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Journal für Strafrecht

Heft 6, November 2020, Band 7

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  • ISSN Online: 2312-1920

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Inhalt der Ausgabe

S. 445 - 452, Aktuelle Gesetzesvorhaben

Tipold, Alexander

Hass im Netz und neue Geldwäscherei

Insgesamt drei Ministerialentwürfe betreffen das Thema Hass im Netz: Zum einen der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem straf- und medienrechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden, zum anderen der Entwurf eines Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetzes (HiNBG), womit zivilrechtliche und zivilprozessuale Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden, und schließlich vom BKA der Entwurf eines Bundesgesetzes über Maßnahmen zum Schutz der Nutzer auf Kommunikationsplattformen. Kurz darauf wurden der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Umsetzung der Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche geändert wird, und der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Verhinderung von Doping im Sport (Anti-Doping-Bundesgesetz 2021 – ADBG 2021) erlassen und das Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports (Bundes-Sportförderungsgesetz 2017 – BSFG 2017) geändert werden, versendet. Im StGB sollen drei Tatbestände verändert werden (§ 107c, § 283 und § 165), sowie ein neuer, „upskirtig“ kriminalisierender Tatbestand geschaffen werden. Hervorzuheben im Bereich der StPO sind die Neuordnung der Prozessbegleitung (§ 66b) sowie die Schaffung eines Ermittlungsverfahrens für bestimmte Privatanklagedelikte und deren Begehung – grob gesprochen – im Internet. Ein neues Mandatsverfahren in der ZPO und die Anhebung der Entschädigungssummen im MedienG sind ebenso bei diesem Paket herauszustreichen. Eine Art Drittverbot in einer Art Konzern und eine bedenkliche verwaltungsstrafrechtliche Verbandsverantwortlichkeit, aber natürlich auch andere unbedenkliche Regelungen bietet der Entwurf des BKA. Das Hass-im-Netz-Paket wie auch das neue ADBG sollen mit 1.1.2021 in Kraft treten, bei der Änderung der Geldwäscherei ist dies offen.

S. 453 - 458, Aufsatz

Birklbauer, Alois/​Neuhofer, Magdalena

Strafrechtliche Aspekte von Online-Prüfungen an Universitäten infolge der Covid-19-Pandemie

Trotz der Covid-19-Pandemie sollte im vergangenen Semester der Lehr- und Prüfungsbetrieb an den Universitäten unter allen Umständen aufrechterhalten werden. Einerseits sollten Studierende kein Semester verlieren, andererseits hatten auch die Universitäten großes Interesse an positiven Prüfungen, ist doch eine derartige „Prüfungsaktivität“ ein Indikator für die jeweiligen Leistungsvereinbarungen. Distanzprüfungen bieten allerdings ein weites Einfallstor für die Erschleichung von Prüfungsleistungen. Der folgende Beitrag untersucht die strafrechtliche Relevanz von erschwindelten Prüfungsbeurteilungen seitens der Studierenden ebenso wie unsachliche Beurteilungen seitens der Prüfenden, selbst wenn diese unter dem Aspekt erfolgt sein mögen, dass ein Schwindeln bei Online-Prüfungen faktisch nicht verhindert werden kann.

S. 459 - 468, Aufsatz

Stempkowski, Monika/​Grafl, Christian

Auswirkungen des Lockdowns auf die Arbeit von NEUSTART

Um die Auswirkungen der Beschränkungen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID-19 auf den Arbeitsalltag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins NEUSTART – Bewährungshilfe, Konfliktregelung, Soziale Arbeit näher zu beleuchten, wurde im Mai 2020 eine Online-Umfrage unter 431 hauptamtlich Beschäftigten durchgeführt. Die Ergebnisse belegen, dass die Aufrechterhaltung des Kontaktes zu den Klientinnen und Klienten in dieser Ausnahmesituation gut funktioniert hat. Dennoch fehlte der Mehrzahl der Befragten der persönliche Kontakt als zentraler Teil der Tätigkeit sowie der persönliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen.

