Das dritte Gewaltschutzgesetz wurde in BGBl 2019/105 veröffentlicht und ist in seinem straf- und strafprozessrechtlichen Teil mit 1.1.2020 in Kraft getreten. Da in den parlamentarischen Beratungen doch einige Abweichungen gegenüber dem Ministerialentwurf vorgenommen wurden, ist an dieser Stelle noch einmal auf dieses Gesetz einzugehen. Darüber hinaus wurde im Parlament eine Reform des Hausfriedensbruchs (§ 109 StGB) behandelt, auf die kurz verwiesen werden soll.
- ISSN Online: 2312-1920
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Inhalt der Ausgabe
S. 9 - 12, Aktuelle Gesetzesvorhaben
Betrugsbekämpfung, Strafvollzugsnovelle, EU-JZG, Island-Norwegen-Übergabegesetz, Börsegesetz
Im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie EU 2017/1371 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug liegt eine Regierungsvorlage vor. Darüber hinaus liegen Ministerialentwürfe hinsichtlich der Änderung des Strafvollzuges und bezogen auf die Schaffung eines eigenen Island-Norwegen-Übergabegesetzes sowie auf Änderungen im EU-JZG, ARHG ua vor. Im diesem Ministerialentwurf findet sich auch ein neuer Straftatbestand im BörseG.
S. 13 - 25, Aufsatz
Stalking und Cybermobbing – Gemeinsamkeiten und Unterschiede der §§ 107a und 107c StGB
Das Stalkingdelikt des § 107a StGB wurde seit seiner Einführung im Jahr 2006 bereits zweimal novelliert, einmal gleich 2007 im Zuge der Strafprozessreform 2008 und dann wieder im Zuge der großen StGB-Novelle 2015. 2015, ebenfalls im Zuge der StGB-Novelle, bekam die Bestimmung in der Folge den neuen § 107c StGB an die Seite gestellt, der von seiner Struktur her deutliche Ähnlichkeiten zu § 107a StGB aufweist. In der Folge sollen zunächst die Änderungen des § 107a StGB seit seiner Einführung sowie die vier Entscheidungen des OGH, in denen die Bestimmung eine Rolle gespielt hat, umrissen werden und sodann die Bestimmung des § 107c StGB dargestellt und ihre Gemeinsamkeiten mit § 107a StGB herausgearbeitet werden.
S. 26 - 31, Aufsatz
Wahrnehmungen der Volksanwaltschaft im Bereich der Staatsanwaltschaften
Im Jahr 2019 wandten sich 16.641 Menschen an die Volksanwaltschaft. Nicht wenige Beschwerden betrafen die Anklagebehörden. Der vorliegende Beitrag erläutert die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft und gewährt einen Einblick in ihren Prüfalltag.
S. 32 - 40, Aufsatz
Zur obligatorischen Beiziehung von psychiatrischen Sachverständigen im Maßnahmenrecht: Aufgabenteilung, Einwendungen, Abweichungen
Im Maßnahmenrecht ist die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie bereits ab dem Ermittlungsverfahren verpflichtend (§§ 429 Abs 2, 436 StPO). Der folgende Beitrag widmet sich der Stellung des psychiatrischen Sachverständigen bzw dessen Gutachten im Strafverfahren aus der Perspektive der Staatsanwaltschaft und des Gerichts sowie aus Sicht des Beschuldigten. Dabei sollen einige Fragestellungen aufgezeigt werden, die sich von der Bestellung des Sachverständigen bis nach Abschluss des Strafverfahrens ergeben können, insbesondere werden auch die Ablehnungsmöglichkeiten des Beschuldigten ab dem Ermittlungsverfahren beleuchtet.
S. 41 - 47, Aufsatz
Finanzstrafrecht 2019 – Gesetzesänderungen in unterschiedlichsten Bereichen
Mit drei Gesetzespaketen hat der Gesetzgeber im Jahr 2019 wesentliche Änderungen des Finanzstrafrechts eingeleitet, die entweder bereits in Kraft sind oder sukzessive im Laufe des Jahres 2020 in Kraft treten. Die Neuerungen sind großteils „Nebenprodukt“ umfassender Gesetzesvorhaben wie der Einführung des EU-MeldepflichtG und des DigitalsteuerG sowie der Reform der österreichischen Finanzverwaltung. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über die aus finanzstrafrechtlicher Sicht relevantesten Neuerungen geben.
