Die wesentlichen Unterschiede der Landes-Rechtsschutzgesetze untereinander sowie im Vergleich zu den Rechtsschutzbestimmungen des BVergG 2018
- ISSN Online: 2309-7523
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Inhalt der Ausgabe
S. 76 - 82, Judikatur
Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 (war) verfassungswidrig - Die Einführung eines vergabespezifischen Rechtsschutzes auf Landesebene ist von einer Regelung des materiellen Vergaberechts durch den Bundesgesetzgeber abhängig
Art 14b Abs 1 B-VG begründet eine ausschließliche Kompetenz des Bundes zur Regelung der Gesetzgebung des „materiellen Vergaberechts“. Ein Landesgesetzgeber darf ein Nachprüfungsverfahren nur für jene öffentlichen Aufträge vorsehen, für die der Bundesgesetzgeber hinreichend spezifische vergabeverfahrensrechtliche Regelungen erlassen hat.
Die Länder sind zwar (grundsätzlich) gemäß Art 23d Abs 5 B-VG zur Umsetzung jener Teile der Richtlinien des „Vergaberichtlinienpaketes 2014“ verpflichtet, die gemäß Art 14b Abs 3 B-VG Angelegenheiten der Nachprüfung für Auftraggeber gemäß Art 14b Abs 2 Z 2 B-VG betreffen. Eine innerstaatliche Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur (in Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben ergehenden) Regelung des Nachprüfungsverfahrens besteht jedoch nur, wenn und insoweit der Bundesgesetzgeber eine entsprechende materielle vergaberechtliche Regelung im Sinne des Art 14b Abs 1 B-VG erlassen hat.
Der Bund kann nur für seinen Zuständigkeitsbereich eine alleinige Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte vorsehen, nicht jedoch für jenen der Länder nach Art 14b Abs 3 B-VG, sofern er hinreichend spezifische vergabeverfahrensrechtliche Regelungen gemäß Art 14b Abs 1 B-VG erlassen hat.
Der Festlegung gesondert anfechtbarer Entscheidungen kommt zwar (auch) Bedeutung im Rechtsschutzverfahren zu, jedoch strukturiert und regelt der Vergabegesetzgeber durch diese Festlegung insbesondere auch das eigentliche Vergabeverfahren, indem er den öffentlichen Auftraggeber dazu verhält, solche Entscheidungen in formalisierter Weise eigenständig zu treffen. Insbesondere im Hinblick auf die Zielsetzung des Art 14b B-VG, die auf Bund und Länder verteilte Zuständigkeit zu vereinheitlichen, fällt die Festlegung gesondert anfechtbarer Entscheidungen in die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers.
S. 83 - 87, Judikatur
Zum Umfang der ersatzfähigen Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren
Ob bestimmte, vom Bewerber behauptete Kosten solche der „Teilnahme am Vergabeverfahren“ sind kann nach dem Wortlaut des Gesetzes nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.
Es handelt sich beim Anspruch gemäß § 337 Abs 1 BVergG 2006 um einen Vertrauensschadenersatzanspruch eigener Art. Den Vertrauensschaden (negatives Vertragsinteresse) kann nur derjenige begehren, der auf die Gültigkeit einer abgegebenen Erklärung oder auf das Zustandekommen eines Vertrags vertraut hat, obwohl die Erklärung ungültig war oder der Vertrag nicht zustande kam. In diesem Fall hat der Schädiger den Vertrauenden so zu stellen, wie er stünde, wenn er mit der Gültigkeit seiner Verpflichtung nicht gerechnet hätte. Dieser Anspruch ist von einem verfahrensrechtlichen Kostenersatzanspruch zu unterscheiden, dessen Berechtigung vom Erfolg in der Hauptsache abhängt. Schon daher zeigt die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage mit ihrer Behauptung auf, „erfolglose“ vergaberechtliche Rechtsschutzinstrumente könnten keinen Ersatzanspruch gemäß § 337 Abs 1 BVergG 2006 begründen.
