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JST

Heft 2, März 2020, Band 7

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 2312-1920

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Inhalt der Ausgabe

S. 105 - 106, Zur Erinnerung

Alois Birklbauer

Dr. Rainer J. Nimmervoll LL.M (9.6.1976–30.1.2020)

Rainer Nimmervoll hat das Journal für Strafrecht – nicht allein durch die von ihm ins Leben gerufene Rubrik „Zur Erinnerung“ – seit seiner Neuausrichtung im Jahre 2014 wesentlich geprägt. In der vorliegenden Ausgabe füllen diese Rubrik ein paar Gedanken der Erinnerung an ihn, dessen noch junges Leben am 30. Jänner 2020 zu Ende gegangen ist. Er hinterlässt fachlich und auch menschlich eine unermesslich große Lücke, wenngleich viele seiner Ideen fortgesetzt und weiterleben werden. Die folgenden Zeilen sollen Ausdruck aufrichtigen Dankes sein, an einen Menschen, der für Herausgeber, Redakteurinnen und Redakteure sowie Leserinnen und Leser des Journals unvergesslich bleiben wird.

S. 107 - 110, Aufsatz

Alexander Tipold

Das Regierungsprogramm 2020–2024

Das Regierungsprogramm 2020–2024 zeigt das Arbeitsprogramm, das die Ministerialentwürfe sowie Regierungsvorlagen und damit die Gesetzesänderungen der nächsten Jahre prägen wird. Daher soll es näher betrachtet werden. In vielerlei Hinsicht ist dieses Programm nicht derart konkret, wie es jenes der Vorgängerregierung durchaus war: Es soll viel „evaluiert“ und „geprüft“ werden, und es ist nicht immer klar, in welche Richtung eine allfällige „Überarbeitung“ geht. Es werden Ziele genannt, wobei die Wege zu deren Erreichung nicht eindeutig festgelegt sind. Immerhin ist dadurch ausreichend Flexibilität gewahrt, und die Pläne sind nicht derart festgeschrieben, sodass man sie aufgeben kann, ohne das Gesicht zu verlieren, wenn sie sich als verfehlt herausstellen sollten.

S. 111 - 116, Aufsatz

Stefan G. Huber

Neueste Änderungen im Korruptionsstrafrecht durch BGBl I 2019/111

Zur Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2017/1371 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (sog „PIF-Richtlinie“) wurden Anpassungen im StGB vorgeschlagen, die neben zwei neuen Tatbeständen (§§ 168c und 168d StGB) ua auch eine Änderung des Amtsträgerbegriffs nach § 74 Abs 1 Z 4a lit b StGB umfassten. Der Budgetausschuss folgte jedoch im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf geäußerten Bedenken und fürchtete eine zu weitgehende Anwendung des Korruptionsstrafrechts auf die „neuen“ Amtsträger. Um sicherzustellen, dass die Strafbarkeit dieses „neu“ eingeführten Amtsträgertyps nicht über das von der RL vorgesehene Mindestmaß hinausgeht, sah der Budgetausschuss nicht nur Änderungen beim Vorschlag zum neuen Amtsträgerbegriff, sondern va auch bei den Korruptionsdelikten ieS vor. Die folgenden Ausführungen beleuchten diese letztlich beschlossenen, mit BGBl I 2019/111 am 27.12.2019 kundgemachten und am 28.12.2019 in Kraft getretenen Neuerungen in Bezug auf die Korruptionsdelikte, die sich nicht friktionsfrei in deren bisherige Systematik einfügen.

S. 117 - 121, Aufsatz

Johannes Oberlaber

Die Feststellung des Erklärungswerts von Emojis und Emoticons im Strafurteil

Emojis und Emoticons werden meist von Nutzern von Messaging-Diensten wie WhatsApp oder Social Media Plattformen wie Facebook verwendet. Sie sparen dem Verfasser einer Nachricht Zeit und geben der Nachricht eine originelle Note. Nicht immer ist jedoch klar, was der Verfasser mit deren Verwendung ausdrücken will. Im folgenden Beitrag wird daher einerseits der Frage nach dem Erklärungswert von Emojis und Emoticons nachgegangen, andererseits aber auch der Frage, welche Feststellungen der Strafrichter dazu in seinem Urteil zu treffen hat.