S. 48 - 52, Aufsatz
Verfahrenshilfe im Ermittlungsverfahren: Im Kontext der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1919 über Prozesskostenhilfe
Verfahrenshilfe im Strafverfahren muss, um ihre Wirkung entfalten zu können, zwei grundlegende Ziele verfolgen. Zum einen hat sie dem Beschuldigten unter dem Aspekt der Waffengleichheit ein möglichst qualitatives Äquivalent zur Wahlverteidigung zur Verfügung zu stellen. Zum anderen muss dieses angestrebte Äquivalent dem Beschuldigten entsprechend zugänglich sein und zugleich von diesem in der Praxis auch tatsächlich wahrgenommen werden. Insbesondere in der Frühphase des Ermittlungsverfahrens bis zur Verhängung der Untersuchungshaft sieht das österreichische Strafverfahrensrecht allerdings keine umfassende Pflicht zur Verteidigung und kein absolutes Recht auf Verfahrenshilfe vor. Die Folge ist eine bedenklich niedrige Vertretungsquote im Ermittlungsverfahren. Der vorliegende Beitrag widmet sich dieser Problematik im Kontext der Umsetzungsbestrebungen der Richtlinie (EU) 2016/1919 über Prozesskostenhilfe, welche das Ziel verfolgt, ein europaweit einheitliches Mindestniveau für Verfahrenshilfe zu implementieren.
Ein Urteil ist dann nichtig aus § 281 Abs 1 Z 8 StPO, wenn es die Vorschriften der §§ 262, 263 und 267 StPO überschreitet. Gegenständlich kommt eine Verletzung des § 267 StPO bei Abweichungen tatsächlicher Natur und eine solche des § 262 StPO bei Abweichungen rechtlicher Natur in Frage.
Gegenstand des Vergleichs von Anklage und Urteil nach Maßgabe dieser Bestimmung ist nicht die Form, sondern der Inhalt von Anklage einerseits und Urteil andererseits.
Ein Beweisantrag ohne nähere Angaben dazu, warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, zielt bloß auf eine im Hauptverfahren unstatthafte Erkundungsbeweisführung ab.
S. 55 - 59, Judikatur
Geldwäscherei, Verfügungsmöglichkeit durch Vermittlung von Bitcoins
„Ansichgebracht“ in Sinne von § 165 Abs 2 1. Fall StGB ist ein Vermögensbestandteil bei Erlangen faktischer Verfügungsmacht darüber. Eine solche ist nicht erst – wie bei der Hehlerei (§ 164 StGB) – bei Erwerb des Gewahrsams anzunehmen, sondern bereits bei der ab Einlangen darauf bestehenden Möglichkeit, über den Vermögensbestandteil in Form eines Positivsaldos auf einem Konto (etwa durch Behebungen oder Überweisungen) verfügen zu können. Ein Verkaufsauftrag über eine Gesamtmenge von beim Vortäter bereits vorhandenen Bitcoins samt dessen Verfügungsmöglichkeit („privater Schlüssel“) zum Transfer ist unter die Begehungsweise des § 165 Abs 2 erster Fall StGB subsumierbar.
S. 59 - 67, Judikatur
Aktenvollständigkeit, zeitnahes Zum-Akt-Nehmen, Akteneinsicht, Recht auf Verteidigung, Schattenakt
Mit Blick auf den aus § 51 Abs 1 StPO resultierenden Grundsatz auf Aktenvollständigkeit sind Protokolle von Zeugeneinvernahmen als vorliegende Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zeitnah zum Akt zu nehmen, wobei nach § 8a Abs 1 DV-StAG der Grundsatz der Aktenbildung nach der Zeitfolge gilt, der in einer Aktenübersicht darzustellen ist. Damit soll gewährleistet werden, dass sich der Beschuldigte über die Ermittlungsergebnisse dann informieren kann, wenn diese von den Strafverfolgungsbehörden erlangt wurden. Denn nur so ist eine wirksame Ausübung des Rechts auf Verteidigung gemäß Art 6 Abs 3 lit b EMRK möglich, welches voraussetzt, dass der Beschuldigte über ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung verfügt.