S. 469 - 472, Wirtschafts- und Finanzstrafrecht Aktuell

Huber, Christian

Völlig neue Struktur der Finanzstrafbehörden ab 2021

Auch die Organisationsreform der Bundesfinanzverwaltung – und damit einhergehend auch die Neuorganisation der Finanzstrafbehörden – ist der COVID-19-Pandemie teilweise zum Opfer gefallen. Ursprünglich sollte die mit Finanz-Organisationsreformgesetz beschlossene Reform zum 1.7.2020 in Kraft treten. Durch die COVID-19-Pandemie wurde die Organisationsreform durch das 2. Finanz-Organisationsreformgesetz auf 1.1.2021 verschoben. Ab diesem Zeitpunkt sind die Finanzstrafbehörden nicht mehr bei den bisherigen Finanzämtern angesiedelt, sondern werden organisatorisch in einem Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) zusammengefasst. Für den Bereich der bisher den Zollämtern obliegenden Finanzstrafverfahren ist künftig ausschließlich das Zollamt Österreich die zuständige Finanzstrafbehörde. Es bestehen somit ab 1.1.2021 nur mehr zwei Finanzstrafbehörden, das Amt für Betrugsbekämpfung einerseits und das Zollamt Österreich andererseits. Aufgrund des Umfangs dieses Themas wird der gegenständliche Beitrag in zwei Teile aufgeteilt, wobei sich der erste Teil insbesondere mit den Auswirkungen auf die Zuständigkeit im Rahmen des gerichtlichen bzw verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens bezieht. Der zweite Teil wird sich mit den weiteren diesbezüglichen Novellierungen beschäftigen.

S. 473 - 477, Europastrafrecht Aktuell

Harta, Lukas

Anforderungen für die Sperrwirkung gem Art 4 7. ZPEMRK

In Mihalache hat der EGMR präzisiert, welche Anforderungen eine Entscheidung erfüllen muss, damit ihr Sperrwirkung iS des Art 4 7. ZPEMRK zukommt. Der Beitrag beschreibt diese Anforderungen und ihre Auswirkungen auf das österreichische Strafverfahren.

S. 478 - 486, Strafvollzug und Kriminologie

Hirtenlehner, Helmut

Soziale Konsequenzen prozeduraler Gerechtigkeit am Beispiel der Polizei

Der vorliegende Beitrag untersucht die Implikationen prozeduraler Gerechtigkeit bei polizeilichen Amtshandlungen für die Rechtstreue der Bürger und deren Neigung, die Sicherheitsbehörden in ihrer Tätigkeit zu unterstützen. Die Ergebnisse einer österreichischen Befragungsstudie zeigen, dass mangelnde Verfahrensgerechtigkeit die Legitimität staatlicher Institutionen und damit auch die Bereitschaft zur Befolgung der von ihnen vertretenen Regeln untergräbt. Umgekehrt dürfen Rechtsakteure, deren Entscheidungsverfahren den Kriterien prozeduraler Gerechtigkeit entsprechen, auf Gehorsam und Kooperation in der Bevölkerung hoffen. Eine faire und respektvolle Behandlung der Bürger durch Polizeibeamte sowie eine transparente und unvoreingenommene Entscheidungsfindung auf polizeilicher Ebene münden darüber hinaus in Normbindungsgewinne im Sinne einer gesteigerten Akzeptanz materieller Rechtsvorschriften auf Seiten der Rechtsunterworfenen.

S. 487 - 488, Judikatur

Versuch und Ausführungsnähe bei Untreue

Die Hauptverhandlung stellt eine Einheit dar, weshalb die Mindestvorbereitungsfrist nur für die Vorladung zum ersten Termin gilt.

Das Stadium einer straflosen Vorbereitungshandlung wird jedenfalls überschritten, wenn der Täter, der zum Abschluss von Kreditverträgen im Namen einer Bank befugt ist, in Kenntnis der Kreditunwürdigkeit der potentiellen Kreditnehmer und der Vorlage gefälschter oder inhaltlich unrichtiger Unterlagen falsche Daten in das bankinterne EDV-System einspeist, um die automatisierte Erstellung der Kreditverträge und im unmittelbaren Anschluss daran deren Unterfertigung durch die Kreditnehmer zu erwirken.

