbereich der GVO-RL zu klären. Festgestellt wurde, dass durch Mutagenese gewonnene Organismen als genetisch verändert zu qualifizieren sind. Eine Ausnahme besteht nur für solche Organismen, die aus Mutagenese-Methoden resultieren, die herkömmlich bei einer Reihe von Anwendungen verwendet wurden und seit langem als sicher gelten.
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S. 179 - 187, recht & gesellschaft
Barbara Cargnelli-WeichselbaumIn diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie Gesetzgebung und Vollziehung mit sog „Randgruppen“ im öffentlichen Raum umgehen, wobei der Fokus auf Alkoholverbots- und Schutzzonenregelungen sowie sicherheitspolizeilichen Betretungsverboten und Wegweisungen liegt. Bei diesen „Randgruppen“ geht es insb um Obdachlose und/oder Suchtkranke, armutsbetroffene Menschen, die anders sind und anders leben als sog „Normalbürger_innen“. Erörtert werden die aus Maßnahmen der Gesetzgebung und Vollziehung resultierenden grundrechtlichen, insb gleichheitsrechtlichen Probleme.
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S. 188 - 198, recht & gesellschaft
Ilse ZapletalGrößtmögliche Selbstbestimmung und inklusive Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft proklamiert die UN-Behindertenrechtskonvention. Das Leben mit Beeinträchtigungen soll als Variante menschlicher Vielfalt anerkannt und bei der Entwicklung von Gesetzen, Programmen und Infrastruktur von vornherein berücksichtigt werden. Die nächste Staatenprüfung durch den Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen steht bevor. Wie wird Österreich abschneiden?
Der Artikel erörtert die finanziellen Belastungen, die aus der Klassifikation „selbsterhaltungsunfähig“ für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige entstehen.
Darüber hinaus soll der Frage nachgegangen werden, ob das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das derzeit als Regierungsvorlage vorliegt, Menschen mit Behinderungen und deren Angehörigen ein selbstbestimmtes Leben und die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.
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S. 199 - 209, recht & gesellschaft
Antoni Napieralski -
S. 210 - 221, debatte
Colm O’Cinneide / Neil Crowther -
S. 222 - 225, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Nina Eckstein / Ines Rössl -
S. 226 - 235, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Christian HiebaumIn der öffentlichen Debatte unterscheidet man üblicherweise zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik auf der einen und „Gesellschaftspolitik“ auf der anderen Seite. Ökonomische Gerechtigkeit wiederum wird, soweit nicht in libertär-neoliberaler Manier reduziert auf eine ihrerseits minimalistische Tauschgerechtigkeit, primär mit „harten“ Verteilungsfragen assoziiert, im Gegensatz zu den „weichen“ Problemen der Anerkennung, Gleichstellung und Toleranz. Dementsprechend stoßen wir regelmäßig auf die ex- oder implizite Kontrastierung von „interessenbasierter“ Verteilungspolitik mit „identitätsfokussierter“ Inklusionspolitik. Bisweilen nehmen diese Unterscheidungen dichotomische Züge an und befeuern wenig produktive Polemiken. Dieses Paper soll grob skizzieren, wie sich zumindest jener Teil der Differenzen leicht auflösen ließe, der hauptsächlich aus fragwürdigen Konzeptualisierungen resultiert, und zwar durchaus im Rahmen eines distributiven Gerechtigkeitsparadigmas. Es gilt, den mitunter entstehenden Eindruck zu zerstören, im gegenwärtigen Gerechtigkeitsdiskurs der Egalitären würden hoffnungslos inkommensurable Denkweisen aufeinanderprallen.
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S. 236 - 246, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Tilmann AltwickerDie konventionsrechtlichen Diskriminierungsverbote (Art 14 und Art 1 ZP 12 EMRK) erfassen die mit sozio-ökonomischer Ungleichheit verbundenen Probleme derzeit nur eingeschränkt. Abhilfe könnten die Ratifikation des ZP 12 EMRK und die Anerkennung der „Armut“ bzw des „sozio-ökonomischen Status“ einer Person als weitere Differenzierungsgründe schaffen. Aber auch so wird der Abstand zwischen Forderungen philosophischer Theorien der Verteilungsgerechtigkeit und dem konventionsrechtlichen Anti-Diskriminierungsrecht bedeutsam bleiben.
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S. 247 - 256, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Irina ÐurovićDer vorliegende Beitrag befasst sich mit den Rechtstechniken, die der Staat heranzieht, wenn er knappe Güter unter mehreren Bewerber/innen verteilt. Zunächst werden die unions- und verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Verteilung knapper Güter dargestellt: Eine Analyse des einschlägigen Rechtsmaterials zeigt, dass knappe Güter nach sachlichen, nicht-diskriminierenden, ausreichend bestimmten, transparenten sowie im Voraus bekannten Kriterien verteilt werden müssen. Daraufhin folgt eine Untersuchung der gängigen Verteilungstechniken: Diese ergibt, dass knappe Güter typischerweise nach inhaltlich-wertenden (materiellen) oder nach abstrahierenden (formellen) Kriterien verteilt werden. Ein Vergleich der gängigen Verteilungstechniken insbesondere unter den Gesichtspunkten der Verteilungsgerechtigkeit und Verwaltungsökonomie schließt den Beitrag ab.