Eine Einschränkung der Akteneinsicht in der Form, dass bestimmte Aktenstücke (vorerst) nicht zum Akt genommen werden, sieht das Gesetz nur ausnahmsweise vor. Keinesfalls kann es im Belieben der Staatsanwaltschaft liegen, wann sie Zeugeneinvernahmeprotokolle in den von ihr geführten Ermittlungsakt aufnimmt. Die Frage, ob ein berücksichtigungswürdiger Grund für die Verweigerung oder Beschränkung der Akteneinsicht nach § 51 Abs 2 StPO vorliegt, kann sich erst stellen, wenn die Protokolle Aktenbestandteil sind. Durch ein – auf eine Beschränkung der Akteneinsicht abzielendes – Nicht-Zum-Akt-Nehmen von Zeugeneinvernahmeprotokollen wird die restriktiv zu handhabende Bestimmung des § 51 Abs 2 StPO umgangen und das Recht auf (uneingeschränkte) Akteneinsicht beschränkt.
S. 68 - 72, Judikatur
Strafaufschub; verhängte Strafe; Widerruf bedingter Strafnachsicht; Gesamtstrafe
ISd § 39 Abs 1 SMG „verhängt“ wurde(n) nicht nur die in einer entsprechenden Verurteilung ausgesprochene (unbedingte) Freiheitsstrafe, sondern auch jene Strafen(teile) oder Strafreste, die durch einen zugleich damit gefassten Widerrufsbeschluss aktualisiert wurden.
Wegen welcher Tat(en) der Rechtsbrecher zu jener Strafe verurteilt worden war, deren bedingte Nachsicht widerrufen wurde oder aus der ihm die widerrufene bedingte Entlassung gewährt wurde, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos.
Der Strafaufschub ist hinsichtlich der gesamten zu vollziehenden Strafe entweder zu gewähren oder zu versagen.
Zur Entscheidung über die nachträgliche bedingte Nachsicht von gemeinsam nach § 39 Abs 1 SMG aufgeschobenen Strafen(-teilen) ist gem § 40 Abs 1 1. Satz SMG das Gericht zuständig, das „in erster Instanz erkannt hat“, also jeweils jenes Gericht, das die betreffende Sanktion (ursprünglich) ausgesprochen hat.
Das (zeitlich vorangehende) Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel durch Besitz (§ 28 Abs 1 SMG) wird vom Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 5. Fall SMG verdrängt, sobald Letzteres wenigstens ins Versuchsstadium (§ 15 StGB) tritt.
§ 28a Abs 1 2. und 3. Fall SMG einerseits und § 28a Abs 1 5. Fall SMG andererseits sind als kumulatives Mischdelikt aufzufassen.
Zwischen § 28a Abs 1 2. und 3. Fall SMG (Ein- und Ausfuhr) und § 28a Abs 1 5. Fall SMG (Überlassen) besteht in Beziehung auf dasselbe Suchtgift grundsätzlich echte Konkurrenz. Ein „Überlassen“ setzt aber die Weitergabe an einen „anderen“, also eine vom (Bestimmungs-)Täter verschiedene Person voraus.
Gewerbsmäßige Begehung des Suchtgifthandels gem § 28a Abs 2 Z 1 SMG kann nach Maßgabe des § 70 Abs 1 Z 3 1. Fall StGB erst ab der dritten Tat vorliegen.
Zeiten, in denen der Täter auf behördliche Anordnung angehalten worden ist, sind in die Ein-Jahres-Frist des § 70 Abs 3 StGB nicht einzurechnen.
Für die Annahme der Gewerbsmäßigkeitsqualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG muss die Absicht des Täters festgestellt werden, sich über längere Zeit hindurch durch wiederkehrendes In-Verkehr-Setzen von bereits je für sich die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Suchtgiftquanten ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen.