S. 122 - 129, Aufsatz

Jan Bockemühl

Dreiländerforum Strafverteidigung – grenzüberschreitende europäische Überlegungen

Der Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung und die Inhalte der bisherigen Veranstaltungen im Rahmen des Dreiländerforums Strafverteidigung.

S. 130 - 135, Aufsatz

Josef Landerl / Alois Birklbauer

Nationalsozialistische Wiederbetätigung: Strafen oder alternative Verfahrenserledigung?

Infolge der Gräueltaten durch die Nationalsozialisten wurde in Österreich unmittelbar nach Kriegsende das Verbotsgesetz beschlossen, das jegliche Betätigung im nationalsozialistischen Sinne untersagt. Das Gesetz wurde inzwischen mehrfach novelliert. Der vorliegende Beitrag behandelt nach einer Einleitung (1.) zunächst ausgewählte Aspekte des Verbotsgesetzes (2.) sowie überblicksmäßig die Anzeige- und Verurteilungspraxis im Zeitverlauf (3.). Daran anschließend wird das Projekt „3g VerbotsGesetz“ vorgestellt, das seit rund zwei Jahren für junge Menschen ohne gefestigtes nationalsozialistisch-ideologisches Fundament durch einen Besuch der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eine Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Geschichte ermöglicht (4.). Schließlich werden an einem ausgewählten Fallbeispiel verfahrensrechtliche Aspekte einer alternativen Verfahrenserledigung von Verstößen gegen das Verbotsgesetz diskutiert (5.), bevor das Thema mit zusammenfassenden Schlussfolgerungen abgerundet wird (6.).

S. 136 - 139, Wirtschafts- und Finanzstrafrecht Aktuell

Christian Huber

Änderungen im Finanzstrafgesetz durch das EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 – Teil 2

Am 22.7.2019 wurde als BGBl I 2019/62 das EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 (EU-FinAnpG 2019) erlassen. Diese Änderungen im FinStrG sind durch die Umsetzung von Unionsrecht bedingt. Daher wurden diese Regelungen auch noch nach dem Auflösungsbeschluss des Nationalrats vom Parlament beschlossen, um keine Fristversäumnisse bei der Umsetzung von EU-Richtlinien zu erleiden. Mit dieser Novelle wurde in § 40 FinStrG der neue Straftatbestand „Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug“ eingeführt; demgegenüber wurde die Gewerbsmäßigkeitsbestimmung des § 38 FinStrG gestrichen, dafür aber ein inhaltlich ziemlich identischer Straferschwerungsgrund geschaffen, die Strafbarkeit der fahrlässig begangenen Hehlerei sowie der Monopolvergehen auf eine grob fahrlässige Begehungsweise beschränkt sowie die Rechte von jugendlichen Beschuldigten gestärkt. Aufgrund des Umfangs des Beitrags wird dieser in zwei Teile aufgeteilt; der zweite Teil behandelt nunmehr die Neufassung der Strafdrohungen beim Abgabenbetrug gem § 39 FinStrG, die Erhöhung der Strafbarkeitsschwelle auf grob fahrlässige Begehungsweise bei Abgabenhehlerei, Monopolhehlerei und Eingriffen ins Monopolrecht sowie die Änderungen im verwaltungsbehördlichen Verfahrensrecht.

S. 140 - 143, Wirtschafts- und Finanzstrafrecht Aktuell

Philip Predota / Hubertus Seilern-Aspang

Günstigkeitsvergleich bei der gewerbsmäßigen Abgaben­hinterziehung (§ 38 FinStrG vor 23.7.2019)

Der strafrechtliche Grundsatz „nulla poena sine lege“ und das daraus abgeleitete Rückwirkungsverbot bewirkt, dass grundsätzlich das Tatzeitrecht heranzuziehen ist. Die im Finanzstrafrecht verankerte Norm des § 4 Abs 2 FinStrG sieht vor, dass sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts erster Instanz oder der Finanzstrafbehörde geltende Recht in seiner Gesamtwirkung für den Täter günstiger wäre (sog Günstigkeitsvergleich). Zur Anwendung gelangt die Bestimmung des Günstigkeitsvergleichs, wenn es eine Gesetzesänderung zwischen Tatzeitpunkt und Entscheidungszeitpunkt gab und keine Übergangsregelung das anzuwendende Recht bestimmt.