S. 488 - 491, Judikatur

Versuch und Ausführungsnähe bei Geldfälschung

Eine Bestellung von Falschgeld im Internet stellt grundsätzlich eine sozial auffällige Handlung dar, durch welche die Gefahr der Beeinträchtigung des von § 232 Abs 2 StGB geschützten Rechtsguts unmittelbar geschaffen werden kann. Sie ist dann als ausführungsnahe Handlung zu beurteilen, wenn nach der Vorstellung des Täters durch die Bestellung ein Geschehensablauf in Gang gesetzt werden soll, auf den der Täter nicht mehr eingreifen kann (oder muss) und der ex ante betrachtet bei normalem Verlauf ohne weitere Zwischenschritte zur Gewahrsamserlangung führt. Ob das Falschgeld zum Zeitpunkt der Bestellung (tatsächlich oder nach der Erwartung des Täters) bereits existierte, ist dagegen nicht entscheidend, weil bei der Abgrenzung von strafloser Vorbereitungshandlung und Versuch auf den konkreten Tatplan abzustellen ist, von dem aus bei objektiver Ex-ante-Betrachtung das Fehlen von Zwischenakten des Täters, nicht von Dritten zu beurteilen ist.

S. 491 - 494, Judikatur

Inländische Strafgerichtsbarkeit bei § 153d StGB

Der Schutzzweck des § 153d Abs 1 StGB ist weder vom Wortlaut noch vom Telos auf inländische Rechtsgüter beschränkt, da er nicht ausschließlich Vermögensinteressen der österreichischen Sozialversicherungsträger schützt. Vielmehr zielt § 153d StGB auf den Schutz vor volkswirtschaftlichen Schäden und Wettbewerbsverzerrungen, die aus dem Missbrauch des Sozialsystems resultieren, ab.

S. 494 - 495, Judikatur

Erneuerungsantrag gem § 363a StPO

Über § 5 Abs 1 StPO fließen in § 106 Abs 1 StPO auch die Garantien der EMRK ein.

Ein Erneuerungsantrag gem § 363a StPO hat deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung zu erblicken sei.

S. 496 - 497, Judikatur

Suchtgifthandel, Beitragstäterschaft, Geldwäscherei, Verbergen

Beitragstäterschaft (§ 12 3. Fall StGB) erfordert ein für den Tatablauf kausales Verhalten, das die Ausführung der strafbaren Handlung durch einen anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder in anderer Weise fördert. Die Übernahme von Geldbeträgen aus bereits vollendeten Suchtgiftverkäufen anderer kann keine (psychische) Beitragstäterschaft zur Überlassung von Suchtgift begründen.

Wer selbst an der Vortat beteiligt war, kann keine Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 StGB begehen.

Das bloße Verwahren von Geldbeträgen in einem auf die Täterin lautenden Bankschließfach einer inländischen Bank stellt grundsätzlich kein „Verbergen“ iSd § 165 Abs 1 StGB dar.

S. 497 - 498, Judikatur

Cannabispflanzen, Anbau, Verkauf, Suchtgiftgewinnung

Der Verkauf von Cannabispflanzen in einem Hanfshop mit dem Vorsatz, dass die Abnehmer daraus vorschriftswidrig Cannabis anbauen werden, erfüllt den Tatbestand gem § 27 Abs 1 Z 2 SMG. Es genügt der festgestellte Anbau von Pflanzen zum Zweck der Suchtgiftgewinnung durch andere.

Die Verkäufer können nicht davon ausgehen, dass jeder Käufer eines Stecklings diesen nur als Zierpflanze verwenden will und daher aufwendig 18 Stunden durchgehend mit entsprechender Helligkeit beleuchtet und sich an die Warnungen bzw die „Verpflichtung“, die Pflanze nicht zur Suchtgiftgewinnung zu missbrauchen, hält.

S. 499 - 500, Judikatur

Überlassen von Suchtgift, Wirkstoffgehalt, Reinsubstanz, Begründungsmangel

Die in § 28a Abs 1 SMG angeführten Tathandlungen beziehen sich auf in der Suchtgiftverordnung erfasste, die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigende und im Tatzeitpunkt tatsächlich vorhandene Wirkstoffe, weshalb im Urteil Feststellungen zur Beschaffenheit tatverfangener Substanzen im Zeitpunkt der Tatbegehung und zu einem darauf bezogenen Vorsatz erforderlich sind.

