Für die belgischen Naturforscher und Ökologen Pablo Servigne und Gauthier Chapelle stellt nicht etwa der gnadenlose Wettbewerb um Ressourcen, sondern vielmehr die wechselseitige Hilfe und Solidarität das wichtigste Naturgesetz dar. Diese These sollte uns dringend zu denken geben! Das hier wiedergegebene Gespräch bezieht sich auf das Buch der beiden Forscher mit dem Titel „L’entraide, l’autre loi de la jungle“, übersetzt mit „Gegenseitige Unterstützung und Hilfe – das andere Dschungelgesetz“. Das Gespräch leitete Julien Perrot.
- ISSN Online: 2309-7515
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Inhalt der Ausgabe
S. 260 - 265, Schwerpunkt
Das andere Gesetz des Dschungels
Die Schweiz gilt als Konsensdemokratie. Sie kann nur funktionieren, wenn wir über gesellschaftliche und politische Gräben hinweg miteinander in Kontakt bleiben, Verständnis für unsere Unterschiede pflegen und uns zu Lösungen durchringen, die zwar nicht perfekt sind, mit denen aber fast alle leben können. Die steigende Polarisierung rüttelt nun am Zusammenhalt und der Konsensfähigkeit des Landes. Um ihr entgegenzutreten, braucht die Schweiz eine neue Dialoginfrastruktur.
Warum braucht es gerade in Zeiten der Polarisierung Dialogprozesse? Wie müssen diese konzipiert sein und wie könnte eine Dialogkultur langfristig etabliert werden? Diese Fragen werden im Artikel anhand von Forschung und Beispielen diskutiert. Im Zentrum stehen praxisrelevante Erfahrungen und Empfehlungen.
„Sich als Moderatorin vor eine emotional aufgebrachte Menge von 60 bis mehr als 100 Personen zu stellen und eine Diskussion über ein hoch strittiges Thema zu leiten – das kann doch keinen Spaß machen!“ – wundern sich immer wieder Menschen über meinen Job. „Doch, tut es – manchmal ist das sogar beglückend,“ sage ich. Das Beispiel aus einer oberbayerischen Gemeinde erzählt davon, wie sich nach anfänglichem Widerstand und großer Skepsis die Stimmung dreht und sich die TeilnehmerInnen engagiert auf ein diszipliniert geführtes Klärungsgespräch einlassen. Der Funke springt, als für die Anwesenden spürbar wird, dass auf der Bühne keine „gebuchte Dompteuse“ steht, sondern jemand, der sich glaubhaft dem vertieften Verstehensprozesse verschrieben hat.
Überall ist von Polarisierung die Rede. Eine kleine schweizerische Gemeinde hat auf der Ebene von geteilten Interessen einen Weg gefunden, dem Gemeinsamen mehr Bedeutung zu geben als den Unterschieden. Andreas Giger spricht mit dem Präsidenten der Interessengemeinschaft, die auf einen Konsens hingearbeitet hat.
Das Konzept Heimat taucht über die Jahrhunderte immer wieder auf, als Sehnsucht bei Auswanderern in fremden Landen genauso wie bei über Generationen Sesshaften. Es geht um Identifikationen und Abgrenzungen, um Emotionen und Definitionen, um das Gehen und das Bleiben. Göttler beschreibt, was Heimat für die psychische Gesundheit bedeuten kann und wie der Begriff für manche politischen Interessen missbräuchlich eingesetzt wird.
In seiner berühmten Rede „I have a dream“ hat Martin Luther King 1963 vor dem Lincoln Memorial seine ZuhörerInnen aufgefordert, sich aktiv für Gleichheit und Gerechtigkeit einzusetzen, Rassismus und Ausgrenzung abzubauen. Sechzig Jahre später ruft der bekannte Trompeter Wynton Marsalis (Jazz at Lincoln Center) wieder junge Leute auf, gegen die Polarisierungen und Spaltungen in der Gesellschaft zu wirken. Nicht nur in den USA … Hier ein Auszug aus der Ansprache von Wynton Marsalis an den Abschlussjahrgang 2023 der University of Michigan in Ann Arbor.
S. 300 - 305, Schwerpunkt
Es ist jedoch ratsam, das Buch selbst zu lesen …
Wie gibt Chat GPT Quellen wieder, die uns Aufschluss über den Umgang mit Polarisierungen geben? In diesem Beitrag werden ausgewählte Rezensionen zum Thema vorgestellt. Das sind: „Die gespaltene Gesellschaft“ von Jürgen Kaube und André Kieselring / „Die Sozialtherapie“ von Charles Rojzman und Igor und Nicole Rothenbühler / „Wie Menschen zu Fanatikern werden“ von Johann Lauber / „Muster“ von Armin Nassehi / „Nicht mehr normal“ von Stefan Lessenich / „Die Gesellschaft der Singularitäten“ von Andreas Reckwitz / „Hier liegt Bitterkeit begraben“ von Cynthia Fleury.
S. 310 - 317, Weiterer Beitrag
Was passiert hier gerade mit uns?
Ausgangspunkt für das hier wiedergegebene Gespräch ist das Buch von Arist v. Schlippe mit dem Titel „Das Karussell der Empörung“. Im ersten Teil des Gesprächs in der perspektive mediation 3-2023 wurde deutlich, wie bedeutsam der Blick auf uns selbst ist, wenn wir nicht in den Sog der Konflikteskalation einsteigen wollen. In diesem zweiten Teil geht es nochmals um den Umgang mit den in Konflikten wirksamen Emotionen und die Möglichkeiten, destruktive Muster zu durchbrechen.
Die FEDERATION SUISSE MEDIATION – FMS (neuer Name für den Schweizerischen Dachverband Mediation) hat zum dritten Mal den Schweizer Mediationspreis für Institutionen/Unternehmen vergeben. Dieses Jahr sind es zwei Preisträger. In diesem Beitrag wird das Wirken des Haus Tabea, einem Alterszentrum in Horgen am Zürichsee beschrieben. Das Haus Tabea übernimmt eine Pionierfunktion in der Entwicklung von ‚Elder Mediation‘, indem es die Konfliktkultur und die Praxis im Umgang mit Konflikten in Alters- und Generationenfragen im Kontext einer stationären Einrichtung und ihrem Umfeld verankert.
Der Streitfall um die angeblich fehlerhaften Wahlmaschinen bei der letzten US-Präsidentenwahl wurde letztendlich in einer Mediation gelöst. Der Zeitdruck und der Streitwert sind exzeptionell. Der Beitrag zeigt, wie unter großem Einsatz des Mediators in letzter Minute eine Vereinbarung erzielt werden konnte. Das Ergebnis ist auf der Ebene der sehr unterschiedlichen Interessen bemerkenswert.
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