Der Beitrag behandelt die historischen Hintergründe und Umstände des Kampfes der Frauenbewegungen für das Frauenstimmrecht in Deutschland und Österreich, die 1918/1919 zu dessen Einführung führten, und verfolgt die Entwicklung der politischen Partizipation von Frauen in den beiden Staaten bis heute. Dabei wird der Stand der weiblichen Partizipation an der Demokratie insbesondere an dem Frauenanteil im jeweiligen Bundesparlament gemessen. Zudem wird der grobe Zusammenhang zwischen der weiblichen Repräsentation im Parlament als dem Ort demokratischer Gesetzgebung und den wesentlichen Reformen zur Durchsetzung von Gleichberechtigung und Gleichstellung aufgezeigt und reflektiert. Schließlich behandelt der Beitrag die aktuelle Forderung nach einer obligatorischen paritätischen Quotierung bei der Aufstellung der Kandidat*innen durch die Parteien für Wahlen.
- ISSN Online: 1613-7663
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Inhalt der Ausgabe
Gleichheit als ein europäisches Rechtsprinzip entfaltet sich in einer Grundrechtsordnung der Einheit und Vielheit. Die Einheit drückt sich in der übergreifenden Geltung der Rechtsgleichheit aus. Gleichheit wird als ein durchgängiges Rechtsprinzip und als Grundrecht in den nationalstaatlichen Verfassungen Europas ebenso anerkannt wie in der Rechtsordnung der Europäischen Union und in der europäischen Menschenrechtsordnung. Die Vielfalt kommt in den dogmatischen Feinstrukturen, den unterschiedlichen Kompetenzen der zuständigen Gerichte und in den inhaltlichen Konkretisierungen der Rechtsgleichheit zum Tragen, in denen sich die Vielfalt der europäischen Gesellschaften spiegelt. Wer nach dem Gleichheitsprinzip als einem übergreifenden europäischen Rechtsprinzip fragt, wird am ehesten im Bereich der Diskriminierungsverbote fündig.
S. 673 - 687, Aufsatz
Der Nichtdiskriminierungsstandard der Inländergleichbehandlung im Internationalen Investitionsrecht
Nichtdiskriminierung in Form von Inländergleichbehandlungsgeboten bildet einen Eckpfeiler des Internationalen Investitionsrechts. Ihr übergeordnetes Ziel ist die Verhinderung protektionistischer Maßnahmen, die inländische Investoren bevorzugen. In bilateralen und multilateralen Investitionsabkommen sind in der Regel Inländergleichbehandlungsklauseln enthalten, diese sind allerdings inhaltlich nicht immer identisch. Trotz der unterschiedlichen Formulierungen haben die Investitionsschiedsgerichte einen relativ einheitlichen dreistufigen Test entwickelt, um festzustellen, ob ein Staat die Pflicht zur Inländergleichbehandlung verletzt hat. Erstens prüfen die Schiedsgerichte, ob sich ein ausländischer Investor mit einem inländischen „Komparator“ in „ähnlichen Umständen“ oder „ähnlichen Situationen“ befindet; zweitens ermitteln sie, ob eine ungleiche Behandlung zwischen ausländischen und inländischen Investoren stattgefunden hat; und drittens prüfen sie, ob legitime Gründe vorliegen, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Angesichts des Fehlens expliziter Bestimmungen zu Rechtfertigungsgründen in internationalen Investitionsabkommen neigen Schiedsgerichte dazu, die Frage, ob eine Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung vorliegt, in der Prüfung, ob „ähnliche Situationen“ vorliegen, zu inkludieren.
Die faktische Gleichheit zwischen den Geschlechtern ist in Europa auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts nicht erreicht. Österreich liegt dabei nur im europäischen Mittelfeld, gerade der gender pay gap ist hierzulande immer noch sehr groß. Das Hauptproblem bei der Verwirklichung von Gleichheit zwischen den Geschlechtern im Europa von heute ist jedoch weniger der Rechtsrahmen als dessen Umsetzung in die Wirklichkeit. Dabei erweisen sich mehrere Punkte als heikel, insbesondere das Thema Elternschaft und ihre Auswirkungen auf Frauen. Da in diesem Bereich vor allem nationale Vorgaben entscheidend für den Erfolg der Gleichstellung sind, erweisen sich neben europäischen insbesondere nationale politische Anstrengungen als entscheidend für eine Beseitigung von Diskriminierungen wegen des Geschlechts.