S. 88 - 91, Judikatur
Über das „sonstige Benutzungsrecht“ an Liegenschaften gemäß KAKuG als MUSS-Kriterium
Gemäß § 3 Abs 2 lit b KAKuG muss für die sanitätsbehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt das Eigentumsrecht oder ein sonstiges Recht zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen werden. Eine damit korrespondierende Festlegung in der Ausschreibungsunterlage, wonach dieser Nachweis zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung als zwingendes MUSS-Kriterium vorliegen muss, lässt keinen Interpretationspielraum offen.
Ein sonstiges Recht zur Benützung kann auch eine bedingungsfreie Verkaufszusage sein. Solange das behördliche Umwidmungsverfahren der Betriebsanlage zur Sonderfläche für Kuranstalten jedoch offen ist, kann noch überhaupt kein „Recht“ im Sinne des § 3 Abs 2 lit b KAKuG geltend gemacht werden. Darüber hinaus kann aufgrund offener Zustimmung der Gemeinde zur Flächenumwidmung ein Scheitern des Projekts nicht ausgeschlossen werden.
S. 92 - 97, Judikatur
Unzulässige Änderung des Leistungsanteiles eines Subunternehmers
Die Herabsetzung des Leistungsanteiles des Subunternehmers um 35% der Leistung ist unzulässig.
Stammt das angegebene Schlüsselpersonal aus dem Personalstand des Subunternehmers, handelt es sich um einen erforderlichen Subunternehmer.
Ein Teilnahmeantrag stellt weder eine inhaltliche Vertragserklärung, noch eine bindende Erklärung zum Vertragsabschluss, sondern vielmehr nur eine Interessensbekundung am ausgeschriebenen Vergabeverfahren teilnehmen zu wollen, dar. Im Gegensatz zu gesetzlichen oder vereinbarten Formerfordernissen bei der Angebotsabgabe ist bei Formerfordernissen betreffend Teilnahmeanträgen nicht ein solch strenger Auslegungsmaßstab anzulegen.
Bei der Vorlage eines Teilnahmeantrags mit kopierten Unterschriften kann von einem behebbaren Mangel ausgegangen werden. Im konkreten Fall sind im Teilnahmeantrag auf Formblatt 1 der Teilnahmeantragsunterlagen Unterschriften der zeichnungsberechtigten Personen der Bewerbergemeinschaft in Farbkopie vorhanden. Die erforderlichen Unterschriften fehlen somit nicht, sondern liegt ein Mangel des Teilnahmeantrages vor, da die Unterschriften lediglich in Kopie, aber nicht im Original vorliegen.
S. 103 - 106, Judikatur
Zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit eines Bieters
Eine Erklärung, dass hinsichtlich des den Auftrag ausführenden Unternehmens oder Unternehmensteiles keine Verkaufsabsichten bestehen, ist keine nachvollziehbare, überprüfbare Anforderung an die Person eines Bieters.
S. 107 - 111, Judikatur
Bei Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung sind eine Beschränkung der Mitgliederanzahl einer Bietergemeinschaft und ein Verbot der Mehrfachbeteiligung zulässig
Beschränkungen betreffend die Mitgliederanzahl einer Bietergemeinschaft sind gem § 20 Abs 2 BVergG 2006 stets dann zulässig, wenn es dafür eine sachliche Rechtfertigung gibt. Der Umstand, dass für einen Auftrag (nur) drei Gewerke erforderlich sind und es daher auch bei einer Limitierung auf drei Mitglieder jedem Unternehmen, vor allem auch jedem KMU möglich ist, selbst ein Angebot abzugeben, ohne in die Rolle eines Subunternehmers gedrängt zu werden, weil eine der drei erforderlichen Befugnisse fehlt, stellt eine solche sachliche Rechtfertigung dar. Auch kartellrechtliche Probleme bei allzu großen Bietergemeinschaften mit bis zu zwölf Mitgliedern und ein organisatorischer Mehraufwand des Auftraggebers können die Beschränkung der Mitgliederanzahl einer Bietergemeinschaft sachlich rechtfertigen.
Ein Auftraggeber kann schon in der Ausschreibung eine Mehrfachbeteiligung als Mitglied in verschiedenen Bietergemeinschaften, die Angebote für ein- und dasselbe Los legen, untersagen, da ein Bieter, der als Mitglied einer Bietergemeinschaft das Angebot der Bietergemeinschaft unterfertigt, zwangsläufig dieses Angebot samt der Kalkulation und dem Angebotspreis kennt und somit automatisch in die Lage versetzt wird, sein anderes Angebot (als alleiniger Bieter oder als Bieter in einer anderen Bietergemeinschaft) entsprechend anzupassen. Dies widerspricht dem Grundsatz eines freien und fairen Wettbewerbs.
