SHEtalks ist ein Frauenförderungs- und Vernetzungsprojekt am Wiener Juridicum, das auf genderspezifische Hindernisse – insbesondere auf die Unterrepräsentation von Frauen in hohen Positionen sowie auf immer noch tief verwurzelte Geschlechterklischees – aufmerksam macht und einen Beitrag leisten möchte, um diese Strukturen zu verändern. Das Konzept ist folgendes: Eine Frau in einer Führungsposition spricht über ihren beruflichen Werdegang, thematisiert dabei vor allem genderspezifische Herausforderungen und erzählt, wie sie mit diesen umgegangen ist oder sie überwinden hat können. Im Anschluss können eigene Erlebnisse geteilt werden. Gemeinsam mit der Vortragenden werden Lösungsansätze und Strategien zur Überwindung von Barrieren, die den meisten Frauen in der einen oder anderen Form auf ihrem Weg begegnen, erarbeitet. Ziel ist es, veraltete Geschlechterrollen aufzubrechen, das Selbstbewusstsein junger Frauen zu stärken und die Vernetzung untereinander zu erleichtern.
- ISSN Online: 2309-7477
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Inhalt der Ausgabe
S. 144 - 147, merk.würdig
„Ein Unrechtsstaat, der täglich Zehntausende Morde begeht, berechtigt jedermann zur Notwehr.“
S. 148 - 153, merk.würdig
Der Verfassungsgerichtshof und das NÖ Mindestsicherungsgesetz
Am 1.7.2018 tritt das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz in Kraft. Der Beitrag vergleicht die Ausgangslagen und die Lösungsansätze der Sachwalter(/Erwachsenenschutz-)rechtsreformen 1984, 2006 und 2018. Der Umgang des Gesetzgebers mit Betroffenen war jeweils vom Versuch geprägt, einen Ausgleich zwischen Schutz und Fürsorge auf der einen Seite und Selbstbestimmung auf der anderen Seite zu finden. Trotz Verankerung des Subsidiaritätsprinzips (Stellvertretung als ultima ratio) seit 1984 nahm die Zahl der Sachwalterschaften weiter zu. Zu Beginn der vorliegenden Reform im Jahr 2013 war diese auf fast 60.000 angestiegen; in mehr als der Hälfte der Fälle umfasst der Wirkungsbereich der Vertreter/innen alle Angelegenheiten der betroffenen Person. Rechtssoziologische Forschungen zeigen, dass die Lückenbüßerfunktion der Sachwalterschaft vor allem durch eine zunehmende Verrechtlichung des Alltags befördert wurde. Die neue partizipativ angelegte Reform forciert den Grundsatz der Unterstützung vor der Stellvertretung und baut die Alternativen weiter aus.
Nach § 12a Abs 1 AsylG kommt Personen, die einen Folgeantrag auf internationalen Schutz nach einer zurückweisenden E stellen, ex lege kein faktischer Abschiebeschutz zu. Eine Ausnahme hiervon besteht, wenn exzeptionelle Umstände vorliegen. Eine bescheidmäßige E des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) über den (Nicht-)Bestand des faktischen Abschiebeschutzes ist ebenso wenig gesetzlich vorgesehen, wie ein Rechtsmittel gegen die diesbezügliche Beurteilung der Behörde. Im Folgenden wird diese Regelung auf ihre Verfassungs- und Unionsrechtskonformität untersucht. Dabei wird das Augenmerk auf dem Recht auf einen wirksamen/effektiven Rechtsbehelf nach Art 13 EMRK und Art 47 GRC liegen. Argumentiert wird, dass § 12a Abs 1 AsylG verfassungs- und unionsrechtswidrig ist, weil kein effektives Rechtsmittel verfügbar ist. Abschließend wird auf Möglichkeiten der Novellierung der Bestimmung eingegangen.
