Im Jahr 2018 wurden zwei wesentliche Novellen zur Bauordnung für Wien erlassen. Mit der Novelle LGBl 37/2018 wurde das Verfahren zum Abbruch von Bauwerken neu geregelt. Die umfangreiche Novelle LGBl 69/2018 („Bauordnungsnovelle 2018“) enthält zahlreiche Regelungen, die von ihrer Zielsetzung insbesondere die Themenbereiche „Verfahrensvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung“, „Gewährleistung eines leistbaren Wohnens“, „Energieeinsparung und Klimaschutz“ sowie „Erhöhung der Sicherheit“ betreffen. Mit der zuletzt genannten Novelle wurden auch Änderungen des Wiener Kleingartengesetzes 1996 und des Wiener Garagengesetzes 2008 vorgenommen. Im folgenden Beitrag werden die Schwerpunkte dieser Novellen dargestellt.
- ISSN Online: 1613-7612
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Inhalt der Ausgabe
S. 167 - 180, Aufsatz
Die Bauordnungsnovellen 2018 – Wesentliche Änderungen im Wiener Baurecht
S. 181 - 188, Grundlagen und Praxis des Baurechts
Missstände bei der Vollziehung des Baurechts. Aktuelle Fälle aus der Volksanwaltschaft 2019/1
Aufgabe der Volksanwaltschaft ist es, auf Grund von Beschwerden oder von Amts wegen Missstände in der Verwaltung des Bundes und – auf Grundlage landesverfassungsgesetzlicher Ermächtigungen (Bgld, Krnt, Nö, Oö, Sbg, Stmk, Wien) – der Länder, einschließlich des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden, festzustellen. In diesem Zusammenhang hat die Volksanwaltschaft auch wichtige, praxisrelevante Fragen des Bau- und Raumordnungsrechts zu klären.
S. 189 - 190, Rechtsprechung
Baubewilligung; Antragslegitimation; Eigentümergemeinschaft nach dem WEG 2002; Treppenschrägaufzug
In einem Baubewilligungsverfahren nach der nö BauO kann grundsätzlich (auch) eine Eigentümergemeinschaft im Sinn des § 18 WEG 2002 als Bauwerber auftreten.
In Anbetracht der Beschränkung der Rechts- und Handlungsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft auf Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft muss aber geprüft werden, ob die von der Eigentümergemeinschaft bei der Baubehörde beantragte Maßnahme in den Bereich der Verwaltung der Liegenschaft fällt.
In den Bereich der Verwaltung fällt der Einbau eines Treppenschrägaufzuges nur, wenn er der Benützung durch alle Mit- und Wohnungseigentümer offensteht.
Das Recht auf Akteneinsicht verpflichtet die Behörde nicht, Akten oder Kopien davon an die Partei zu übersenden.
Die Unterlassung der Mitteilung, dass eine Aktenkopie nicht übersendet wird, stellt für sich keine Verweigerung der Akteneinsicht dar, weil die Partei weiter die Möglichkeit hat, bei der Behörde in die Akten Einsicht zu nehmen.
Das Vollstreckungsstadium beginnt bereits mit dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Paritionsfrist.
Von diesem Zeitpunkt an bis zum tatsächlichen Abschluss der Ersatzvornahme sind die Eigentümer der betroffenen Baulichkeit als Verpflichtete ungeachtet einer nachfolgenden Änderung der Eigentumsverhältnisse anzusehen.
S. 190 - 191, Rechtsprechung
Flächenwidmung „Betriebsbaugebiet“; Mischbauwerk; Baulichkeiten für religiöse Zwecke; Religionsfreiheit; Baufreiheit
Die gemischte Nutzung einer Halle für teils betriebliche, teils religiöse Tätigkeiten ist im „Betriebsbaugebiet“ unzulässig.
Aus dem Grundrecht auf Religionsfreiheit ist nicht abzuleiten, dass eine Baulichkeit für religiöse Zwecke nicht den raumordnungsrechtlichen Vorschriften entsprechen müsste.