Die umfangreiche Judikatur des EGMR zeigt deutlich, dass Gleichheit im Europa von heute auch die Beseitigung von Diskriminierungen auf Grund sexueller Orientierung mit einschließt. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die Entwicklung dieser Judikatur und die dadurch angestoßene schrittweise Veränderung der Rechtslage in Österreich. Diese reichte von der Abschaffung der Strafbarkeit homosexueller Beziehungen als „widernatürlich“ über die Anfänge der Eingetragenen Partnerschaft und die Adoption bis hin zur „Ehe für alle“. Ausgelöst wurde diese Entwicklung durch die langjährige Tabuisierung des Themas Homosexualität in der Öffentlichkeit, die Säumnis des Gesetzgebers und die damit einhergehenden Benachteiligungen Betroffener. Diese hatten zu einer Steigerung der Individualbeschwerden vor den Gerichten geführt. So erwies sich der EGMR gerade für die Gleichstellung homosexueller Beziehungen als Motor der Rechtsentwicklung und einer sukzessiven Öffnung der Gesellschaft.
Der Beitrag widmet sich den besonderen Diskriminierungsverboten, wie sie etwa für die ethnische und soziale Herkunft, die sexuelle Orientierung oder eine Behinderung aufgestellt sind. In diesem Beitrag werden einerseits der verfassungsrechtliche Inhalt dieser Kriterien und andererseits ihr Verhältnis zum allgemeinen Gleichheitssatz ausgeleuchtet. Die besonderen Diskriminierungsverbote unterstreichen den Anspruch jedes Menschen, mit seinen jeweils ganz persönlichen Haltungen, Neigungen und Eigenschaften gleich, also nicht ihretwegen anders behandelt zu werden als andere. Sie stützen aber nicht die These, der Gleichheitssatz gewähre selbst ein Recht auf diese Haltungen, Neigungen und Eigenschaften.
Der Beitrag beleuchtet einen besonderen Aspekt von Gleichheitsnormen: Spielt das Konzept von ‚Schutzpflichten‘, bekannt aus dem Kontext von Freiheitsrechten, auch bei Gleichheitsnormen eine Rolle? Der Beitrag bejaht diese Frage für Gleichheitsnormen, die ethnisch oder rassisch definierte Gruppen im Auge haben. Der Beitrag stützt sich auf internationale Gleichheitsnormen nach dem Ersten Weltkrieg (Minderheitenschutz) und nach dem Zweiten Weltkrieg (UN-Anti-Rassismus-Konvention) sowie auf das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Die internationalen Normen gehören zu den frühesten menschenrechtlichen Gleichheitsnormen, das AGG zu den jüngeren nationalen Gleichheitsnormen. Der Beitrag wird auch zeigen, dass die Entstehung der Normen und ihre Handhabung durch Kontrollinstanzen von Vergleichspraktiken begleitet war und ist, die belegen, dass Gleichheit in Gefahr ist. Schutzpflichten antworten auf solche Gefahrenlagen.
Das Gleichheitsgebot gehört zu den Leitprinzipien moderner Rechts- und Moralkonzeptionen. Man kann aus ihm allerdings nicht unmittelbar auf konkrete Gleichbehandlungsgebote schließen. Dies wirft für die Rechtsordnung die Frage auf, wie mit Gleichheitsgeboten umzugehen ist; dies betrifft insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz. Formalisierungen und Materialisierungen helfen insoweit nicht weiter. Schließlich stellt sich die Frage, wie sich das Gleichheitsgebot zu den zahlreichen faktischen Ungleichheiten verhält.
S. 867 - 881, Aufsatz
Verhältnismäßigkeit und Sachlichkeit: Überlegungen zu ihrer Bedeutung in der Struktur der Gleichheitsprüfung
Der Beitrag geht der Frage nach, welche „gleichheitsbezogene“ Bedeutung den grundrechtsdogmatischen Argumentationsfiguren der Verhältnismäßigkeit und der Sachlichkeit im Rahmen der Gleichheitsprüfung zukommt. Er nimmt seinen Ausgangspunkt bei einer schlaglichtartigen tour d’horizon über für die Themenstellung wesentliche Diskussionslinien der Gleichheitsdogmatik mit besonderem Blick auf die einschlägige Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG. Dies schließt einen kurzen Perspektivenwechsel von derjenigen wissenschaftlichen Suche nach dogmatischer Struktur und Ordnung zu jener der Prioritäten und Bedingungen des verfassungsrichterlichen Entscheidungsprozesses ein. Der Beitrag mündet in Gedanken zu einer materiellen Bereichsdogmatik des Gleichheitsgrundsatzes und insofern im Versuch, auf die bei der Konferenz gestellte Frage eine Antwort zu geben.
