Eine vergleichende Gesamtdarstellung und kritische Analyse der Regelungen zu den Pauschalgebühren für Vergabekontrollverfahren in Bund und Ländern unter besonderer Berücksichtigung der jüngeren Judikatur in zwei Teilen.
- ISSN Online: 2309-7523
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Inhalt der Ausgabe
S. 132 - 133, Kurznachrichten
Überblick über Ereignisse und Entwicklungen der letzten Wochen im Vergabegeschehen
S. 134 - 146, Aufsatz
Pauschalgebühren in Vergabekontrollverfahren – Darstellung und Analyse des Regelungsdschungels in Bund und Ländern (Teil II)
S. 147 - 157, Judikatur
Es bleibt dabei: Widerruf eines Vergabeverfahrens kann durch Anfechtung der Ausscheidensentscheidung nicht „erzwungen“ werden
Eine Unterlassung des Auftraggebers ist nur dann als „Entscheidung“ zu qualifizieren, wenn diese als selbständiger Teilakt im Rahmen einer nachfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung nach außen in Erscheinung tritt. Davon ist nur dann auszugehen, wenn gemäß § 863 Abs 1 ABGB die nachfolgende Entscheidung mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übriglässt, dass der Auftraggeber dadurch eine konkrete Willenserklärung zum Ausdruck bringt.
Einer Ausscheidensentscheidung kann – im Gegensatz zu einer Zuschlagsentscheidung – kein hinreichend bestimmter Erklärungswert dahingehend beigemessen werden, der Auftraggeber wolle das Vergabeverfahren nicht wegen dagegen geltend gemachter Gründe widerrufen.
„Sache“ eines Nachprüfungsverfahrens ist immer die Prüfung der Frage, ob der Antragsteller durch die angefochtene oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers in den im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Rechten (Beschwerdepunkten) verletzt wurde. Das Vergabekontrollverfahren dient daher nicht der objektiven Rechtskontrolle, sondern der Überprüfung, ob der Antragsteller in den geltend gemachten subjektiven Rechten verletzt worden ist.
Im Falle der Anfechtung einer Ausscheidensentscheidung bildet alleine die Frage der Zulässigkeit des tatsächlich erfolgten Ausscheidens die Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens.
Die Unterlassung eines zwingend gebotenen Widerrufs des Vergabeverfahrens ist nur dann in Bezug auf eine angefochtene Ausscheidensentscheidung rechtlich relevant, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des unterlassenen Widerrufs für sich die Rechtswidrigkeit der Ausschreibung bewirkt. Gründe, die sich ausschließlich gegen die Fortführung des Vergabeverfahrens an sich richten, reichen hierfür nicht hin.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des EuGH, dass einem rechtskräftig ausgeschiedenen Bieter der Zugang zur Nachprüfung später ergangener Entscheidungen des Auftraggebers verwehrt werden kann.
Ob ein Angebot einen zum Ausscheiden führenden Mangel aufweist, ist am Maßstab der Ausschreibungsbestimmungen zu messen. Die Überprüfung des Vorliegens des Ausscheidenstatbestandes erfordert somit die Auslegung der bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen und des vom betreffenden Bieter gelegten Angebotes. Dabei kommt es immer auf den objektiven Erklärungswert des Angebotes an und nicht darauf, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen will. Der Absicht des Erklärenden im Zusammenhang mit der Auslegung von Bietererklärungen kann nur insoweit Bedeutung zukommen, als sie sich in dem nach außen hin zum Ausdruck kommenden objektiven Erklärungswert niederschlägt.
Die Annahme, ein Bieter wolle ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot legen, ist nur dann gerechtfertigt, wenn er dies nach dem objektiven Erklärungswert seiner Angebotsunterlagen – klar – zum Ausdruck bringt.
Gemäß § 2 Z 3 BVergG 2018 ist ein Angebot die Erklärung eines Bieters, eine bestimmte Leistung gegen Entgelt unter Einhaltung festgelegter Bedingungen erbringen zu wollen. Das vergaberechtliche Angebot ist eine mit ausreichendem Bindungswillen gegenüber dem Auftraggeber abzugebende empfangsbedürftige Willenserklärung gemäß den einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen des ABGB. Das Angebot muss hinreichend bestimmt sein. Dies ist der Fall, wenn der Erklärung des Bieters die wesentlichen Punkte des mit dem Auftraggeber abzuschließenden Vertrages entnehmbar sind. Eindeutige Bestimmbarkeit genügt.
S. 158 - 163, Judikatur
Zu Schadenersatzansprüchen eines Auftraggebers gegen einen ausgeschiedenen Bieter
Die Grundsätze der Lehre von den vorvertraglichen Sorgfaltspflichten sind auch im Vergabeverfahren auf das Verhältnis zwischen Ausschreibendem und Bietern anzuwenden.
Die Verletzung der Bieterpflicht, weder vom Angebot zurückzutreten noch davon abzuweichen, führt zu einer schadenersatzrechtlichen (vorvertraglichen) Haftung des Bieters gegenüber dem Auftraggeber.