Mit dem EU-Finanz-Anpassungsgesetz 2019 (EU-FinAnpG 2019) wurden die Vorgaben der Europäischen Union (PIF-Richtlinie 2017/1371/EU; EU-MeldepflichtRL 2018/822/EU) umgesetzt. Im Zuge dieser Maßnahme wurden die Strafbestimmungen verschärft, um künftig groben Steuer- und Zolldelikten effektiver entgegentreten zu können. Mit der Erhöhung des maximalen Strafrahmens der angedrohten Freiheitsstrafe bei Abgabenhinterziehungen von zwei auf vier Jahre in § 33 Abs 5 FinStrG wurde gleichzeitig auch die Bestimmung der gewerbsmäßigen Tatbegehung iSd § 38 FinStrG, die bei der Geldstrafe einen höheren Strafrahmen bis zum Dreifachen des strafbestimmenden Wertbetrages vorsah, aus dem Rechtsbestand genommen. Stattdessen wurde die Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, als Erschwerungsgrund in § 23 Abs 2 FinStrG normiert. Diese gesetzlichen Änderungen sind mit 23.7.2019 in Kraft getreten.

Für Fälle, in welchen die Tatbestandselemente der Abgabenhinterziehung iSd § 33 FinStrG sowie die Qualifikationsnorm der gewerbsmäßigen Tatbegehung iSd § 38 FinStrG vor Inkrafttreten der Gesetzesänderungen verwirklicht und danach vor dem Gericht erster Instanz zu ahnden sind, stellt sich die Frage, ob das zum Zeitpunkt der Tat oder zum Urteilszeitpunkt geltende Recht günstiger ist. Diese durch einen Günstigkeitsvergleich zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage wurde in einem jüngsten Urteil höchstgerichtlich geklärt.

S. 144 - 148, Tagung

Isabel Haider

Tagungsbericht American Society of Criminology 75th Annual Meeting

Das diesjährige Annual Meeting der American Society of Criminology (ASC) fand von 13.–16.11.2019 in San Francisco, Kalifornien statt. Das Thema des Meetings war „Criminology in the New Era: Confronting Injustice and Inequalities”. Das Thema sollte zur Erarbeitung einer Agenda einer progressiven Kriminologie in einer repressiven Ära, charakterisiert durch einen globalen Aufschwung an rechter Politik, Rassismus, Sexismus und Nativismus, aufrufen.

S. 149 - 150, Tagung

Kathrin Stiebellehner

Veranstaltungsbericht „Jugendkriminalität – was tun?“

Mehr als 150 Gäste kamen am 23.1.2020 zur Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz, um anlässlich der Gründung des Vereins JUNG drei äußerst spannende Vorträge zu hören, die sich aus der Sicht der Strafrechtswissenschaft, der Psychologie und der Bewährungshilfe der Frage „Jugendkriminalität – was tun?“ widmeten. Philip Christl führte als Moderator durch den Abend.

S. 151 - 154, Judikatur

Ingrid Mitgutsch

Polizei(amts)arzt, Beamteneigenschaft Subsidiäre Geltung des DSG im Verhältnis zur StPO

Ein Polizei(amts)arzt ist auch ohne Dienstverhältnis zur jeweiligen Behörde Beamter iS von § 74 Abs 1 Z 4 StGB. Nach den Materialien zum Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 gehen die einschlägigen materienspezifischen Regelungen zur Datenverarbeitung den allgemeinen Regelungen des 3. Hauptstücks des DSG vor, woraus der Grundsatz der bloß subsidiären Geltung des DSG gegenüber der StPO folgt; insbesondere bleiben die Informations- und Auskunftspflichten in den in der StPO angeführten Fällen bestehen.

