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RPA

Heft 6, Dezember 2013, Band 2013

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 2309-7523

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Inhalt der Ausgabe

S. 325 - 329, Entscheidungsbesprechung

Michaela Helmreich

„Einrichtung des öffentlichen Rechts“ revisited

Der EuGH spricht in seinem Urteil Ärztekammer Westfalen-Lippe (abgedruckt auf S 365 in diesem Heft) erstmalig aus, dass bei einer durch Gesetz zugestandenen „ausreichenden Autonomie“ einer Kammer das in Art 1 Abs 9 UAbs 2 lit c RL 2004/18/EG verankerte Kriterium der überwiegenden staatlichen Finanzierung nicht erfüllt ist. Diese „ausreichende Autonomie“ bezieht sich auf die Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlage der betroffenen Einrichtung: Ausschlaggebend ist die rechtliche Ausgestaltung der Festsetzung und Erhebung der Beiträge, die die Einrichtung von den Mitgliedern einheben darf und mit denen sie sich überwiegend finanziert. Auch ist wesentlich, ob eine Regelung des Umfangs und der Modalitäten der Tätigkeiten getroffen wird, die die Einrichtung von Gesetzes wegen zu erfüllen hat und die sie mit diesen Beiträgen finanziert.

Weiterhin ist laut EuGH das dazu alternative Leitungskriterium der lit c nicht nur deshalb erfüllt, weil die Entscheidung über die Höhe der Beiträge einer Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde bedarf.

S. 330 - 333, Judikatur

Philipp Götzl

VwGH: Keine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einleitung des Feststellungsverfahrens

Die Frist zur Einbringung eines Feststellungsantrags ist eine materiellrechtliche Frist, gegen deren Versäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.

Eine verfahrensrechtliche Frist liegt vor, wenn sie die Möglichkeit, eine Handlung zu setzen, die prozessuale Rechtswirkungen auslösen soll (Verfahrenshandlung), zeitlich beschränkt. Ist hingegen eine Rechtshandlung auf den Eintritt materieller Rechtswirkungen gerichtet, so ist die dafür vorgesehene Zeitspanne als materiellrechtliche Frist zu qualifizieren.

Gegen ein Fristenverständnis als materiellrechtliche Frist kommt eine unionsrechtskonforme Interpretation der diese Frist ausdrückenden Bestimmung (hier: § 33 Abs 2 S.VKG) nicht in Betracht.

S. 334 - 336, Judikatur

Florian Keschmann

BVA: Erweiterung des Persönlichen Geltungsbereichs bei geförderten Vorhaben

Bleibt der geschätzte Auftragswert unter dem Schwellenwert, ist der private Auftraggeber nicht als öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Abs 2 BVergG zu qualifizieren.

Die gemäß den Förderungsrichtlinien zwischen Förderunggeber und Förderungsnehmer vereinbarte Anwendung des BVergG kann keine Zuständigkeit des BVA begründen.

S. 337 - 339, Judikatur

Lubica Páleníková

BVA: Offenlegung der Namen der (potentiellen) Bieter führt zur Nichtigerklärung der Ausschreibung

Die Anzahl und Namen der Unternehmer, die ihr Interesse an der Teilnahme am offenen Verfahren bekundet haben, sind bis zur Angebotsöffnung geheimzuhalten. Die fundamentalen Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs sowie der Gleichbehandlung gebieten, dass der Auftraggeber alle organisatorischen und sonstigen Sicherungsmaßnahmen zur Geheimhaltung der Bieter- und Interessentenlisten sowie der eingelangten Angebote zu treffen hat.

Durch die Geheimhaltung der Interessentenlisten können die Kontaktaufnahme der Bieter untereinander sowie unzulässige Preisabsprachen verhindert werden. Die unzulässige Offenlegung kann einen wettbewerbsverzerrenden Einfluss auf die Angebotslegung sowie eine Änderung des Bieterkreises nach sich ziehen.

S. 340 - 343, Judikatur

Werner Mecenovic

BVA: Zur Erforderlichkeit von Nachweisen bei angebotenen Fabrikaten

Alle angebotenen Fabrikate, die ein Bieter angibt, müssen die erforderlichen Qualitätsstandards erfüllen

Dem Urteil „Fastweb“ kann die generelle Einführung eines subjektiven Rechtes auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens nicht entnommen werden

S. 344 - 346, Judikatur

Stephan Heid

BVA: Berechtigter Widerruf eines Verhandlungsverfahrens nach Durchführung eines Wettbewerbes

Es besteht die Möglichkeit des Widerrufs des Verhandlungsverfahrens mit dem Wettbewerbssieger wegen einer Änderung des Raum- und Funktionsprogrammes.

