Interne oder Gewissensgebote ebenso wie externe religiöse oder weltanschauliche Gebote haben unter den Motivationen eines Menschen eine besondere Bedeutung, die über diejenige sonstiger religiöser Motivationen hinausgeht. Ihre Quellen sind staatlichem Recht gegenüber autonom; ihr Verhältnis zu diesem lässt sich als Rechtsquellenpluralismus beschreiben. Aufgrund der besonderen Bedeutung solcher Gebote ist es normativ erwünscht, dass staatliches Recht ihnen grundsätzlich Raum gibt, ihre Befolgung im Rahmen des staatlichen Rechts also ermöglicht. Normativ erwünschte Schranken sind (vertikal) qualifizierte Gemeinwohlinteressen sowie (horizontal) Rechte anderer. Das positive Recht gerechter Staaten wird dem normativ Erwünschten weitgehend gerecht, indem es die Religions-, Weltanschauungs- und Gewissensfreiheit gewährleistet. Allerdings unterscheidet es nicht zwischen Verhalten, das von einer Religion, einer Weltanschauung oder dem Gewissen geboten ist, und sonstigen Formen des Bekenntnisses einschließlich Handelns, das nur RWG-motiviert ist. Es unterscheidet auch nicht zwischen der Bedeutung von Gemeinwohlinteressen und derjenigen der Rechte anderer. Das kann in Grenzfällen zu Defiziten des positiven Rechts gegenüber dem normativ Erwünschten führen.



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- 1613-7663
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Inhalt der Ausgabe
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S. 341 - 376, Aufsatz
Theodor Schilling -
S. 377 - 393, Aufsatz
Maria BertelDie (rechtlichen) Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte sind durch die Digitalisierung und durch mit dieser einhergehenden Herausforderungen geprägt. Diese Herausforderungen stellen sich der Rechtsordnung besonders prägnant in Zusammenhang mit Kindern, deren Schutzwürdigkeit das BVG Kinderrechte besonders hervorstreicht. Dieser Beitrag möchte neue Herausforderungen entlang der im BVG Kinderrechte verankerten Schutz-, Fürsorge- und Beteiligungsdimension anhand von Fallbeispielen näher beleuchten, um sodann die normativen Vorgaben des BVG Kinderrechte in Zusammenhang mit dem virtuellen Raum zu verdeutlichen.
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S. 395 - 434, Aufsatz
Georg RessNeuartige Megacomputer, ausgestattet mit Algorithmen der Künstlichen Intelligenz, sind in der Lage, binnen Sekunden riesige Datenmengen aufzunehmen und schwierigste mathematische Operationen durchzuführen. Sie können autonom, das heißt ohne menschliche Steuerung, Entscheidungen treffen und als Roboter handeln. Sie werden zunehmend viele Arbeitsprozesse und das gesamte Rechtssystem beeinflussen und verändern. Von vielen Wissenschaftlern wird diese Entwicklung mit dem Heraufkommen der Atomkraft verglichen und vor einer menschheitsbedrohenden Situation gewarnt. In dem Aufsatz wird der zu erwartende Einfluss auf das Völkerrecht und vor allem das Kriegsrecht und die Menschenrechte untersucht und die Schaffung einer internationalen Ordnung und die Gründung einer der IAEA vergleichbaren internationalen Organisation zur Beherrschung der Anwendung der Künstlichen Intelligenz gefordert. Die Kommission der EU hat dazu einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der zwar einen wesentlichen Beitrag des Europarechts zur Lösung der rechtlichen und gesellschaftlichen Probleme bringen könnte, aber trotzdem kritisch beleuchtet wird. Inzwischen hat das EP die Verordnung beschlossen; sie liegt jetzt dem Rat vor. Ob derartige Roboter im Zuge ihrer autonomen Handlungsfähigkeit ein eigenes Bewusstsein entwickeln könnten, wird als denkbare Möglichkeit untersucht und werden die dadurch bislang unbeantworteten Fragen und denkbare Antworten in den Raum gestellt.
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S. 435 - 436, Constitutional Reasoning in Latin America
Johanna Fröhlich -
S. 437 - 452, Constitutional Reasoning in Latin America
Pier Paolo Pigozzi / Sebastián Umpierrez de Reguero / Johanna Fröhlich -
S. 453 - 461, Constitutional Reasoning in Latin America
Pablo González Domínguez -
S. 463 - 480, Constitutional Reasoning in Latin America
Carlos Arturo Villagrán Sandoval -
S. 481 - 499, Constitutional Reasoning in Latin America
Francisco Javier Urbina / Cristián Villalonga -
S. 501 - 528, Aufsatz
Sandra Hummelbrunner / Martin Reichard / Christian Breitler / Martin MeiselDer zwölfte Bericht der Abteilung für Europarecht des Völkerrechtsbüros im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, der unter inhaltlicher Leitung von Ges Mag. Martin Meisel entstanden ist, befasst sich mit einigen wichtigen Entwicklungen des Europarechts während des Jahres 2022. Die behandelten Themen umfassen einen Sachstandsbericht zu den Verhandlungen über einen Beitritt der EU zur EMRK (Meisel), bestimmte neue Entwicklungen, Tendenzen und offene Fragen im Hinblick auf gemischte Abkommen (Hummelbrunner), die Verlängerung des EU–US GALILEO/GPS Abkommens als „EU-only“-Abkommen (Reichard), bestimmte Rechtsfragen in Bezug auf die Modernisierung des Vertrags über die Energiecharta (Hummelbrunner) sowie das Recht der EU-Außenbeziehungen vor dem Europäischen Gerichtshof (Breitler).