Der Grundsatz auf Baufreiheit kommt nur dann zum Tragen, wenn ein gesetzlicher Zweifelsfall vorliegt.
S. 191 - 193, Rechtsprechung
Flächenwidmung; Verkehrsaufschließung; erforderliche Plangenauigkeit bei Widmungsgrenzen zwischen Bau- und Grünland
Bei der Erstellung des Flächenwidmungsplans besteht noch keine Notwendigkeit zu einer abschließenden Prüfung der Verkehrserschließung eines Grundstücks.
Die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Planpräzision dürfen nicht überspannt werden.
Bei der Ermittlung der Widmungsgrenze zwischen Bau- und Grünland ist im Fall des Fehlens anderer Auslegungsmomente im Zweifel auf die „Strichmitte“ abzustellen.
S. 191 - 191, Rechtsprechung
Baupolizeilicher Beseitigungsauftrag; langjähriger rechtswidriger Baubestand; Verschweigung; Ersitzung
Der Umstand, dass Baulichkeiten seit langer Zeit ohne entsprechende Bewilligung bestehen, vermag keine Rechtswidrigkeit eines Beseitigungsauftrages zu begründen.
Ohne einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung kann in einer Angelegenheit öffentlich-rechtlicher Natur eine Verschweigung (ähnlich der Verjährung) nicht eintreten.
Ebenso wenig kann eine Baubewilligung ersessen werden.
S. 193 - 194, Rechtsprechung
Wohnungseigentum; rechtswidrige Änderung des Verwendungszweckes; baupolizeilicher Unterlassungsauftrag; Adressat
Bei einer rechtswidrigen Änderung des Verwendungszweckes eines im Wohnungseigentum stehenden Objekts (hier: von Keller zu Wohnung) ist der baupolizeiliche Unterlassungsauftrag ausschließlich an den betreffenden Wohnungseigentümer zu adressieren.
S. 194 - 195, Rechtsprechung
Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte; Erforderlichkeit eines Bebauungsplanes
Den Nachbarn kommt ein subjektiv-öffentliches Recht zu, dass die Baubewilligung nicht vor der Erlassung eines nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bebauungsplanes erteilt wird.
Es obliegt der Baubehörde (bzw hier: dem LVwG), ausreichende Sachverhaltsfeststellungen zur Frage der Notwendigkeit eines Bebauungsplanes zu treffen und eine nachvollziehbare Begründung zu geben, worauf sich die Rechtsauffassung gründet, dass für ein Baugrundstück kein Bebauungsplan erforderlich sei.
In der Bausperrenverordnung genügt es, die beabsichtigen Änderungen zu benennen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der Bausperre von der Zulässigkeit der Änderungsabsichten abhängt. Gegen die „Zielvorgabe“, mit den geplanten Maßnahmen den dauernden Wohnbedarf der ansässigen Bevölkerung zu leistbaren Bedingungen befriedigen zu wollen, bestehen daher keine rechtlichen Bedenken.
Es ist zulässig, in der Bausperrenverordnung auf „Richtlinien und Schwellenwerte der Tiroler Wohnbauförderung“ (hier: zur Konkretisierung des Begriffs der „leistbaren Bedingungen“) zu verweisen sowie ein ortsplanerisches Gutachten zum „integralen Bestandteil“ der Bausperrenverordnung zu erklären.
S. 195 - 195, Rechtsprechung
Änderung des Verwendungszweckes; Kellerräume; Hobbyraum; (Wohn-)Küche; Aufenthaltsraum; erforderlicher Lichteinfall
Eine Küche, die nicht nur zum Kochen bestimmt ist, sondern auch Sitz- bzw Verweilmöglichkeiten aufweist, ist als Aufenthaltsraum (und nicht als bloßer „Hobbyraum“) zu qualifizieren.
Auch im Fall eines Umbaus und der Änderung des Verwendungszweckes sind bei Aufenthaltsräumen die Vorschriften über den notwendigen Lichteinfall einzuhalten.
Punkt 9.1 (samt Unterpunkten) der OIB-RL 3 bezieht sich allgemein auf Aufenthaltsräume, nicht nur auf solche in Wohnungen.
