Die „Corona-Pandemie“ stellt Gesetzgebung und Vollziehung vor große Herausforderung. Im Zuge der Pandemiebekämpfung treten Herausforderungen für Kompetenzen und Zusammenarbeit auf verschiedenen Verwaltungsebenen zu Tage. Gleichzeitig beweist die Landesverwaltung ihre Leistungsfähigkeit. Aufgrund von Strukturvorteilen zeigt sich eine größere Flexibilität der Landesverwaltung im Vergleich zur Bundesverwaltung. Die Zusammenarbeit der Bundesländer wurde intensiviert. Schwächen der Gesetz- und Verordnungsgebungsprozesse auf Ebene des Bundes konnten bis heute nicht restlos beseitigt werden.
- ISSN Online: 1613-754X
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Inhalt der Ausgabe
S. 145 - 151, Forum
Pandemiebekämpfung aus Sicht der Landesverwaltung. Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis
S. 152 - 157, Forum
Verwaltungsverfahrensrecht während der Krise und einige Überlegungen zum Dauerrecht
Die COVID-19-Pandemie veranlasste den Gesetzgeber, auch für Verfahren vor den Verwaltungsbehörden besondere Bestimmungen zu erlassen. Spätestens seit Mitte Juni 2021 wird im Nationalrat über die Übertragung von Teilen des immer wieder befristeten Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes in unbefristetes Recht diskutiert. Dieser Beitrag, bei dem es sich um die Schriftfassung eines Ende Juni gehaltenen Vortrags handelt, legt einerseits dar, welche Bestimmungen unter rechtspolitischen Gesichtspunkten für eine Übertragung in das Dauerrecht geeignet oder ungeeignet erscheinen. Andererseits versucht er zu zeigen, dass dieses Gesetz in nicht wenigen Bereichen im besten Fall Unklarheiten, im schlechtesten Fall Spannungsverhältnisse mit dem Bundesverfassungsrecht erzeugt. Beides gilt es im Dauerrecht, aber auch in zukünftigen Krisen zu vermeiden, weshalb abschließend für eine sorgfältige Evaluierung des Krisenverfahrensrechts und gegen dessen übereilte Übertragung in den dauerhaften Normenbestand plädiert wird.
Um Sanitäter verstärkt zur Pandemiebekämpfung einzusetzen, wurde deren Tätigkeitsbereich um die Durchführung von Covid-19-Testungen und unter bestimmten Voraussetzungen auch um die Durchführung von Impfungen erweitert. Außerdem wurde die Wiederaufnahme der Tätigkeit ohne aufrechte Berechtigung ermöglicht. Für die Durchführung von Testungen wurde erstmals auch die Möglichkeit der Tätigkeitsausübung außerhalb von Rettungsorganisationen in Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe geschaffen. Dieser Beitrag gibt eine Übersicht über die einschlägigen Anpassungen des SanG und des EpidemieG und behandelt Folgefragen, die sich daraus ergeben.
S. 166 - 174, Forum
(Straf-)Rechtliche Vorschriften als Instrumente zur Verhinderung institutioneller Korruption
In diesem Beitrag wird gezeigt, dass (straf-)rechtliche Vorschriften ein probates Instrument sind, um institutionelle Korruption zu verhindern. Zunächst wird das Phänomen der institutionellen Korruption erläutert, deren wesentliches Merkmal darin besteht, dass im Gegensatz zur sogenannten individuellen Korruption kein Gesetzesverstoß vorliegt. Die institutionelle Korruption ist dennoch hochgradig unerwünscht, da sie neben einem schwer bezifferbaren wirtschaftlichen Schaden auch zu einem Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in die betroffene Institution führt. Die Relevanz der Identifikation und Vermeidung von institutioneller Korruption wird anhand typischer Beispiele für Österreich aufgezeigt. Es folgt eine detaillierte Vorstellung des Geschenkannahmeverbots, insbesondere jenes für Beamte, welches eine der wenigen bislang in Österreich existierenden erfolgreichen Regelungen zur Bekämpfung institutioneller Korruption darstellt. Von den unterschiedlichen Möglichkeiten zur Bekämpfung institutioneller Korruption wurden dabei vor allem strafrechtliche Vorschriften herangezogen. Damit erfolgte eine Transformation der nicht strafbaren institutionellen in strafbare individuelle Korruption.