S. 154 - 155, Judikatur

Bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe bei gleichzeitiger Unterbringung

Zwischen der Anordnung der Maßnahme und deren Vollzug ist strikt zu unterscheiden. Ohne die von § 21 StGB verlangte Gefährlichkeit darf die Unterbringung überhaupt nicht, also auch nicht bedingt nachgesehen angeordnet werden. Die Anordnung der Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB steht der (gänzlich oder teilweise) bedingten Nachsicht der zugleich ausgesprochenen Freiheitsstrafe nicht entgegen, weil die Beurteilungskriterien der Gefährlichkeit gem § 21 StGB nicht identisch sind mit jenen der spezial- oder generalpräventiven Erforderlichkeit des Vollzugs iS der §§ 43 Abs 1, 43a Abs 1 bis 4 StGB).

S. 155 - 158, Judikatur

Alois Birklbauer

Bundespräsidentenwahl, Anklage­einspruch, Begründung der Anklage

Da für die Anklageerhebung bereits eine einfache Verurteilungswahrscheinlichkeit genügt, sind die zur Einschätzung des „Naheliegens“ einer Verurteilung führenden wesentlichen staatsanwaltschaftlichen Beweiswerterwägungen komprimiert anzuführen.

Die Beweisergebnisse im Einzelnen und / oder in ihrer Gesamtheit auszuwerten und dabei eigene Überzeugungen auszudrücken, ist dem Einspruchsgericht über die Prüfung des Vorliegens eines einfachen Tatverdachts hinaus verwehrt. Vielmehr ist es Sache des erkennenden Gerichts, nach freier Würdigung der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensresultate über die Schuldfrage zu entscheiden und seine diesbezüglichen Erwägungen formal korrekt darzustellen.

S. 158 - 160, Judikatur

Fortführungsantrag, Beschleunigungs­gebot, früher möglicher Beweisantrag

Es ist mit dem allgemeinen Beschleunigungsverbot (§ 9 Abs 1 StPO) und dem Recht auf ein faires Verfahren (Art 6 MRK) nicht vereinbar, wenn der Beschuldigte immer wieder mit einer auf neue belastende Umstände gestützten Verfolgung rechnen müsste, obwohl diese bereits Gegenstand des Ermittlungsverfahrens hätten sein können (oder müssen; vgl auch § 195 Abs 2 1. Satz StPO). Macht der Privatbeteiligte daher von seinem Beweisantragsrecht im Ermittlungsverfahren nicht ausreichend Gebrauch, kann er später seinen Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens (§ 195 Abs 1 StPO) nicht auf Beweiserhebungen stützen, die er bereits früher hätte initiieren können.

S. 160 - 161, Judikatur

Elektronisch überwachter Hausarrest – geeignete Beschäftigung

Eine geeignete Beschäftigung muss zum Entscheidungszeitpunkt für den Zeitpunkt des Haftantritts vorliegen. Die Tauglichkeit der Beschäftigung darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob diese für die gesamte Haftdauer (im eüH) bereits zum Entscheidungszeitpunkt besteht.

S. 161 - 161, Judikatur

Vergünstigungen – Verlegung in andere Justizanstalt

Die dauerhafte Verlegung in eine andere Justizanstalt stellt für sich keinen Grund für die Entziehung von Vergünstigungen dar.

S. 161 - 162, Judikatur

Verfall

Der Verfall ist Sicherungsmittel und keine Ordnungsstrafe. Er setzt keine subjektive Vorwerfbarkeit voraus, sondern nur, dass nicht dritte Personen Eigentum nachweisen und diese kein Verschulden tritt.

S. 162 - 162, Judikatur

Vollzugsplan

Aus den Regelungen über den Vollzugsplan können keine subjektiv-öffentlichen Rechte abgeleitet werden.