S. 883 - 903, Aufsatz
Grenzen der Maßnahmen zur Förderung faktischer Gleichstellung („positive action“) – Die Frage nach deren Rechtsnatur
Die Frage nach den Grenzen von positiven Maßnahmen enthält auch implizit den Auftrag, ihrer Rechtsnatur und den Gründen ihrer Rechtfertigung nachzugehen. Dazu soll zunächst geklärt werden, was mit dem Begriff der positiven Maßnahme gemeint ist. Sodann erfolgt ein kurzer Überblick über die EU-rechtlichen Grundlagen und die einschlägige EuGH-Judikatur. Danach wird die Rechtsnatur der positiven Maßnahmen untersucht. Dabei wird ein substantielles Konzept der Gleichheit vertreten und argumentiert, dass positive Maßnahmen keine Diskriminierung darstellen, sondern eine Maßnahme sui generis, die neben den Diskriminierungsverboten im Dienste der Gleichheit stehen.
Für den Verfassungsstaat ist die Gleichheit ein fundamentaler Wert, der das Migrationsrecht herausfordern kann, weil für dieses die Unterscheidung zwischen Bürgern und Ausländern sowie zwischen unterschiedlichen Migrantengruppen konstitutiv ist. Das moderne Gleichheitsversprechen beruht auf einer Ungleichheitsschwelle, die zumeist unsichtbar bleibt, bei den Einreiseregeln und der Rechtsstellung während des Aufenthalts jedoch sichtbar wird. Die Grenzen der Gleichbehandlung veranschaulichen die behutsame Gangart des EGMR ebenso wie die judikative Zurückhaltung des EuGH und des Unionsgesetzgeber bei der Auslegung der Grundrechtecharta und der Gestaltung des Sekundärrechts.
Unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinschaft Menschen in Not unterstützt, ist eine gleichheitsrechtliche Schlüsselfrage, schon weil Teilen unter Gleichen nach aller Erfahrung leichter fällt. Dass eigene Staatsangehörige in der Not zu versorgen sind, steht in den meisten Staaten außer Frage, ebenso, dass Fremde nicht ohne weiteres anspruchsberechtigt sind. Zäh gerungen wird hingegen darum, wieviel Solidarität Unionsbürgern gebührt. Der vorliegende Beitrag zeichnet die wechselvolle Entwicklung der einschlägigen Judikatur des EuGH nach, konfrontiert sie mit einem verfassungsrechtlichen Gegenbild und versucht die Vielfalt der dabei festgestellten Argumente gleichheitsdogmatisch zu rekonstruieren.
Die Gleichheit gehört zu den Werten, auf denen die EU beruht. Bei der Verwirklichung dieses Werts kommt der durch die Rechtsprechung des EuGH dynamisierten Unionsbürgerschaft eine herausragende Rolle zu. Der mit der Unionsbürgerschaft verbundene besondere Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten garantiert diesen nämlich einen umfassenden Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatangehörigen der anderen Mitgliedstaaten (Gleichheitsrecht). Zusätzlich dürfen die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten in Ausübung ihres zentralen und persönlichen Rechts auf Freizügigkeit (Recht auf Aufenthalt) und in den damit verbundenen Bereichen (Recht im Aufenthalt) nicht in unzulässiger Weise beschränkt werden (Freiheitsrecht). Diese Vorgaben gelten sowohl für den Aufnahmemitgliedstaat als auch für den Heimatmitgliedstaat. Schließlich verfügen die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten allein aufgrund ihres Status als Unionsbürger über eine Mindestgarantie an Rechten, die zwar auf besondere Sachverhalte beschränkt sind, die sie in der Union aber immer geltend machen können. Mit diesen – schrittweise entwickelten – Inhalten ist die Unionsbürgerschaft zu einer Gewährleistung von großer Tragweite geworden.
S. 993 - 1012, Aufsatz
The European Court of Human Rights’ Jurisprudence on Austria 2018
2018 fällte der EGMR lediglich fünf Urteile zu Individualbeschwerden gegen Österreich. Drei davon betrafen den „üblichen Verdächtigen“ in Sachen betroffene EMRK-Garantien, und Österreich wurde in allen diesen Fällen wegen Verletzung von Art 6 EMRK verurteilt. Zu keiner Verurteilung in Hinblick auf Art 10 EMRK kam es dagegen in der prominentesten Entscheidung des Jahres, dem E.S.-Fall. Das fünfte Urteil betrifft einen der seltenen Fälle einer Urteilsrevision durch den EGMR.
S. 1013 - 1054, Aufsatz
Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte zur Europäischen Menschenrechtskonvention im Jahr 2018
Der Beitrag führt die Übersicht über die Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte zur EMRK für das Jahr 2018 fort. Inhaltlich ist das Spektrum der Entscheidungen weit gefächert; der besondere Schwerpunkt auf Fragestellungen, die Art 6 EMRK betreffen, ist beinahe schon traditionell.