S. 196 - 196, Rechtsprechung
Anzeigepflichtige Bauvorhaben; Feststellungsbescheid; zumutbarer Rechtsweg
Die Frage, ob ein Bauvorhaben anzeigepflichtig ist, ist im Rahmen des baubehördlichen Anzeigeverfahrens zu lösen.
Ein Antrag auf Feststellung der Anzeigepflicht ist aufgrund eines zumutbaren Rechtsweges als unzulässig zurückzuweisen.
Reichen unterirdische Erdnägel (hier: auf einer zur Sicherung des Bauvorhabens zu errichtenden Spritzbetonwand) auf das Nachbargrundstück, bedarf es einer liquiden Zustimmung des Grundeigentümers zu dieser Maßnahme.
Dieser Grundeigentümer ist zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Baubewilligung legitimiert und kann seine Zustimmung auch noch im Rechtsmittelverfahren zurückziehen.
An der Wirksamkeit der Zurückziehung der Zustimmungserklärung ändert auch der Umstand nichts, dass der Nachbar in der mündlichen Verhandlung keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben hat, da das Erfordernis der Erhebung von Einwendungen zur Beibehaltung der Parteistellung in Bezug auf den Grundeigentümer, dessen Zustimmung zum Bauvorhaben erforderlich ist, im vlbg BauG nicht vorgesehen ist.
S. 196 - 197, Rechtsprechung
Flächenwidmung „Wohngebiet“; Pferdestall; Immissionsschutz; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte
Aufgrund der taxativen Aufzählung der Nachbarrechte in § 26 vlbg BauG kommt Nachbarn kein eigenes subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung der Flächenwidmung zu.
Ist nach den eingeholten lufthygienischen, lärmtechnischen und medizinischen Gutachten der Amtssachverständigen davon auszugehen, dass am Standort weder eine Gefährdung noch – unter Berücksichtigung der Flächenwidmung – eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung vorliegt, dann ist die Errichtung eines Pferdestalles zulässig.
S. 197 - 197, Rechtsprechung
Baubewilligungspflichtige Maßnahmen; Abbruch; öffentliches Interesse an der Erhaltung des Stadtbildes
Die mit der wr BauONov 2018, LGBl 2018/37, eingeführte Bewilligungspflicht für den Abbruch von Bauten, an deren Erhaltung infolge ihrer Wirkung auf das örtliche Stadtbild ein öffentliches Interesse besteht, gilt nicht für bereits vor dem Inkrafttreten dieser Novelle begonnene Abbrucharbeiten.
Allfällige Schadenersatzansprüche des Voreigentümers aus dem Werkvertrag gegen den Werkunternehmer wegen Schlechterfüllung gehen nicht mit dem Eigentum an der Sache auf den neuen Eigentümer über, der mit dem Werkunternehmer in keinem Rechtsverhältnis steht und auf den der Schaden nicht im Zeitpunkt des Schadenseintrittes überwälzt wurde. Hat der Käufer wegen bestehenden Mangels des Bauwerkes zu teuer gekauft, so kann er sich diesbezüglich nur an seinen Vertragspartner halten.
Ein Abbruch, mit dem bereits vor Erlassung der Bausperrenverordnung begonnen worden ist, ist nicht bewilligungspflichtig.
Vom Beginn eines Abbruches kann erst gesprochen werden, wenn zumindest im Inneren des Gebäudes in die Bausubstanz eingreifende Maßnahmen (zB Abreißen von Innenwänden oder von Deckenträmen) gesetzt worden sind.
Durch die für einen Abbruch erforderlichen Vorbereitungshandlungen wird mit dem Abbruch eines Bauwerkes noch nicht begonnen.
Auf den Einwand des gutgläubigen lastenfreien Eigentumserwerbs ist nur dann Bedacht zu nehmen, wenn sich der Erwerber einer Liegenschaft in erster Instanz darauf beruft.
Der in § 16 Abs 2 WEG 2002 verwendete Begriff „Änderungen“ ist sehr weit auszulegen. Jede Änderung, die eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer mit sich bringen könnte (wofür also schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt), bedarf der Zustimmung aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG.