Die Anerkennung kollektiver Identitäten begründet eine Herausforderung gegenwärtiger Kohäsionspolitik; sichtbar in Debatten um Minderheitenrechte, Integration oder Rassismus. Der Beitrag widmet sich dem Schutz von Identitätskollektiven, insb ethnischen und religiösen Minderheiten, durch kollektive Rechte. Zur Analyse ihrer Funktionen und der Institutionalisierung von Kollektivität entwirft der Beitrag ein Normstufen-Modell: von objektivrechtlichen Normen über kumulative (individuelle) bis hin zu korporativen Rechten. Ihrer Einräumung liegen unterschiedliche Wertungen zugrunde – zwischen Individualismus und Kollektivismus. Für Identitätskollektive erfüllen kollektive Rechte Schutzfunktionen, die aber nur auszuschöpfen sind, wenn Gefahren der Zuweisung und Fixierung von Identitäten vermieden werden. Eine Analyse der Rechtsprechung der Höchstgerichte zu den Rechten der Nationalität und Religion im Staatsgrundgesetz seit 1869 zeigt, wie Identitätspolitik vor und durch Gerichte den Schutz von Identitätskollektiven und das Verhältnis dieser Kollektive zum Staat und untereinander (mit-)bestimmt(e). Es offenbaren sich drei Trends: Kollektivierung, Individualisierung und Pluralisierung. Um den Schutz von Identitätskollektiven in einer pluralistischen Gesellschaft zu sichern, ohne Identitätspolitik durch das Recht zu forcieren, sind flexible Instrumente der Institutionalisierung von Kollektivität erforderlich. Sie können einen Beitrag leisten zur Akkommodation von exklusiver Identitätspolitik als Bedrohung der liberalen Demokratie.
Das Coronavirus hat die Welt in einen Ausnahmezustand versetzt und auch Österreich ganz unerwartet getroffen. Eilig mussten Maßnahmenpakete geschnürt werden, um die ökonomischen Belastungen der Krise abzufedern. Im Verlauf der Pandemie wurden die Sofortmaßnahmen durch konjunkturstabilisierende und -stimulierende Maßnahmen ergänzt. Dem Steuerrecht kommt dabei als Instrument der Krisenbewältigung eine zentrale Bedeutung zu. Der Beitrag beleuchtet die Rolle des Steuerrechts bei der Bewältigung der COVID-19-Krise, stellt die gesetzten steuerlichen Maßnahmen dar und bewertet sie.
S. 205 - 213, Abhandlung
Unzulässiger Druck: Ein neues Verständnis der richterlichen Unabhängigkeit?
Die richterliche Unabhängigkeit ist ein wesentliches Definitionskriterium für einen funktionierenden demokratischen Rechtsstaat. Die Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit sichern das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz und die Durchsetzung der parlamentarischen Gesetzgebung. Trotz dieser grundlegenden Bedeutung hat die richterliche Unabhängigkeit in den letzten Jahren ausgehend von einem gefestigten Verständnis ein akademisches Schattendasein geführt. Dies hat sich durch die OGH-Entscheidung Ds 25/13 geändert. Unter richterlicher Unabhängigkeit wird in ihrem Kernbereich die Weisungsfreistellung der Richter verstanden. Damit wird aber die richterliche Unabhängigkeit iSd Art 87 B-VG nicht ausreichend erfasst. Der OGH hat in seiner Judikatur das Konzept des (unzulässigen) Drucks entwickelt.
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