Eine Bestrafung nach § 107 Abs 1 Z 10 StVG kommt nur in Betracht, wenn das Verhalten nicht nach einer der vorhergehenden Bestimmungen (also Z 1 bis 9) oder nach Abs 3 leg cit strafbar ist. (1)
Die StPO entfaltet in Vollzugssachen nach § 16 Abs 3, 16a StVG keine subsidiäre Wirkung. (2)
Gem § 16a Abs 1 Z 2 StVG entscheidet das OLG Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Bescheid des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz. Beschwerden gegen die Ablehnung einer aufsichtsbehördlichen Verfügung sind hingegen ohne Rücksicht auf die Form der Erledigung zurückzuweisen. (3)
Nach § 183 Abs 4 StPO ist eine Zustellung des Bescheides an die Verteidigerin nicht vorgesehen. Da im Bereich der Vollzugsbehörden und Vollzugsgerichte primär die Bestimmungen des StVG, VStG und AVG anzuwenden sind, bleibt für die Anwendung des § 83 Abs 4 StPO kein Raum. Auch im Beschwerdeverfahren scheidet eine subsidiäre Anwendung der StPO aus. Überdies ergibt sich auch aus der Bestimmung des – gem § 17 Abs 2 Z 1 StVG anwendbaren – § 10 AVG nicht, dass der Bescheid der Verteidigerin zuzustellen gewesen wäre.
Der dringende Verdacht, dass der Verurteilte eine (weitere) strafbare Handlung begangen hat, stellt gem § 156c Abs 2 Z 5 StVG einen Widerrufsgrund für einen bewilligten elektronisch überwachten Hausarrest dar, was bedeutet, dass in einem solchen Fall der erst beantragte elektronisch überwachte Hausarrest gar nicht bewilligt werden kann.
Die mangelnde Mitwirkung an der Erreichung der Vollzugsziele stellt keinen Erschwerungsgrund dar.
Die Voraussetzung des § 156b Abs 1 und Abs 2 StVG iVm § 3 Z 10 HausarrestV ist nur insofern als erfüllt anzusehen, als ein Dritter bereit ist, den Verurteilen täglich zur Arbeit zu bringen und von dort wieder abzuholen, derjenige überdies bereit und in der Lage ist, im Falle einer Kontaktaufnahme durch die Überwachungszentrale mit dieser zu kommunizieren, und schließlich auch am Arbeitsplatz stets eine der deutschen Sprache ausreichend mächtige Person in Rufweite des Verurteilten zur Verfügung ist, welche wiederum bereit und in der Lage ist, im Falle einer Kontaktaufnahme durch die Überwachungszentrale mit dieser zu kommunizieren.
Nach der derzeitigen Rechtslage haben Finanzstrafbehörden jederzeit und ohne Rücksicht auf unerledigte Anträge im Sinne des § 30a FinStrG oder diesbezüglich anhängige Rechtsmittel die Möglichkeit, die Festsetzung von Verkürzungszuschlägen durch Einleitung eines Finanzstrafverfahrens zu verhindern.
An sich kann das Burn-Out Syndrom zu einer verminderten Zurechnungsfähigkeit und damit zu einem Strafmilderungsgrund führen. Die Schwelle zu einer die Schuld ausschließenden Zurechnungsunfähigkeit iS des § 7 Abs 1 FinStrG erreicht ein Burn-Out Syndrom jedoch bei einem aktiv tätigen Rechtsanwalt nicht.
Befugnisfehlgebrauch bei Nutzung behördeninterner Informationsquellen iSd § 91 Abs 2 letzter Satz StPO liegt dann vor, wenn von vornherein keine Anhaltspunkte für einen Sachverhalt vorliegen, der in Richtung eines Geschehens deutet, das – als erwiesen angenommen – (zumindest) einem Tatbestand des materiellen Strafrechts subsumierbar ist, sodass die Abklärung, ob überhaupt ein Anfangsverdacht vorliegt, nicht in Betracht kommt.