Ein fahrlässiges Verhalten des Auftraggebers hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung, sondern nur auf allfällige Schadenersatzpflichten.

Grenzen der Widerrufsmöglichkeiten finden sich jedoch dort, wo der Widerruf als „sachfremd und willkürlich“ zu betrachten wäre.

S. 347 - 351, Judikatur

Franz Josef Arztmann

BVA: Antragslegitimation trotz eines auszuscheidenden Angebots

Macht ein Bieter das Vorliegen von Ausscheidensgründen auf Seiten des erfolgreichen Bieters geltend, erscheint es angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nun nicht mehr ohne weiteres möglich, die Antragslegitimation unter Berufung auf die Verwirklichung eines Ausscheidenstatbestandes auch auf Seiten des antragstellenden Bieters und damit unter Berufung auf das Fehlen eines Schadenseintritts bzw. einer Schadenseintrittsmöglichkeit abzusprechen.

Nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst besitzt ein Bieter, der ein auszuscheidendes Angebot gelegt hat, wohl nicht nur in Verfahren mit lediglich zwei Parteien Antragslegitimation, sondern immer dann, wenn der (präsumtive) Zuschlagsempfänger ein nicht zuschlagsfähiges Angebot gelegt hat und sich der Antragsteller auf ein – mit den Worten des EuGH – „berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots des Anderen“ beruft.

S. 352 - 355, Judikatur

Michael Breitenfeld

VKS Wien: Absage an gesellschaftsrechtliche Umgehungen des Vergaberechts

Zwar sind Gesellschaftsgründungen und Verträge über Erwerb oder Miete von Rechten an Grundstücken, Gebäuden oder sonstigem unbeweglichem Vermögen grundsätzlich nicht dem BVergG 2006 unterworfen, dies gilt jedoch nicht für die Hausverwaltung, die eine prioritäre Dienstleistung darstellt.

S. 356 - 357, Judikatur

Thomas Kurz

UVS Steiermark: Liegenschaftsverkauf unterliegt grundsätzlich nicht dem BVergG

Immobilien-Developments und Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand sind nur dann Aufträge gemäß BVergG, wenn die öffentliche Hand verbindliche Erfordernisse für die Projektumsetzung durchsetzen kann.

Kann ein Auftraggeber den Auftragnehmer weder direkt noch indirekt zur Erbringung der Umsetzung eines Konzeptes verpflichten, liegt keinesfalls eine einklagbare Bau- bzw Leistungspflicht vor.

Ein Rückkaufs- oder Rücktrittsrecht des Auftraggebers für den Fall der Nichtverwirklichung des Konzeptes stellt keine solche einklagbare Bau- bzw Leistungspflicht dar.

S. 358 - 361, Judikatur

Robert Keisler

UVS OÖ: Zur Auftraggebereigenschaft von Ordensspitälern

Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 3 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 bzw bei unmittelbarer Anwendung der Richtlinie 2004/18/EG sind alle Einrichtungen ohne industriellen oder kommerziellen Charakter, die der Gebarungsprüfung des Rechnungshofes unterliegen, öffentliche Auftraggeber. Deshalb unterliegen fondsfinanzierte, öffentliche Krankenanstalten ungeachtet ihrer Trägerschaft dem Vergaberegime.

S. 362 - 364, Judikatur

Philipp Götzl

UVS Tirol: Fakultativer Widerruf darf nicht als Vorwand erfolgen

Hintergrund der Regelung des § 139 Abs 2 Z 2 BVergG ist das Wettbewerbsprinzip, das es dem Auftraggeber ermöglichen soll verschiedene Angebote miteinander zu vergleichen.

Die Tatbestände des § 139 Abs 2 Z 1 und 2 BVergG stellen zwei Sondertatbestände des Widerrufs aus sachlichen Gründen (§ 139 Abs 2 Z 3 BVergG) dar. Unsachlich ist ein Widerruf insbesondere dann, wenn der angestrebte Wettbewerb tatsächlich stattgefunden hat.