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S. 257 - 267, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Sophie ArndtDas deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll, so eine vielfach geäußerte Erwartung, auch tief verankerte gesellschaftliche Ungleichheiten rechtlich greifbar machen. Ein Beispiel für eine solche „Strukturfrage“ sozialer Ungleichheit bilden „gläserne Decken“, die Frauen den beruflichen Aufstieg erschweren. Der Beitrag untersucht zwei Rechtsstreitigkeiten, die „gläsernen Decken“ zum Gegenstand hatten. Da „gläserne Decken“ als Strukturproblem wahrgenommen werden, liegt es nahe, sie in quantifizierter Form, mittels Statistiken darzustellen. Dies bereitet jedoch in der Rechtsanwendung Probleme, da es sich bei diskriminierenden Beförderungsentscheidungen häufig um unmittelbare Diskriminierungen handelt. Statt am Strukturbegriff könnten sich juridische Strategien an dem sozialwissenschaftlichen Konzept der institutionellen Diskriminierung orientieren. Die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Figur der „Benachteiligungskultur“ stellt hierfür einen ersten Ansatzpunkt dar.
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S. 268 - 275, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Maria SagmeisterDie ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit zwischen Männern und Frauen hat massive Auswirkungen auf die Ressourcen und Lebensgestaltungsmöglichkeiten von Frauen. Das Recht spielt eine wesentliche Rolle bei der gesellschaftlichen Organisation von Arbeit, was auch die Rechte von Eltern im Zusammenhang mit der Unterbrechbarkeit ihrer Erwerbsarbeit betrifft. Vereinbarkeitsmaßnahmen, die vernachlässigen, Männer in die Pflicht zu nehmen, drohen die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung zu reproduzieren; anstatt zwischen Männern und Frauen kommt es dadurch zu einer Umverteilung zwischen Frauen, entlang von Klasse und ethnischer Zugehörigkeit. Der Beitrag wirft Schlaglichter auf die geltende Rechtslage Österreichs und versucht Eckpfeiler für eine bessere Regulierung aufzuzeigen.
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S. 276 - 284, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Alice WagnerEineinhalb Jahre nach der Proklamation der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) in Göteborg am 17.11.2017 lässt sich eine erste Bilanz ziehen. Der Beitrag geht der Frage nach, inwieweit die 20 Grundsätze der ESSR, die keinen rechtlich durchsetzbaren Charakter haben, dazu beitragen konnten, soziale Rechte auf europäischer und mitgliedstaatlicher Ebene durchzusetzen und weiterzuentwickeln. Anhand von Beispielen lässt sich zeigen, dass die ESSR als Impulsgeberin dazu beigetragen haben dürfte, soziale Rechte auf europäischer Ebene weiterzuentwickeln. Sowohl im legislativen als auch im nicht-legislativen Bereich zeigen sich erste Auswirkungen der ESSR. Zwar ist die ESSR ein politikfeldübergreifender Ansatz. Dieser hat bislang jedoch nicht zu einem grundlegenden Wandel der politischen Prioritäten der EU oder einem Umbau des europäischen Primärrechts geführt.
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S. 285 - 294, thema: Verteilungsgerechtigkeit
Gerhard MelinzDie sozialen Existenzbedingungen von Menschen sind nur im Kontext von sozialen und ökonomischen Realitäten in den jeweiligen wechselhaften Funktionsweisen des ersten (Sozialversicherungsstaatlichkeit) und zweiten sozialen Netzes (in diesem Beitrag nur Armenfürsorge/Sozialhilfe) verständlich zu machen. In einer verlaufsgeschichtlichen Perspektive auf Basis quellenbasierter Forschung bieten sich dadurch kritische Einsichten für die gegenwartsbezogenen Herausforderungen.
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S. 295 - 298, nach.satz
Valerie Purth / Sandra KonstatzkyDer Beitrag beschäftigt sich mit der Notwendigkeit und dem Wert von Gleichbehandlungsstellen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Er verweist auf die 2018 ergangenen Empfehlungen der beim Europarat angesiedelten European Commission against Racism and Intolerance (ECRI) sowie der Europäischen Kommission, die Standards in Bezug auf Unabhängigkeit und Wirksamkeit von Gleichbehandlungsstellen fordern. Unabhängig und effektiv mit Ressourcen ausgestattet, tragen Gleichbehandlungsstellen nachhaltig zum sozialen Zusammenhalt bei. Die menschenrechtlichen Versprechen der UN und die Werte der EU finden durch die Arbeit von Gleichbehandlungsstellen ihre Umsetzung.