Bei Schadenersatzverpflichtungen aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis (culpa in contrahendo) ist der Vertrauensschaden (negatives Vertragsinteresse) zu ersetzen. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Das positive Interesse ist nur dann zu ersetzen, wenn ohne die Pflichtverletzung der Vertrag zustande gekommen wäre.
Bei Verletzung vorvertraglicher Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit Ausschreibungen der öffentlichen Hand ist ausnahmsweise auch der Ersatz des Erfüllungsinteresses möglich, wenn ohne die Pflichtverletzung der Vertrag zustande gekommen wäre, dem Schadenersatz begehrenden Kläger also der Zuschlag hätte erteilt werden müssen.
Hätte der Bieter aber – im Sinn des rechtmäßigen Alternativverhaltens – von vornherein kein Angebot gelegt, steht dem Auftraggeber das Erfüllungsinteresse nicht zu.
Ob eine Ausschreibungsbedingung überschießend war, muss nicht weiter untersucht werden, wenn der Bieter diese mit Teilnahme an der Ausschreibung akzeptiert hat.
S. 164 - 170, Judikatur
Das Land hat Grenzen, der Staat keine – Zur Vergabe von Konzessionen im Unterschwellenbereich und zum „grenzüberschreitenden Interesse“
Die Frist für die Einbringung von Feststellungsanträgen gemäß § 98 Abs 2 BVergGKonz 2018 („[...] binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt [...], in dem der Antragsteller vom Zuschlag [...] Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können“) beginnt mit der faktischen Kenntnisnahmemöglichkeit des Antragstellers vom Zuschlag (etwa durch die Möglichkeit des Aufrufs der Website des Auftraggebers) zu laufen.
Gemäß § 22 Abs 3 Z 4 BVergGKonz 2018 kann eine Konzession ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn im Unterschwellenbereich im Hinblick auf die spezifischen Merkmale der Konzession kein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht.
Das grenzüberschreitende Interesse ist anhand der tatsächlichen Beteiligung am Vergabeverfahren und nicht hypothetisch oder auf Grundlage von Vermutungen zu beurteilen. Dabei ist nicht von der Nationalität oder Staatsbürgerschaft des an der Konzession Interessierten, sondern von seinem Sitz, seiner Niederlassung oder seinem Wohnort auszugehen.
Der wirtschaftliche Wert alleine ist für die Beurteilung eines grenzüberschreitenden Interesses nicht ausschlaggebend. Selbst bei Vorliegen eines grenzüberschreitenden Interesses kann eine Ungleichbehandlung ausländischer Interessenten im öffentlichen Interesse gerechtfertigt sein. Die sozialpolitische Ausrichtung des § 29 TabMG 1996 ist eine solche Rechtfertigung im öffentlichen Interesse, da damit eine Erwerbsgrundlage für in § 29 Abs 3 TabMG 1996 näher genannte Personen geschaffen werden soll. § 14 Abs 6 BVergGKonz 2018 erlaubt die Berücksichtigung sozialer Aspekte im Verfahren zur Vergabe einer Konzession. Auch ist aus den Grundsätzen des AEUV keine Mindestanzahl von Bietern ableitbar.
S. 171 - 173, Judikatur
Änderungen von Leistungs- und Vertragsbedingungen bei Direktabrufen aus Rahmenvereinbarungen, Antragslegitimation von Rahmenvereinbarungspartnern
Bei der Anfechtung von unzulässigen Direktabrufen aus einer Rahmenvereinbarung mit mehreren Partnern sind selbst jene Partner zur Einbringung von Anträgen auf Feststellung antragslegitimiert, welche die Merkmale der Abrufkaskade für den Direktabruf nicht erfüllt haben, wenn der Auftraggeber stattdessen einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb hätte durchführen müssen. Im Zuge dieses erneuten Aufrufs zum Wettbewerb hätte der Antragsteller eben die Möglichkeit zur Abgabe eines Angebotes und in weiterer Folge eine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt.
Die Frage, ob ein Direktabruf aus einer Abrufkaskade beim Erstgereihten einer Rahmenvereinbarung erfolgen darf, ist unter strenger Bindung an die Ausschreibungsunterlagen (inklusive der Rahmenvereinbarung) zu beurteilen. Bei einer Festlegung in einer Rahmenvereinbarung, wonach bei Änderung der Leistungs- und Vertragsbedingungen ein erneuter Wettbewerb durchzuführen ist, verpflichtet in diesem Sinn jede Änderung zur Durchführung eines erneuten Aufrufs zum Wettbewerb.