Es kommt auf den Inhalt der Eingabe an, ob eine Beschwerde, ein Antrag auf Wiedereinsetzung, auf Wiederaufnahme oder ein gesonderter Antrag auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bzw ein Vorlageantrag iSd § 1 Abs 1 BuLVwG-EGebV an das Landesverwaltungsgericht vorliegt.
Mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, das Landesverwaltungsgericht möge die Untersagung der Zuschlagserteilung aussprechen, wird kein im § 1 Abs 1 BuLVwG-EGebV angeführtes Anbringen gestellt, sodass diese Eingabe nicht der Gebühr nach dieser Bestimmung unterliegt.
Da die Ermächtigung Pauschalgebühren festzulegen nicht auf bestimmte Anbringen beschränkt ist, § 1 Abs 1 BuLVwG-EGebV jedoch eine Gebührenpflicht nur für bestimmte Anbringen vorsieht und in der Folge Abs 2 leg cit das Entstehen der Gebührenschuld für alle gebührenpflichtigen Eingaben und Beilagen regelt, der Verordnungsgeber somit eine Gebührenpflicht nach § 14 TP 6 GebG für andere als in der BuLVwG-EGebV genannten Anbringen nicht in Betracht gezogen hat, ist davon auszugehen, dass der Verordnungsgeber im Rahmen seiner Ermächtigung die Gebührenpflicht auf die im BuLVwG-EGebV genannten Anbringen einschränkt hat.
Es entspricht dem Zweck der Festlegung von Pauschalgebühren, dass nicht für jede einzelne Schrift die in den Tarifbestimmungen vorgesehene Gebühr zu erheben ist.
Art 1 Abs 5 und Art 32 Abs 2 UA 4 RL 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass ein öffentlicher Auftraggeber für sich selbst und für andere eindeutig bezeichnete öffentliche Auftraggeber, die nicht unmittelbar an einer Rahmenvereinbarung beteiligt sind, handeln kann, wenn die Gebote der Publizität und der Rechtssicherheit und damit das Transparenzgebot beachtet werden, und
Art 1 Abs 5 und Art 32 Abs 2 UA 4 RL 2004/18/EG sind dahin auszulegen, dass es nicht zulässig ist, dass die diese Rahmenvereinbarung nicht unterzeichnenden öffentlichen Auftraggeber nicht die Menge der Leistungen bestimmen, die verlangt werden kann, wenn sie Aufträge in Durchführung dieser Rahmenvereinbarung abschließen, oder sie die Menge unter Bezugnahme auf ihren normalen Bedarf bestimmen, da sie sonst gegen die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung der am Abschluss dieser Rahmenvereinbarung interessierten Wirtschaftsteilnehmer verstoßen würden.
S. 122 - 125, Judikatur
Keine wirtschaftliche Bewertung nach einer ungenügenden technischen Bewertung mehr
Die RL 2014/24/EU ist dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die es den öffentlichen Auftraggebern gestatten, in den Vergabebedingungen eines offenen Ausschreibungsverfahrens Mindestanforderungen hinsichtlich der technischen Bewertung festzulegen, so dass die abgegebenen Angebote, die nach abgeschlossener technischer Bewertung eine vorab festgelegte Mindestpunktzahl nicht erreichen, von der weiteren Bewertung, die sowohl auf technischen als auch auf preislichen Kriterien beruht, ausgeschlossen werden.
Art 66 RL 2014/24 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften wie den im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die es den öffentlichen Auftraggebern gestatten, in den Vergabebedingungen eines offenen Ausschreibungsverfahrens Mindestanforderungen hinsichtlich der technischen Bewertung festzulegen, so dass die abgegebenen Angebote, die nach abgeschlossener technischer Bewertung eine vorab festgelegte Mindestpunktzahl nicht erreichen, von den weiteren Phasen der Zuschlagserteilung ausgeschlossen werden, und zwar unabhängig davon, wie viele Bieter noch übrig sind.
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