Der Tatbestand des § 302 StGB stellt auf die Organstellung im funktionellen Sinn ab. Wird also ein in den Verwaltungsapparat eines Rechtsträgers organisatorisch eingebundener Beamter funktionell für einen anderen Rechtsträger tätig (hier: mittelbare Bundesverwaltung), so ist für die Tatbestandserfüllung ausschließlich die Zurechnung des Organhandelns zu Letzterem ausschlaggebend.
Tatbildlicher Fehlgebrauch der einem Beamten (abstrakt) zukommenden Befugnis (zur Vornahme von Amtsgeschäften) kann auch darin liegen, dass dieser eine seine Dienstverrichtung betreffende Weisung des (zuständigen) Vorgesetzten, deren Befolgung zudem nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde (vgl Art 20 Abs 1 B-VG), missachtet (Anm: s bereits 17 Os 29/15s).
Die Kausalität der Bestimmungs- oder Beitragshandlung für die Ausführung muss vom Vorsatz des (Bestimmungs- oder Beitrags-)Täters umfasst sein.
Die Höhe des der Entscheidung über die Höhe des Tagessatzes zugrunde zu legenden (Netto-)Einkommens ist eine Tatfrage. Unter den (eigenständigen) strafrechtlichen Einkommensbegriff fallen alle Einkünfte des Täters unabhängig von ihrer steuerrechtlichen Natur.
Hier zur Berücksichtigung von Pflegegeld und erhöhtem Pflegebedarf bei der Bestimmung der (abschöpfbaren) Differenz zwischen Nettoeinkommen und dem für eine bescheidene Lebensführung unbedingt Notwendigen.
Nach gefestigter jüngerer Rechtsprechung erfüllt jede digitale (Vaginal-)Penetration das Tatbild (einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung).
Mehrere Begehungsformen eines alternativen Mischdelikts können – weil sie eine strafbare Handlung bilden – nicht in (Konkurrenz oder) Scheinkonkurrenz zueinander stehen.
Verschafft sich der Täter eine verpönte Darstellung (als Tatobjekt des § 207a Abs 3 erster Satz StGB) und besitzt er sie anschließend, wird diese – eine strafbare Handlung begründende – eine Tat demnach bis zu dem Zeitpunkt begangen (§ 67 Abs 1 StGB), in dem der Besitz endet.
Erstreckt sich die Tat über den zeitlichen Geltungsbereich verschiedener Normenlagen, ist das für den Günstigkeitsvergleich (§ 61 StGB) maßgebliche Tatzeitrecht jenes, das zu dem Zeitpunkt in Geltung stand, als sie zuletzt begangen wurde.
Strafbarer Besitz von Gegenständen ist idR als Dauerdelikt konzipiert.
S. 84 - 84, Judikatur
Zur besonderen Erniedrigung des Opfers – Konkurrenzfragen bei unmündigen Opfern
Der Unwertgehalt von ideal konkurrierendem Beischlaf mit Unmündigen einerseits und Vergewaltigung andererseits wird im Fall einer durch die Tat bewirkten besonderen Erniedrigung des Opfers erst durch deren Unterstellung auch unter den jeweiligen Qualifikationstatbestand (§ 206 Abs 3 vierter Fall, § 201 Abs 2 vierter Fall StGB) in seinem vollen Umfang erfasst. Denn während die Erfolgsqualifikationen von § 201 erster Fall StGB und § 206 Abs 3 erster Fall StGB (schwere Körperverletzung) jeweils dasselbe Rechtsgut, nämlich die körperliche Unversehrtheit, schützen, ein unterschiedlicher Unwertgehalt der Tat demnach nur in den jeweiligen Grundtatbeständen (§ 201 Abs 1 StGB bzw § 206 Abs 1 StGB) zum Ausdruck kommt, wird der Unwertgehalt einer besonders erniedrigenden Vergewaltigung durch die Unmündigkeit oder die (im Fall des § 205 StGB) aktuell zustandsbedingt fehlende sexuelle Selbstbestimmung (und insofern erhöhte Schutzbedürftigkeit) des Opfers noch gesteigert.