S. 174 - 182, Judikatur
Trafikantenbestellung neu denken – Eine Konzessionsvergabe unter Bedachtnahme sozialpolitischer Zielsetzungen ist möglich
Sowohl das BVergGKonz 2018 als auch das TabMG 1996 räumen dem Auftraggeber einen Spielraum ein, in welcher Form und in welchem Ausmaß sozialpolitische Zielsetzungen berücksichtigt werden können. Zur Zulässigkeit der Einschränkung des Bieterkreises aus sozialpolitischen Gründen, hat der EuGH jüngst festgehalten, dass die in Art 20 Abs 1 RL 2014/24/EU aufgeführten Voraussetzungen nicht abschließend sind und die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten haben, gegebenenfalls zusätzliche Voraussetzungen aufzustellen, die erfüllt werden müssen, um an einem Verfahren zur Vergabe vorbehaltener öffentlicher Aufträge teilnehmen zu dürfen. Voraussetzung für eine solche Einschränkung des Bieterkreises ist eine entsprechende nationale Rechtsgrundlage, welche auch außerhalb des BVergGKonz 2018 liegen kann. Dass der Auftraggeber nicht verpflichtet ist, diese sozialpolitischen Aspekte lediglich im Rahmen der Auswahl als Zuschlagskriterium zu berücksichtigen, zeigt sich bereits in § 14 Abs 6 BVergGKonz 2018, der die Berücksichtigung sozialer Ziele in allen Phasen und auf allen Ebenen des Vergabeverfahrens ermöglicht.
Nach § 50 BVergGKonz 2018 kann der Auftraggeber Nachweise für ua die technische Leistungsfähigkeit festlegen. Er kann jene Nachweise festlegen, die für den Nachweis der Eignung von ihm als erforderlich erachtet werden. Weitere Bestimmungen über die Art dieser Nachweise enthält das BVergGKonz 2018 – etwa im Gegensatz zum BVergG 2018 – nicht. Daher verfügt der Auftraggeber über ein Ermessen bei der Auswahl der verlangten Nachweise. Sie müssen nur einen Bezug zur Leistung haben, erforderlich und angemessen sein. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zum nachträglichen Austausch eines notwendigen Subunternehmers, können vom Bieter auch nach dem eignungsrelevanten Zeitpunkt neu geschaffene Nachweise für seine Eignung herangezogen werden, ohne dass das eine Änderung seines Angebots darstellen würde.
Gemäß § 13 Abs 1 BVergGKonz 2018 sind bei der Festlegung der Laufzeit die Eigenheiten der Konzession zu berücksichtigen. Bei der Berücksichtigung der für die Laufzeit relevanten Investitionen iSd § 13 Abs 2 BVergGKonz 2018 sind ausschließlich jene Ansätze zu berücksichtigen, die zum Erreichen des eingesetzten Ziels der Konzession notwendig sind. Zumal die Laufzeit der Konzession bereits in den Erwägungsgründen zur RL 2014/23/EU als mögliches Zuschlagskriterium angeführt wird, wird das ausschließliche Abstellen auf die Amortisation der Investitionen bei der Bemessung der Laufzeit der Konzession relativiert. Hierdurch ist auch Raum für eine längere Laufzeit der Konzession gegeben. Insbesondere die Berücksichtigung eines sozialen Gesichtspunkts in einem Vergabeverfahren stellt einen solchen Aspekt dar.
Sämtliche in einem Konzessionsvertrag vorgesehenen Änderungen müssen als „unwesentliche Änderungen“ im Sinn des § 108 BVergGKonz 2018 zu qualifizieren sein, andernfalls die Konzession neu ausgeschrieben werden müsste. Bereits das TabMG 1996 ermächtigt den Auftraggeber zur Änderung des Konzessionsvertrags, demgemäß bedarf es keiner dahingehenden ausdrücklichen Vertragsbestimmung. Eine solche Änderung ohne Ausschreibung ist jedoch sodann dadurch begrenzt, dass es sich ungeachtet der Ermächtigungen durch das TabMG 1996 um eine unwesentliche Änderung im Sinn des § 108 BVergGKonz 2018 handeln muss.
Auftraggeber sind verpflichtet, einen klaren und präzisen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Eine mehrfache Aufforderung zur Aufklärung bzw Verbesserung desselben Mangels widerspricht auch nicht dem Gleichbehandlungsgebot, wenn der erste Mängelbehebungsauftrag unklar oder unpräzise formuliert wurde.
S. 186 - 191, Judikatur
Übertragung eines öffentlichen Auftrags bei Insolvenz der Auftragnehmerin
Wird über das Vermögen der Auftragnehmerin das Insolvenzverfahren eröffnet und übernimmt eine neue Unternehmerin die Rechte und Pflichten, die sich aus einer mit einer öffentlichen Auftraggeberin geschlossenen Rahmenvereinbarung ergeben, tritt sie im Sinne von Art 72 Abs 1 lit d sublit ii RL 2014/24/EU im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung teilweise an die Stelle der ursprünglichen Auftragnehmerin, ohne dass ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden muss.
Eine unter Art 72 Abs 1 lit d sublit ii RL 2014/24/EU fallende Auftragsänderung infolge einer Insolvenz der Auftragnehmerin erfordert nicht, dass die neue Auftragnehmerin den unter die fragliche Rahmenvereinbarung fallenden Geschäftsbereich der ursprünglichen Auftragnehmerin zumindest teilweise übernimmt oder fortführt.
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