S. 175 - 185, recht & gesellschaft
„Bitte seien Sie achtsam (...)“
Dieser Beitrag widmet sich den (Un-)Sicherheitsproduktionen in der Ende August 2017 initiierten Hausordnungskampagne der Wiener Linien. Wir fragen aus einer kritisch-feministischen und materialistischen Perspektive, welches Sicherheitsverständnis darin hergestellt bzw reproduziert wird und wer dabei die zentralen Akteur_innen sind. Die Analyse stützt sich ua auf drei Interviews mit Mitarbeitenden der Wiener Linien und zeigt, wie sich Sicherheitsproduktion im konzentrierten, urbanen Raum gestaltet. Dabei wird nicht nur offensichtlich, dass der Begriff Sicherheit in der alltäglichen Praxis mit unterschiedlichen, flexiblen Bedeutungen versehen werden kann. Sondern auch, welche konkreten Kontroll- und Disziplinierungstechniken für diese Sicherheitsproduktion wesentlich sind. Gefragt wird nach der Rolle von Geschlecht und den sich in der Sicherheitskonstruktion manifestierenden Ausschlüssen.
Der Artikel stellt die Studierendenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland 1968 und deren Protestformen dar. Es wird ein Überblick über die damalige Rechtslage bezüglich der Versammlungsfreiheit gegeben, welcher die Grundrechte, das Versammlungsgesetz und die strafrechtlichen Beschränkungen enthält. Vorgestellt werden einige Beschlüsse und Urteile verschiedener Amtsgerichte, Landesgerichte, des Schöffengerichts Hannover sowie des Bayrischen Oberlandesgericht von 1968. Der Artikel endet mit einer kritischen Auseinandersetzung mit diesen Entscheidungen und der Haltung der Gerichte gegenüber der Versammlungsfreiheit.
S. 197 - 205, debatte
15 Jahre Equality Bodies - 27 Jahre Gleichbehandlungsanwaltschaft Österreich
S. 206 - 209, thema: Wissen im Recht
Thema: Wissen im Recht
S. 210 - 221, thema: Wissen im Recht
Rechtssoziologie versus „Recht in der Soziologie“
Die Rechtssoziologie spielt im deutschsprachigen Raum heute sowohl in der Soziologie als auch in den Rechtswissenschaften eine nur noch marginale Rolle. Dies liegt in den idealtypischen Perspektiven der Rechtssoziologie selbst begründet, bauen doch sowohl die „soziologische Jurisprudenz“ als auch die „Soziologie des Rechts“ auf spezifischen Asymmetrien des Wissens auf. Geht man historisch zum Ursprung dieser Asymmetrien zurück, so zeigt sich gerade in der Gründungsphase der Soziologie eine dritte Art und Weise der Beziehung zwischen rechtlichem und soziologischem Wissen: im Recht gesellschafts- und sozialtheoretische Implikationen ausfindig zu machen. In dieser Perspektive werden nicht nur die gegenwärtigen Entwicklungen des Rechts ernst genommen. Vielmehr besitzt sie ein spezifisches kritisches Potential. Denn wenn solche Implikationen aufgezeigt werden, lässt sich zugleich das rechtlich produzierte Wissen aus einer gesellschafts- und sozialtheoretischen Perspektive kritisch hinterfragen.
Wissen ist nicht einfach „da“, sondern ist in seiner Erzeugung, Verbreitung und Anwendung von diversen Faktoren abhängig – dazu zählen finanzielle genauso wie zeitliche und örtliche Gegebenheiten. Als zentrales Merkmal der Postmoderne hat die Legitimationskrise der Wissenschaft wesentlich zur Problematisierung eines absoluten, universellen Wissensbegriffs beigetragen und darunterliegende Machtverhältnisse aufgedeckt. Dieser Artikel beleuchtet die Produktionsbedingungen von Wissen als wertvollste Ressource der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts und thematisiert dabei den Einfluss exogener Faktoren wie Narrative, Visualisierungen und Metaphern auf den Entstehungsprozess. Das resultierende kritische Verständnis von Wissen in seiner historischen, räumlichen, und sozio-kulturellen Einbettung soll Orientierung über Stellenwert und Umgang mit Wissen in der Rechtspraxis bieten.