Hoffnungen stellen nur insoweit Tatsachen im Sinne des § 146 StGB dar, als sie eine die zukünftige Erwartung garantierende Zusage enthalten oder die Prognose auf konkreten Sachverhaltsgrundlagen fußt.
Die bloße Äußerung, die Liegenschaften würden sich über zukünftige Mieteinnahmen selbst finanzieren, ist nicht tatbestandsmäßig.
Die Bankomatkarte ist ein Schlüssel iSd § 129 Abs 1 Z 1 bis 3 StGB, der Ausgabemechanismus eines Bankomaten ist eine Sperrvorrichtung iSd § 129 Abs 1 Z 3 StGB. Demzufolge erfüllt die Bargeldabhebung von einem Bankomaten unter Einsatz einer abgenötigten Bankomatkarte das Tatbild des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB.
Abschiebungen, Auslieferungen und Rechtshilfeverfahren (im ersuchten Staat) betreffen als solche nicht die Prüfung einer strafrechtlichen Anklage und liegen somit außerhalb des Schutzbereichs des Art 6 MRK. Das Rechtshilfeverfahren ist nämlich seinem Wesen nach ein verwaltungsrechtliches Verfahren, in dem Schuld oder Nichtschuld des Betroffenen in der Regel nicht geprüft werden. Daraus folgt, dass in Erneuerungsanträgen eine Berufung auf Art 6 MRK nur in bestimmten Fallkonstellationen ausnahmsweise auch in Rechtshilfesachen möglich ist.
Der Gesetzeswortlaut (des § 34 Abs 2 Z 1 JGG) ist angesichts des ersichtlich verfolgten prozessökonomischen Zwecks dahin zu verstehen, dass die (darin normierte) Ausnahme dann greift, wenn beide Strafsachen insgesamt (also nicht jede für sich) nicht ausschließlich oder überwiegend die Beteiligung an derselben Straftat betreffen.
Eine die Verwirklichung eines (nicht gerichtlich, sondern) finanzstrafbehördlich zu ahndenden Finanzvergehens bejahende Begründung eines Freispruchs nach § 214 FinStrG bindet die Finanzstrafbehörde nicht.
Als Vortaten gemäß § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB kommen nur Taten in Betracht, hinsichtlich derer bereits ein rechtskräftiger Schuldspruch vorliegt, oder die dem Beschuldigten im nunmehrigen Verfahren nachgewiesen werden, insofern mitangeklagt und festgestellt werden können (vgl ErläutRV 689 BlgNR 25. GP 14; Fabrizy, StGB13 § 70 Rz 8; Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 70 Rz 6; Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 13/7). Taten, in Ansehung derer ein Freispruch ergangen oder das Ermittlungsverfahren eingestellt worden ist, scheiden daher als Vortaten aus (vgl Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 13/8).
Aber auch diversionell erledigte Taten dürfen bei § 70 Abs 1 Z 3 StGB mit Blick auf die Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 MRK, § 8 StPO) nicht berücksichtigt werden (vgl Leukauf/Steininger/Tipold, StGB4 § 70 Rz 6; Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 13/8; vgl auch Salimi, ÖJZ 2015/58 S 455 ff; Walser, ÖJZ 2017/58 S 409; aA BMJ-S318.034/0041-IV/2015, 10):
Art 6 Abs 2 MRK schützt Personen vor einer Behandlung durch staatliche Organe, als wären sie schuldig, obwohl das diesbezügliche Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist oder dieses mit Freispruch oder Verfahrenseinstellung beendet wurde (vgl Grabenwarter/Pabel, EMRK6 § 24 Rz 139 ff mwN; RIS-Justiz RS0126724).