S. 500 - 501, Judikatur

Verkehr mit der Außenwelt – Besuchszeiten, Besuchsformen

Es besteht ein subjektiv-öffentliches Recht auf Langzeitbesuche, sofern entsprechende Räume gem § 93 Abs 2 StVG bestehen und die im Gesetz genannten Voraussetzungen vorliegen. Ein Anspruch auf Schaffung solcher Räume oder Überstellung in eine Justizanstalt mit solchen Räumen besteht nicht. (1)

Ein subjektiv-öffentliches Recht betreffend Häufigkeit und Dauer von Besuchen ist in § 93 Abs 1 2. Satz StVG verankert. Die Bestimmung des § 94 Abs 1 2. Satz StVG ist hingegen als bloße Ordnungsvorschrift zu verstehen. (2)

S. 501 - 502, Judikatur

Elektronisch überwachter Hausarrest – Wahrung des rechtlichen Gehörs

Gem § 156d Abs 1 letzter Satz gilt die Bestimmung des § 135 Abs 2 1. Satz letzter Halbsatz und 2. Satz sowie Absatz 3 StVG sinngemäß. Die Behörde ist verpflichtet, ein entsprechend sorgfältiges Ermittlungsverfahren durchzuführen und dem Antragsteller rechtliches Gehör zu gewähren.

S. 501 - 501, Judikatur

Vollzugslockerungen

Aus der Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung ist grundsätzlich kein subjektiv-öffentliches Rechts auf die Gewährung eines Ausgangs gem § 99a StVG abzuleiten, weil dieses Anliegen auch im Rahmen einer Ausführung erledigt werden kann.

S. 502 - 503, Judikatur

Ordnungsstrafverfahren – Subsumierung

§ 107 Abs 3 StVG stellt eine gegenüber § 107 Abs 1 Z 9 und 10 StVG speziellere Norm dar.

S. 503 - 503, Judikatur

Ordnungsstrafverfahren – Rechtsmittelerklärung

Die bestimmte und eindeutige Erklärung des Strafgefangenen, keine Beschwerde zu erheben, hat mit Einlangen die ihrem Sinngehalt entsprechende prozessuale Rechtswirksamkeit erlangt. Alle vorangegangen und nachfolgenden und gegenteiligen Erklärungen des Strafgefangenen oder seines Vertreters vermögen an dieser Rechtswirksamkeit nichts zu ändern.

S. 504 - 505, Judikatur

Kein Rücktritt vom Versuch bei nachträglicher Bekräftigung der falschen Behauptung

Wer nach Einreichung einer unrichtigen Einkommensteuererklärung bei Beantwortung eines Ersuchens der Abgabenbehörde auf Darlegung der Berechnung eines (zu niedrigen) Betrages bei einer Kennzahl dieser Erklärung die Richtigkeit derselben sogar noch durch Unterschieben eines Zahlenwerkes bekräftigt und eine Veranlagung (mit einer noch höheren Verkürzung) beantragt, will den Eintritt des deliktischen Erfolges nicht durch Beendigung seiner Ausführungshandlung beenden und solcherart vom Versuch zurücktreten, auch wenn er nun in seinem Antwortschreiben die Beträge der vorgenommenen, tatsächlich steuerlich nicht anzuerkennenden, rein fiktiven Abzüge offenlegt.

S. 505 - 506, Judikatur

Schweigen und passives Verhalten eines Finanzstraftäters im Finanzstrafverfahren bedeutet keinen Freibrief zur Straffreiheit

Aus dem bloßen Umstand, dass ein Beschuldigter sich „schweigend“ verteidigt und solcherart nicht zur Aufklärung der Verdachtslage beiträgt, ergibt sich keine Umkehr der Beweislast zu seinem Nachteil. Dies bedeutet aber auch nicht, dass ihm dadurch gleichsam ein Freibrief zur Straffreiheit eingeräumt wird. Auch in einem Finanzstrafverfahren ist eine Schätzung der strafrelevanten Bemessungsgrundlagen zulässig, wenn die Rahmenbedingungen zur Notwendigkeit der Schätzung mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen sind. Andernfalls hätte es ein Verdächtiger in der Hand, dadurch, dass er sich im Finanzstrafverfahren passiv verhält und etwa keine ausreichend konkretisierenden Erklärungen zur Sache abgibt, die Bestrafung für seine begangenen Finanzvergehen zu verhindern.

S. 508 - 508, Judikatur

Verfallsbetrag: Bruttoprinzip

S. 510 - 510, Judikatur

Zur Belehrung der Geschworenen

S. 511 - 512, Judikatur

Kein Recht des Beschuldigten auf Beschwerde gegen die gerichtliche Fragestellung an den Sachverständigen

Im Ermittlungsverfahren ist die Beiziehung eines Sachverständigen geboten, wenn die Strafverfolgungsbehörden über das für die Feststellung oder Beurteilung einer beweiserheblichen Tatsache (vgl § 125 Z 1 StPO) notwendige Fachwissen nicht verfügen (§ 126 Abs 1 erster Satz StPO; vgl Fabrizy, StPO13 § 126 Rz 1; Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 3 f).