Der angestrebte Wettbewerb hat tatsächlich stattgefunden, wenn die eingelangten Angebote es dem Auftraggeber ermöglicht haben, sie miteinander zu vergleichen und das günstigste Angebot auszuwählen; der Umstand, dass die übrigen Angebote aus formalen Gründen auszuscheiden waren, ist dabei nicht relevant.

Ist dem Auftraggeber hinsichtlich der Ausübung des Widerrufsrechts ein Ermessensspielraum eingeräumt (fakultativer Widerrufsgrund) darf dieser nicht unsachlich ausgeübt werden. Ein Widerruf ist jedenfalls dann rechtswidrig, wenn er willkürlich, rechtsmissbräuchlich oder als Vorwand erfolgt ist.

S. 365 - 367, Judikatur

Michaela Helmreich

EuGH: Ärztekammer Westfalen-Lippe keine Einrichtung des öffentlichen Rechts

Art 1 Abs 9 UAbs 2 lit c der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung wie eine berufsständische Körperschaft des öffentlichen Rechts weder das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch die öffentlichen Stellen erfüllt, wenn sich diese Einrichtung überwiegend durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert, zu deren Festsetzung und Erhebung sie durch ein Gesetz ermächtigt wird, das nicht den Umfang und die Modalitäten der Tätigkeiten regelt, die sie im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, die mit diesen Beiträgen finanziert werden sollen, ausübt, noch das Kriterium der Aufsicht öffentlicher Stellen über ihre Leitung allein deshalb erfüllt, weil die Entscheidung, mit der sie die Höhe der Beiträge festsetzt, der Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde bedarf.

S. 368 - 370, Judikatur

Hubert Reisner

EuGH: Sind Kammern noch öffentliche Auftraggeber?

Im Licht der Ziele zu verhindern, dass sich eine öffentliche Stelle bei der Vergabe von Aufträgen von anderen als wirtschaftlichen Kriterien leiten lässt und einheimische Bieter oder Bewerber bevorzugt, ist jedes der Kriterien für die Beherrschung durch eine öffentliche Stelle funktionell auszulegen, dh unabhängig von den formellen Modalitäten seiner Anwendung, und muss so verstanden werden, dass es eine enge Verbindung mit öffentlichen Stellen schafft.

Da die überwiegende Finanzierung durch die öffentlichen Stellen funktionell auszulegen ist, hat der Gerichtshof entschieden, dass das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch die öffentlichen Stellen auch eine mittelbare Finanzierungsweise einschließt.

Eine den Kriterien für die Beherrschung durch andere öffentliche Auftraggeber genügende Finanzierung kann auch darin bestehen, dass sich Einrichtungen wie die gesetzlichen Sozialversicherungskassen durch die von ihren Mitgliedern oder für diese entrichteten Beiträge, denen keine spezifische Gegenleistung gegenübersteht, finanzieren, wenn die Mitgliedschaft in einer solchen Kasse und die Zahlung dieser Beiträge gesetzlich vorgeschrieben sind, wenn der Beitragssatz zwar formal von den Kassen selbst festgelegt wird, aber zum einen rechtlich vorgegeben ist, wobei das Gesetz die von den Kassen erbrachten Leistungen und die damit verbundenen Ausgaben festlegt und den Kassen untersagt, ihre Aufgaben mit Gewinnerzielungsabsicht wahrzunehmen, und zum anderen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf, und sofern die Beiträge aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zwangsweise eingezogen werden

Eine nachträgliche Kontrolle erfüllt das Kriterium der Beherrschung durch öffentliche Stellen grundsätzlich nicht, da eine solche Kontrolle es den öffentlichen Stellen nicht erlaubt, die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen.

Art 1 Abs 9 UA 2 lit c RL 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung wie eine berufsständische Körperschaft des öffentlichen Rechts weder das Kriterium der überwiegenden Finanzierung durch die öffentlichen Stellen erfüllt, wenn sich diese Einrichtung überwiegend durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert, zu deren Festsetzung und Erhebung sie durch ein Gesetz ermächtigt wird, das nicht den Umfang und die Modalitäten der Tätigkeiten regelt, die sie im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, die mit diesen Beiträgen finanziert werden sollen, ausübt, noch das Kriterium der Aufsicht öffentlicher Stellen über ihre Leitung allein deshalb erfüllt, weil die Entscheidung, mit der sie die Höhe der Beiträge festsetzt, der Genehmigung durch eine Aufsichtsbehörde bedarf.

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