Speziell in Verfahren über die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher/innen nach § 21 StGB sind Prognosen über die Gefährlichkeit der Betroffenen für gerichtliche Entscheidungen von großer Bedeutung. Die entsprechenden Gutachten werden im Allgemeinen von Sachverständigen der forensischen Psychiatrie oder Psychologie erstellt. In Österreich besteht seit langem Kritik an der Qualität der erstellten Gutachten. Dieser Beitrag erläutert verschiedene Methoden der Prognoseerstellung (die intuitive, die statistische und die klinische Prognose) und geht auf den aktuellen Stand der Wissenschaft zu Prognoseinstrumenten ein. Schließlich werden Vorschläge dargestellt, durch welche Maßnahmen die Qualität der Gutachten verbessert werden könnte.
Denken und Handeln in Rechtswissenschaft und -praxis werden nicht nur durch explizites oder implizites Wissen, sondern auch durch solche Prozesse beeinflusst, die sich dem Bewusstsein und damit auch dem Wissen weitgehend entziehen. Mit der juristischen Methode können diese Prozesse nicht aufgedeckt werden. Ohne Zuhilfenahme externen Wissens ist die Rechtswissenschaft hinsichtlich solcher Prozesse zum Nicht-Wissen verurteilt. Jedenfalls im juristischen Mainstream erregt dieses Nicht-Wissen wenig Anstoß. Soweit Erkenntnisse in Rede stehen, die die Rationalität des Rechts und seiner Diskurse infrage stellen, scheint sogar eine gewisse Neigung zum Nichtwissen-Wollen zu bestehen. Eine auf Objektivität, Rechtssicherheit und demokratische Legitimation bedachte Rechtsordnung kann sich dieses Nicht-Wissen jedoch nicht leisten. Der Beitrag reflektiert daher Einflüsse dem Bewusstsein nicht zugänglicher Prozesse auf das Recht, die Rechtspraxis und die Rechtswissenschaft und geht der Möglichkeit nach, das Wissen über diese Prozesse durch Rezeption va psychoanalytischer Erkenntnisse zu steigern.
S. 257 - 263, thema: Wissen im Recht
The Legalization of Everyday Life
John Comaroff is the Hugh K. Foster Professor of African and African-American Studies and of Anthropology, Oppenheimer Fellow in African Studies and at Harvard University. Before moving to Harvard in 2012, he held a Distinguished Professorship at the University of Chicago and a Research Professorship at the American Bar Foundation; he is also an Honorary Professor at the University of Cape Town. Besides his influential work on African societies, colonial and postcolonial, much of it co-authored with his wife Jean Comaroff, he is known for his publications on the role of law in capitalist societies. With books such as “Rules and Processes. The Cultural Logic of Dispute in and African Context”, “Law and Disorder in the Postcolony“, and his works on law and witchcraft, he has gained a high profile also beyond anthropology in the field of law & society. For the special juridikum issue on “Knowledge in Law“ Andrea Kretschmann has interviewed John Comaroff on the contemporary role of the law and its significance for lay people.
S. 264 - 268, thema: Wissen im Recht
Generalklauseln als Mittel der Eingliederung von „externem Wissen“ im Recht
Der Text zeigt am Beispiel von Generalklauseln, dass legistische Mittel zur Verfügung stehen, um im Recht „externes Wissen“ zu integrieren. Zu Beginn werden die Begriffe „externes Wissen“ und „Generalklausel“ präzisiert. Daran anschließend wird erörtert, unter welchen Voraussetzungen und wie Generalklauseln als Mittel der Eingliederung von „externem“ Wissen im Recht fungieren können. Skizzenhaft wird dies schließlich am Bsp der Guten-Sitten-Klausel des Schuldrechts (§ 879 Abs 1 ABGB) verdeutlicht.
In Österreich werden Monatshygieneprodukte im Gegensatz zu anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs nicht begünstigt und mit dem Normalsteuersatz von 20 % besteuert. Diese als „tampon tax“ bezeichnete Regelung wird von Aktivist_innen kritisiert und als unsachlich bezeichnet. Der Beitrag analysiert zunächst die unionsrechtlichen Vorgaben für die Umsatzsteuergesetzgebung der Mitgliedstaaten betreffend Monatshygieneprodukte. Im Anschluss daran wird die österreichische Rechtslage erläutert.