Die Bestellung des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren obliegt grundsätzlich der – das Verfahren leitenden (§ 101 StPO) – Staatsanwaltschaft (§ 126 Abs 3 erster Satz StPO). Dagegen stehen dem Beschuldigten die in § 126 Abs 5 erster Satz StPO ausdrücklich normierten Rechtsschutzinstrumente zur Verfügung: Demnach kann er einen – auf die Behauptung von Befangenheit oder begründeter Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen gestützten – Enthebungsantrag sowie einen Umbestellungsvorschlag einbringen oder aber – ohne Begründung – die Bestellung des Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme (§ 104 Abs 1 StPO) verlangen (Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 96, 139; vgl auch 17 Os 19/16x).

Ein Verlangen des Beschuldigten nach gerichtlicher Aufnahme des Sachverständigenbeweises führt ex lege sowohl zu einer Beseitigung der Kompetenz der Staatsanwaltschaft zur Bestellung (und Führung [vgl § 103 Abs 2 StPO]) des Sachverständigen als auch zu einer automatischen Enthebung des bereits bestellten Sachverständigen (Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 143).

Mit dem Verlangen auf Bestellung des Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme wird die gesamte Sachverständigenbeweisführung zu einem Anwendungsfall der in die Kompetenz des Einzelrichters des Landesgerichts (§ 31 Abs 1 Z 1 StPO) fallenden gerichtlichen Beweisaufnahme (vgl § 104 Abs 1 erster Satz vierter Fall StPO). Diesem obliegt demnach – eigenständig – nicht nur die Bestellung (§ 126 Abs 3 erster Satz StPO), sondern auch die Führung des Sachverständigen (somit auch die Festlegung der nach seinem Dafürhalten zu klärenden Fragen) sowie die Erledigung der – vom Beschuldigten oder von der Staatsanwaltschaft gestellten – Beweisanträge (§ 55 StPO) in Bezug auf begehrte weitere Erhebungen des Sachverständigen (vgl Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 144 f, 151; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 7.689; 17 Os 7/18k, 13/18t).

Aufgrund des Verlangens des Beschuldigten hat der Einzelrichter des Landesgerichts mit Beschluss einen Sachverständigen zu bestellen (vgl Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 51, Rz 145 f).

Gegen den Beschluss auf Bestellung und somit die Beiziehung des Sachverständigen an sich steht dem Beschuldigten keine Beschwerde im Sinn des § 87 Abs 1 StPO zu (vgl Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 59, 147), hat er doch diese Beweisaufnahme durch das Gericht selbst ausdrücklich begehrt (vgl Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 7.1025; vgl auch RIS-Justiz RS0098988), und ist die Frage, welche Tatsachen mit Blick auf den Zweck des Ermittlungsverfahrens (vgl § 91 StPO) aus Sicht des Gerichts (§ 104 StPO) für die Beurteilung der Tat und des Beschuldigten (§ 3 Abs 1 StPO) durch den Sachverständigenbeweis aufzuklären sind, nicht mit Beschwerde bekämpfbar (vgl Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 89).

Solcherart steht dem Beschuldigten ein Recht auf Beschwerde gegen die gerichtliche Fragestellung an den Sachverständigen schon nach der Grundkonzeption des § 126 Abs 5 (iVm § 104) StPO nicht zu: Denn mit dem ihm eingeräumten Recht, „die Sachverständigenbestellung im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme zu verlangen“, kann der Beschuldigte nur begehren, dass – nicht aber wie – der Sachverständige vom Gericht geführt wird.