Selbst dann, wenn im Zuge von Vertragsverhandlungen Nebenpunkte besprochen werden und darüber zunächst keine Einigung erzielt werden kann, können die Parteien im weiteren Verlauf den Vorbehalt einer Einigung über diese Nebenpunkte (ausdrücklich oder schlüssig) auch wieder fallen lassen. Davon ist dann auszugehen, wenn die Parteien ihren Abschluss- und Bindungswillen eindeutig durch Handschlag ausdrücken, ohne die früher im Zuge der Vertragsverhandlungen allenfalls noch offenen Punkte weiter anzusprechen und diesbezüglich einen Vorbehalt zu machen.
Offenbar auffallen muss ein Irrtum, wenn er bei verkehrsüblicher Sorgfalt erkennbar gewesen wäre oder der Partner wenigstens Verdacht hätte schöpfen müssen.
Die früher auf die Fürsorgepflicht des Werkbestellers gemäß § 1169 ABGB gestützte Koordinationspflicht des Bauherrn wird nunmehr im Regelungsbereich des BauKG durch dieses als Schutzgesetz konkretisiert. Das BauKG als lex specialis verdrängt insoweit den bisherigen Ansatz bei § 1169 ABGB.
Auch im Rahmen einer Vertragskette hat der Unternehmer, der seinerseits einen Teil der Arbeiten weitergibt, gegen seinen Subunternehmer als Besteller eigene Ansprüche auf mängelfreie Werkerstellung, deren Geltendmachung an die im § 933 ABGB geregelten Ausschlussfristen gebunden ist. Sie erlöschen deshalb, wenn sie von ihm nicht innerhalb von drei Jahren ab der Übergabe gerichtlich geltend gemacht werden.
Ein Sondernutzungsvorbehalt des Wohnungseigentumsorganisators, der sich den künftigen Dachbodenausbau offenhalten will, fällt unter § 24 Abs 1 Z 1 WEG. Allerdings verbietet § 38 Abs 1 Z 1 WEG auch eine unbillige Beschränkung der Verfügungsrechte (nicht nur der Nutzungsrechte) von Wohnungseigentümern.
Für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ist auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen; baurechtliche oder raumordnungsrechtliche „Widmungen“ definieren die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander nicht. Die privatrechtliche Einigung (der Widmungsakt) der Wohnungseigentümer kann auch konkludent erfolgen. Spätere Widmungsänderungen können allenfalls ebenso konkludent die Zustimmung aller Miteigentümer und Wohnungseigentümer finden.
S. 205 - 206, Rechtsprechung
Falsche statische Berechnung; Berufshaftpflichtversicherung; Auslandsklausel
Der Ort des Schadensereignisses ist im Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Dritten und nicht aufgrund von Rechtsbeziehungen zu ermitteln, an denen ausschließlich spätere Dritte und nicht mehr der Versicherungsnehmer beteiligt ist.
S. 206 - 206, Rechtsprechung
Subunternehmer; Hilfsunternehmen; Werkvertrag; Abgrenzung der Subunternehmereigenschaft
Zur Abgrenzung der Subunternehmereigenschaft bedarf es jeweils im Einzelfall der Feststellung der konkreten vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Bieter und dem dritten Unternehmen.
Bei der Bestbieterermittlung sind – grundsätzlich ungeachtet allfälliger Rechtswidrigkeiten der Zuschlagskriterien – die bestandfesten Ausschreibungsbedingungen maßgeblich.
S. 207 - 207, Rechtsprechung
Angebotsinhalt; Auslegung; objektiver Erklärungswert; offenes Verfahren
Auch im offenen Verfahren können Angebote auslegungsbedürftig sein; die Klärung des Angebotsinhaltes widerspricht nicht dem Verhandlungsverbot.
Die Nichtbefassung der Schlichtungsstelle vor der Antragstellung war rechtlich unbeachtlich.
Ist die Dauer der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des Nachprüfungsverfahrens begrenzt, kann von der Bestimmung einer nach einem Datum festgesetzten Frist abgesehen werden.