S. 162 - 164, Judikatur

Beschwerdemöglichkeiten im StVG (1); Entlassungsvollzug (2)

§§ 120 f StVG verleihen inhaftierten Personen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Beschwerde bei Behauptung der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte, die sich aus dem StVG ergeben. (1)

Die Entscheidung über die Übernahme in den Entlassungsvollzug fällt in die Zuständigkeit des Anstaltsleiters (Vollzugsbehörde 1. Instanz). Ist der Anstaltsleiter der Auffassung, dass die inhaftierte Person voraussichtlich bedingt entlassen wird, so ist für die Fristberechnung der Zeitpunkt der voraussichtlichen bedingten Entlassung maßgebend. Die Beurteilung des Zeitpunktes der voraussichtlichen bedingten Entlassung iS des § 145 Abs 2 StVG stellt eine Ermessensentscheidung dar. Der Anstaltsleiter hat bei dieser Entscheidung auch die Entscheidungspraxis der Vollzugsgerichte in Betracht zu ziehen und somit jenen Zeitpunkt zu wählen, zu dem mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer tatsächlichen Entlassung zu rechnen ist. (2)

S. 164 - 165, Judikatur

Nur die Unterlassung der Offenlegung des wirtschaftlichen Eigentümers soll die höchste Strafsanktion nach § 15 WiEReG auslösen

Die im Zeitpunkt der Entscheidung bekannte, aber noch nicht anwendbare Neufassung der Sanktionsnorm § 15 WiEReG, die eine günstigere Strafzumessung zugunsten des Rechtsunterworfenen vorsieht, wirkt sich ihrer Intention nach auch auf Altfälle aus. Demgemäß löst nur die Unterlassung der Offenlegung des wirtschaftlichen Eigentümers die höchste Strafsanktion aus.

S. 165 - 165, Judikatur

Auch bei unmittelbarer Täterschaft mehrerer ist jeder Täter entsprechend seinem eigenen Verschulden zu bestrafen

Besteht bei finanzstrafrechtlich relevanten Verfehlungen eine unmittelbare Täterschaft mehrerer Entscheidungsträger, indem gemeinsam die Begehung von Finanzvergehen beschlossen und in der Folge ausgeführt wird, so hat sich dennoch jeder Täter nach § 12 FinStrG bzw § 23 Abs 1 FinStrG entsprechend seinem eigenen Verschulden zu verantworten.

S. 167 - 167, Judikatur

Zur Minderung des Wertersatzes

S. 167 - 167, Judikatur

Zur Aufteilung des Wertersatzes

S. 168 - 168, Judikatur

Zum Irrtum im FinStrG

S. 174 - 175, Judikatur

Keine tätige Reue durch Rückgabe des Falsifikats an den Fälscher

Der persönliche Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue nach § 226 Abs 1 StGB kommt dem Täter (hier: einer Tat nach § 224a StGB) nur dann zustatten, wenn er die Gefahr des Gebrauchs des Falsifikats zur Täuschung im Rechtsverkehr – rechtzeitig und freiwillig – endgültig beseitigt (RIS-Justiz RS0095518; Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 226 Rz 5; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 226 Rz 3; Roitner, SbgK § 226 Rz 17). Neben dem im Gesetz ausdrücklich angeführten Vernichten kommen – im Rahmen der Generalklausel „oder auf andere Art“ – zur Abwendung der Gefahr etwa das Wegwerfen in einem Feld (vgl 12 Os 74/78 = RIS-Justiz RS0095516) oder Unbrauchbarmachen der gefälschten (hier: besonders geschützten) Urkunde, aber auch das Anzeigen der Manipulation gegenüber der Polizei, dem Gericht oder dem zu Täuschenden (Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 226 Rz 5) sowie das Abliefern des Falsifikats bei der Behörde (12 Os 157/79; Roitner, SbgK § 226 Rz 18) in Betracht.

Demgegenüber kann von einer endgültigen Abwendung der Gefahr eines Gebrauchs bei Rückgabe des (hier:) gefälschten Führerscheins an den Fälscher bzw Personen aus dessen Umfeld keine Rede sein. Denn dadurch ist – im Gegensatz zur Abgabe bei der Polizei – gerade nicht sichergestellt (bzw hat der Täter die Entscheidung aus der Hand gegeben), dass ein weiterer Gebrauch im Rechtsverkehr endgültig unterbleibt.