Erachtet der Beschuldigte die Klärung weiterer – über den richterlichen Gutachtensauftrag hinausgehender – Fragen durch den Sachverständigen oder eine Ergänzung des erstatteten Gutachtens für erforderlich, so kann er dies – unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsanwaltschaft – im Rahmen des § 55 StPO an das Gericht herantragen: Anders als bei Erledigung anderer Beweisanträge im Ermittlungsverfahren (vgl § 55 Abs 1 dritter Satz und Abs 2 Z 2 StPO) darf bei der gerichtlichen Sachverständigenbeweisführung die mangelhafte Begründung der Eignung, das Beweisthema zu klären, nur dann zur Unterlassung der Beweisaufnahme führen, wenn der Antrag zur Verzögerung gestellt wurde (§ 104 Abs 1 erster Satz zweiter Halbsatz StPO). Insofern ist der Beschuldigte – im Sinne der Waffengleichheit (Art 6 Abs 1 und Abs 3 lit d MRK) – ebenso wie die Staatsanwaltschaft zur Stellung von (nicht bloß der Verzögerung dienenden) Erkundungsbeweisanträgen berechtigt, über die das Gericht mit Beschluss zu entscheiden hat, der auch mit Beschwerde (§ 87 Abs 1 StPO) bekämpft werden kann (vgl Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 153; Pilnacek/Stricker, WK-StPO § 104 Rz 30/5; 17 Os 7/18k, 13/18t).

S. 511 - 511, Judikatur

Rechtskraft eines mündlich verkündeten Beschlusses gemäß § 494 StPO

§ 86 Abs 2 StPO sieht vor, dass jeder Beschluss schriftlich auszufertigen und den zur Beschwerde Berechtigten zuzustellen ist. Gem § 86 Abs 3 StPO können jedoch die Ausfertigung und die Zustellung eines Beschlusses, der nach dem Gesetz mündlich zu verkünden ist, unterbleiben, wenn die Berechtigten sogleich nach der Verkündung auf Beschwerde verzichten. Das Gesetz knüpft somit das Unterbleiben von Ausfertigung und Zustellung an die Rechtskraft des mündlich verkündeten Beschlusses

Gemäß § 498 Abs 2 zweiter Satz StPO gilt im Fall der – gemeinsam mit dem Urteil zu erfolgenden (§ 494a Abs 4 zweiter Satz StPO) – mündlichen Verkündung (ua) eines Widerrufs einer bedingten Strafnachsicht § 86 Abs 2 und 3 StPO mit der Maßgabe, dass die Ausfertigung und Zustellung des Beschlusses auch unterbleiben können, wenn der Rechtsmittelwerber binnen drei Tagen nach mündlicher Verkündung des Beschlusses keine Beschwerde anmeldet. Der Gesetzgeber wollte hiedurch verhindern, dass in jenen Fällen, bei welchen ein Angeklagter nach seiner Verurteilung samt Widerruf einer bedingten Strafnachsicht (jeweils) keine Rechtsmittelerklärung abgibt, auch nach ungenütztem Verstreichen der dreitägigen Frist zur Anmeldung eines Rechtsmittels der Beschluss gemäß § 494a StPO schriftlich ausgefertigt und dem Beschuldigten zugestellt werden muss (JAB 106 BlgNR 24. GP 28) und brachte damit unmissverständlich zum Ausdruck, dass infolge des ungenützten Ablaufs der dreitägigen Frist zur Anmeldung (auch) einer Beschwerde der Beschluss gemäß § 494a StPO – ebenso wie im Fall des § 86 Abs 3 StPO aufgrund eines Beschwerdeverzichts – in Rechtskraft erwachsen ist.

Eine Ausnahme hievon bildet lediglich die Bestimmung des § 498 Abs 3 StPO, wonach auch ohne gesonderte Anmeldung das Beschwerderecht gewahrt bleibt, wenn ein Rechtsmittel, mit dessen Ausführung die Beschwerde (ausdrücklich oder implizit) verbunden ist, gegen das Urteil angemeldet und rechtzeitig eingebracht wurde.

Da somit der Gesetzgeber das Unterbleiben der Beschlussausfertigung und deren Zustellung unzweifelhaft als Folge des Eintritts der Rechtskraft des mündlich verkündeten Beschlusses vorsieht (§ 86 Abs 3 StPO; Verzicht auf eine Beschwerde) und diese Konsequenz auch an den Fall knüpft, dass eine Beschwerde gegen einen solchen Beschluss gemäß § 494a StPO nicht binnen drei Tagen angemeldet wurde (§ 498 Abs 2 zweiter Satz StPO), ist der von Flora in Bertel/Venier, StPO2 § 498 Rz 4, vertretenen Rechtsansicht, wonach eine binnen 14 Tagen ab mündlicher Verkündung eingebrachte Beschwerde auch ohne Anmeldung zulässig und rechtzeitig sei, nicht zu folgen.

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