Eine diversionelle Verfahrenserledigung stellt einen Verfolgungsverzicht unter Wahrung der Unschuldsvermutung dar (vgl Schroll, WK-StPO Vor §§ 198-209b Rz 9/1 mwN). Bei der Berücksichtigung von – über die judiziellen Namensregister abrufbaren (vgl § 75 Abs 2 Z 2 StPO) – früheren diversionellen Erledigungen in einem späteren Strafverfahren muss daher die Unschuldsvermutung besonders beachtet werden (vgl Schroll, WK-StPO § 198 Rz 12, 39; Kienapfel/Höpfel/Kert AT15 E 10 Rz 32, 34): So kann eine bereits durchgeführte Diversion in einem späteren Strafverfahren nur insoweit – einem neuerlichen diversionellen Vorgehen entgegenstehende – spezialpräventive Bedenken auslösen, als sich der Beschuldigte durch eine Verfahrenseinstellung nach dem 11. Hauptstück der StPO nicht von weiterer Delinquenz abhalten ließ (vgl Schroll, WK-StPO Vor §§ 198–209b Rz 6, § 198 Rz 12/1, 39). Ein Rückgriff auf die dem diversionell beendeten Verfahren zugrunde liegenden Tatumstände oder eine Berücksichtigung des der Diversionserledigung zugrunde liegenden Tatvorwurfs ist den Entscheidungsträgern eines nachfolgenden Verfahrens jedoch verwehrt (vgl Schroll, WK-StPO § 198 Rz 12, 39; 12 Os 44/15k, 14 Os 37/17y, 11 Os 117/17s). Demnach ist es unzulässig, in einem späteren Strafverfahren Feststellungen zu einer bereits diversionell erledigten Tat zu treffen und daraus Rückschlüsse auf die Persönlichkeit oder die innere Einstellung des Beschuldigten zu ziehen (vgl 14 Os 37/17y), würde doch damit dem Beschuldigten ein Verhalten ohne gesetzlichen Schuldnachweis (Art 6 Abs 2 MRK, § 8 StPO) nachteilig zugerechnet werden.
Folglich kommen Taten, hinsichtlich derer das Verfahren bereits endgültig diversionell erledigt wurde, nicht als Vortat im Sinn des § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB in Betracht.
Taten, von deren Verfolgung die Staatsanwaltschaft erst vorläufig zurückgetreten ist (bzw hinsichtlich derer das Verfahren erst vorläufig eingestellt wurde), können erst nach einer Verfahrensfortsetzung gemäß § 205 Abs 2 StPO im Rahmen des § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB berücksichtigt werden.
Generell haben Staaten die Verpflichtung, einen Europäischen Haftbefehl nicht zu vollstrecken, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme einer Grundrechtsverletzung (Art 3 EMRK) gibt. Die Ablehnung der Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls ohne ausreichende Begründung stellt jedoch für Angehörige eines Mordopfers eine Verletzung von Art 2 EMRK unter verfahrensrechtlichen Aspekten dar.
S. 89 - 91, Judikatur
Holocaust-Leugnung wird nicht von der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art 10 EMRK gedeckt
Eine Verurteilung wegen einer im Parlament gehaltenen Rede, die eine qualifizierte Holocaust-Leugnung beinhaltet, stellt keine Verletzung von Art 10 EMRK dar. Art 6 EMRK ist im Hinblick auf die Gewährleistung der Unparteilichkeit nicht verletzt, wenn zuletzt ein Spruchkörper über eine Befangenheitsbeschwerde entscheidet, der seinerseits den Anforderungen an die Unparteilichkeit entspricht.
S. 92 - 93, Zur Erinnerung
Zu wiederholten Entscheidungen über dieselbe bedingte Strafnachsicht bzw Entlassung
Werden hinsichtlich derselben bedingten Strafnachsicht bzw Entlassung im zeitlichen Ablauf (versehentlich) wiederholt Entscheidungen getroffen, so gilt – mit Ausnahme einer vorangegangenen Verlängerung der Probezeit und nachfolgender endgültiger Strafnachsicht bzw Entlassung sowie unabhängig von deren Rechtskraft – stets die zeitlich frühere Entscheidung. Zur Bereinigung bedarf es keiner Aufhebung, Nichtigerklärung oder sonstigen Beseitigung der Entscheidung, vielmehr genügt eine klarstellende Dokumentation in den Akten und (formlose) Verständigung des Strafregisteramtes.