S. 174 - 174, Judikatur

Keine Alleinverfügungsbefugnis auch des aus einer letztwilligen Anordnung einzigen Begünstigten, indes zu deren Vorlage Verpflichteten

Tatobjekt des § 229 Abs 1 StGB sind Urkunden (im Sinn des § 74 Abs 1 Z 7 StGB), über die der Täter nicht oder nicht allein verfügen darf. Entscheidend für die Verfügungsbefugnis über eine Urkunde ist das Recht, mit dieser in irgendeiner Richtung Beweis zu führen; Maßstab ist nicht das Eigentum (oder ein sonstiges dingliches Recht) am Papier, sondern das Bestehen eines Beweisführungsrechts an der Urkunde. Ein solches Beweisführungsrecht kann privat- oder öffentlichrechtlicher Natur sein oder auch auf richterlicher Anordnung beruhen. Derjenige, den eine Herausgabe- oder Vorlagepflicht trifft, darf über die Urkunde nicht allein verfügen, zumal in diesem Fall auch ein anderer das Recht hat, mit der Urkunde Beweis zu führen (vgl Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 229 Rz 8; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 229 Rz 1).

Sind sämtliche Personen, denen ein Beweisführungsrecht und somit ein (Mit-)Verfügungsrecht an der Urkunde zukommt, mit deren Vernichtung, Beschädigung oder Unterdrückung einverstanden, so entfällt mangels Fortbestehens eines Beweisführungsinteresses die Tatbestandsmäßigkeit (vgl Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 229 Rz 11; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 229 Rz 1; Bertel/Schwaighofer, BT II13 § 229 RN 1).

§ 151 AußStrG (in den Fassungen BGBl I 2003/111 und BGBl I 2015/87) normiert eine umfassende Herausgabe- und Vorlagepflicht hinsichtlich letztwilliger Verfügungen: Demnach ist jeder, der vom Tod einer Person erfährt, deren Urkunden über letztwillige Anordnungen sich bei ihm befinden, verpflichtet, diese unverzüglich dem Gerichtskommissär zu übermitteln, selbst wenn das Geschäft seiner Ansicht nach unwirksam, gegenstandslos oder widerrufen sein sollte

Sobald der Inhaber der Urkunde Kenntnis vom Tod des Erblassers erlangt, hat er von sich aus den Gerichtskommissär zu kontaktieren und diesem die Urkunde im Original zu übermitteln. Die Entscheidung, ob die Urkunde für das Verlassenschaftsverfahren von Relevanz ist, kommt allein dem Gerichtskommissär und nicht dem Inhaber der Urkunde zu (vgl Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG1 § 151 Rz 3 f).

Aufgrund dieser seit 1. Jänner 2005 (vgl BGBl I 2003/111) in § 151 AußStrG ausdrücklich normierten umfassenden Herausgabe- und Vorlagepflicht hinsichtlich letztwilliger Anordnungen (vgl hiezu und zum Beweisführungsinteresse des Gerichtskommissärs und des Gerichts auch ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 98) kommt dem Inhaber derartiger Urkunden nach dem Tod des Erblassers keine alleinige Verfügungsbefugnis über die Urkunden zu. Das Unterlassen der Vorlage einer derartigen Urkunde erfüllt daher, mag der jeweilige Inhaber darin vom Erblasser auch allein bedacht worden sein oder mögen alle anderen Bedachten zustimmen, den objektiven Tatbestand des § 229 Abs 1 StGB (aA indes ohne Bezugnahme auf § 151 AußStrG Fabrizy, StGB13 § 229 Rz 3; Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 229 Rz 11).

S. 175 - 176, Judikatur

Keine zuständigkeitsbegründende Wirkung, wenn eine „zuvorgekommene“, aber unzuständige Staatsanwaltschaft das (verbundene) Ermittlungsverfahren irrig führt

In den Fällen objektiver, subjektiver oder subjektiv-objektiver Konnexität (§ 26 Abs 1 erster Satz StPO) sowie weiters im Fall eines sonstigen engen sachlichen Zusammenhangs der von mehreren Beschuldigten mutmaßlich begangenen (mehreren) Taten (§ 26 Abs 1 zweiter Satz StPO) ist ein einheitliches Ermittlungsverfahren zu führen.

Die – unzulässige, wie auch die zulässige – Trennung von Ermittlungsverfahren (§ 27 StPO) hat keine Auswirkungen auf die örtliche Zuständigkeit und es wird die durch den Zusammenhang einmal begründete (gesetzliche) Zuständigkeit (für das restliche Ermittlungsverfahren) zB auch dann nicht aufgehoben, wenn nach der Trennung keiner der Tatorte mehr im örtlichen Zuständigkeitsbereich der verfahrensführenden Staatsanwaltschaft liegt; es kommt daher auch nicht zu einem „Wiederaufleben“ der Zuständigkeitstatbestände des § 25 StPO (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 27 Rz 9 [erster Absatz] sowie Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 27 Rz 5, jeweils mwN).

Eine Abtretung des (gesamten) Verfahrens ist jedoch dann zulässig und geboten, wenn die das (gesamte) Verfahren führende Staatsanwaltschaft von vornherein (gemäß den §§ 25, 26 StPO) unzuständig war. Denn die bloß irrtümliche gemeinsame Verfahrensführung entfaltet keine normative Wirkung (Nordmeyer, WK-StPO § 27 Rz 9 [letzter Absatz]; Gw 54/18a [„obiter dictum“], vgl auch Gw 67/13f).

An diesem Grundsatz vermag auch der Umstand, dass die für die Führung des (verbundenen) Ermittlungsverfahrens unzuständige Staatsanwaltschaft ebendieses teilweise (zB durch Einbringung eines Strafantrags wegen des in die Zuständigkeit des Einzelrichters fallenden Delikts) beendet, nichts zu ändern. Der von der Generalprokuratur in Gw 371/09f (Entscheidung vom 6. Oktober 2009) eingenommene – insoweit gegenteilige – Standpunkt wird nicht mehr aufrechterhalten (vgl Leitner in Schmölzer/Mühlbacher, StPO 1 § 27 Rz 5 FN 15).

S. 175 - 175, Judikatur

Ein Angriff gegen die Ehre eines Mitglieds eines Gemeinderats während dessen Teilnahme an einer Gemeinderatssitzung wird während der Ausübung des Amtes eines Beamten begangen

Der in § 74 Abs 1 Z 4 StGB definierte Beamtenbegriff des StGB erfasst grundsätzlich alle in der Gerichtsbarkeit und in der öffentlichen Verwaltung tätigen Personen; ausgenommen sind Bedienstete, die bei Ämtern und Behörden lediglich Hilfsdienste verrichten, die nicht zum eigentlichen Amtsbetrieb gehören, und die Bediensteten selbstständiger Wirtschaftskörper (vgl Jerabek/Reindl-Krauskopf/Ropper/Schroll in WK2 StGB § 74 Rz 5).

Der Gemeinderat ist ein allgemeiner Vertretungskörper; ihm kommt keine Gesetzgebungs-, sondern ausschließlich Vollziehungs-(Verwaltungs-)Funktion zu. Seine Mitglieder nehmen (als Kollegialorgan) Rechtshandlungen vor und sind daher Beamte im strafrechtlichen Sinn (vgl RIS-Justiz RS0130524).

Beamte im Sinn des § 74 Abs 1 Z 4 StGB fallen in den Anwendungsbereich des § 117 Abs 2 StGB. Eine inhaltliche Beziehung zwischen der inkriminierten Äußerung und der Ausübung des Amtes oder Dienstes ist nicht erforderlich (Rami in WK2 StGB § 117 Rz 10, 15 mwN). Dass – wie hier – ein Mitglied eines Gemeinderats sein Amt im Sinn des § 117 Abs 2 StGB schon durch die Teilnahme an einer – nach (hier) § 35 K-AGO vom Bürgermeister einzuberufenden – Sitzung des Gemeinderats und nicht erst durch seine Mitwirkung an einer allfälligen Abstimmung oder Beschlussfassung ausübt, also funktionell als Beamter auftritt, ergibt sich aus der in der Befolgung der Einberufung gelegenen Erfüllung der amtlichen Aufgaben (s Rami in WK2 StGB § 117 Rz 16 mwN; vgl dazu auch RIS-Justiz RS0096888 [T5], wonach sich ein „Amtsgeschäft“ eines Abgeordneten nicht auf den Abstimmungsvorgang beschränkt, sondern auch – nur vermöge seines Amtes vorzunehmende – Verrichtungen tatsächlicher Art erfasst).

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